Bericht: Wie der Kreml die Republik Moldau vom Westen lösen will
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Menschen protestieren am 13. März in Chisinau gegen gestiegene Gaspreise und den prowestlichen Kurs der Regierung.
© Quelle: IMAGO/SNA
Russland hat offenbar konkrete Pläne, um den EU‑Beitrittskandidaten Republik Moldau stärker an sich zu binden und vom aktuellen prowestlichen Kurs abzubringen. Das geht aus einem Strategiepapier der Präsidialverwaltung hervor, über das WDR, NDR und „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) in Kooperation mit internationalen Medien berichten.
Demnach wolle Moskau Moldau zwar nicht in ein Großrussland einbinden, wie es der Kreml laut einem weiteren Plan mit Belarus bis zum Jahr 2030 vorhat, dafür das kleine Land zwischen der Ukraine und Rumänien aber als einen „prorussisch orientierten Puffer“ nutzen, wie die „SZ“ einen westlichen Geheimdienstmitarbeiter zitiert. Das langfristige Ziel: Bis 2030 soll in Politik und Gesellschaft des kleinen Landes eine „negative Einstellung gegenüber der Nato“ geschaffen werden. Die russischen Pläne für das Land mit rund 2,6 Millionen Einwohnenden, die offenbar bereits im Jahr 2021 – also vor Kriegsbeginn – verfasst wurden, stammen laut dem Bericht aus derselben Feder wie das Papier zur Einverleibung von Belarus.
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Verantwortlich seien demnach politische Berater in der Präsidialverwaltung. Die entsprechende Abteilung für „grenzüberschreitende Zusammenarbeit“ sei bereits vor fünf Jahren gegründet worden, schreibt die „SZ“. Ihr Ziel ist demzufolge die Entwicklung von Strategien für die ehemaligen Sowjetrepubliken im Westen Russlands: die Ukraine, Belarus, die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie die Republik Moldau. Dabei seien auch Militärs und Geheimdienstler eingebunden.
Russland verfolgt in der Republik Moldau konkrete Ziele
Russland hat dabei laut dem Bericht konkrete Ziele für die kommenden zehn Jahre: Allem voran solle „den Versuchen externer Akteure“ entgegengewirkt werden, „sich in die internen Angelegenheiten der Republik einzumischen“, zitieren die beteiligten Medien aus dem Strategiepapier. Dies wird gemeinhin als Hinweis auf den Einfluss der Nato interpretiert. Zudem wolle der Kreml Unterstützung leisten, sollte Moldau von Russland dominierten Vereinigungen beitreten wollen. In dem Papier werde dabei neben der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) auch die Eurasische Wirtschaftsunion (EAEU) genannt. In Eliten aus Politik und Wirtschaft solle demnach eine „prorussische Stimmung“ verbreitet werden.
Daneben will Russland offenbar auch in der Gesellschaft Moldaus seine Präsenz ausbauen. Dabei zielt das Strategiepapier laut dem Bericht vor allem auf den Bildungssektor ab. So sollen mehr „Fernunterricht in russischer Sprache“ angeboten sowie Ableger russischer Universitäten in Moldau gegründet werden. Nicht zuletzt solle eine „breite Präsenz russischer Medien“ in der Republik ausgebaut werden.
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Menschen schwenken moldauische Fahnen während eines Protests. In der früheren Sowjetrepublik Moldau haben Tausende Menschen gegen die proeuropäische Regierung und hohe Gaspreise demonstriert.
© Quelle: Aurel Obreja/AP
Dabei setzt Moskau offenbar vor allem auf wirtschaftlichen Druck: „Das Interesse Moldaus am russischen Absatzmarkt“ soll als Druckmittel eingesetzt werden, das die Regierung in Chisinau dabei hindern soll, „russischen Interessen in der Region zu schaden“. All diese Vorhaben verfolgen offenbar das Ziel, bis 2030 in Politik und Gesellschaft des kleinen Landes eine „negative Einstellung gegenüber der Nato“ zu schaffen.
Republik Moldau: Der lange Arm des Kremls wirkt bereits
Dass in Moldau bereits einige Dinge in Bewegung gesetzt wurden, haben die vergangenen Monate seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine gezeigt. Besonders zuletzt hat sich die Lage nochmals zugespitzt: Tausende Menschen gehen nicht nur in der Hauptstadt Chisinau immer wieder für einen prorussischen Kurs des Landes auf die Straße. Im Februar hat Ministerpräsidentin Natalia Gavrilița auch ihren Rücktritt angekündigt, nachdem kurz zuvor russische Raketen den Luftraum ihres Landes verletzt hatten.
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Mit Blick darauf bereitet besonders die Situation in Transnistrien Sorge. Die Region gehört zwar zur Republik Moldau, bezeichnet sich selbst aber als unabhängig und kann auf die Unterstützung dort stationierter russischer Truppen zählen. Zudem wird das größte Munitionslager Osteuropas in Transnistrien vermutet. Wird die Konfliktregion zum Einfallstor für russische Expansionsbestrebungen?
Die Regierung Moldaus ist zuletzt in Moskau stets auf taube Ohren gestoßen, wenn sie den Rückzug der russischen Truppen aus Transnistrien forderte. Laut dem Bericht stimmt dies mit der russischen Strategie überein: Demnach sollen alle Initiativen für einen Rückzug der Kremltruppen aus Transnistrien „neutralisiert“ werden. Versuche, den Einfluss Moskaus zurückzudrängen, sollen verhindert werden. Nicht zuletzt sollen jene Kräfte gefördert werden, die „konstruktive Beziehungen“ zu Russland fördern wollten.
Moldau ist im Juni 2022 gemeinsam mit der Ukraine EU‑Beitrittskandidat geworden. Die aktuelle Regierung unter Präsidentin Maia Sandu verfolgt einen prowestlichen Kurs, der durch den russischen Angriff auf das Nachbarland Ukraine nochmals beschleunigt wurde. Sandu hatte zuletzt immer wieder vor russischen Umsturzversuchen in ihrem Land gewarnt.
RND/sic