Vor einem Jahr warnten die USA vor Krieg

Münchner Sicherheitskonferenz: Frieden durch Dialog – aber nicht mit Putin

19.02.2022, Bayern, München: Olaf Scholz (SPD), Bundeskanzler, spricht bei der 58. Münchner Sicherheitskonferenz. Die Sicherheitskonferenz findet vom 18. - 20.02.2022 im Hotel Bayerischer Hof statt. Foto: Tobias Hase/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

19.02.2022, Bayern, München: Olaf Scholz (SPD), Bundeskanzler, spricht bei der 58. Münchner Sicherheitskonferenz. Die Sicherheitskonferenz findet vom 18. - 20.02.2022 im Hotel Bayerischer Hof statt. Foto: Tobias Hase/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

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Berlin. Wolodymyr Selenskyj bewies schon damals eiserne Nerven: Er reiste vor einem Jahr zur Münchner Sicherheitskonferenz an, obwohl Moskau an der Grenze zur Ukraine 150.000 russische Truppen zusammengezogen hatte und die USA vor einem unmittelbar bevorstehenden Angriffskrieg warnten.

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Doch Selenskyj wollte persönlich vor der politischen und militärischen Weltelite in München seine Rede halten und gab sich gelassen. Er sei ohne Probleme nach München gekommen und werde es auch ohne Probleme wieder nach Hause schaffen, ließ er wissen. Damals waren auf den Fluren des luxuriösen Tagungshotels Bayerischer Hof Stimmen zu hören, Selenskyj möge doch besser in München bleiben. Falls es wirklich zu einem Angriff Russlands komme, werde er womöglich in einer Woche tot sein.

Tatsächlich erst ein Jahr her: Bundeskanzler Olaf Scholz und Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, bei der Münchner Sicherheitskonferenz im vergangenen Jahr.

Tatsächlich erst ein Jahr her: Bundeskanzler Olaf Scholz und Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, bei der Münchner Sicherheitskonferenz im vergangenen Jahr.

Kriegswarnung der USA vor einem Jahr eher kritisch aufgenommen

Die Kriegswarnung der USA war durchaus kritisch aufgenommen worden. US-Präsident Joe Biden hatte schon Wochen zuvor gesagt, Russland plane eine Invasion, zu der es dann nicht kam. Kurz vor der Sicherheitskonferenz im Februar 2022 erneuerten die USA ihre Bedenken, was ihnen zum Teil als Scharfmacherei ausgelegt wurde. Die Skepsis vieler Länder war auch deshalb gegeben, weil die USA einst als Grund für ihren Einmarsch in den Irak angebliche Massenvernichtungswaffen angegeben hatten, mit denen Saddam Hussein die Welt bedrohen wolle. Es war gelogen.

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Biden war es immer wichtig, dass alle erkennen, wie recht die USA mit der Warnung vor Putin hatten. Im Sommer vorigen Jahres erklärte der US-Präsident, es habe keinen Zweifel daran gegeben, dass Russland „über die Grenze gehen“ würde. „Selenskyj wollte das nicht hören, und viele andere auch nicht. Ich weiß, dass viele Leute dachten, ich würde übertreiben.“

Schon 2022 sagte Russland seine Teilnahme ab – in diesem Jahr wurde es nicht eingeladen

Ein Indiz dafür, dass die USA im Februar 2022 richtiglagen, war Russlands Absage an die Münchner Sicherheitskonferenz (MSC). Stammgast Außenminister Sergej Lawrow kam nicht. Moskau wollte nicht mehr reden. Zu der wichtigsten Jahrestagung internationaler Sicherheitspolitiker von diesem Freitag bis Sonntag sind keine offiziellen russischen Vertreter eingeladen. MSC-Chef Christoph Heusgen will der russischen Kriegspropaganda keine Bühne geben.

Hoffnungen auf Gespräche in München darüber, wie der Krieg beendet werden könnte, gibt es trotzdem. Frieden durch Dialog bleibt das Credo der Konferenz, auch wenn es keinen Austausch mit dem Aggressor geben kann. Eine wichtige Rolle spielen in diesem Jahr jene Staaten, die gute Kontakte zu Moskau haben. China und Brasilien etwa. Sie werden mit hochrangigen Delegationen vertreten sein.

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Selenskyj hatte 2022 in München gemahnt, es müssten die Lehren aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg gezogen werden, damit ein Dritter erspart bleiben möge. Er habe oft darüber gesprochen, dass die russische Aggression auf der Krim und im Donbass die ganze Welt betreffe. „Wird mich die Welt 2022 hören können?“ Er wurde und wird gehört. Aber zum Krieg in seinem Land ist es trotzdem gekommen. Die westliche Welt hilft mit Waffenlieferungen und versucht zugleich, nicht in den Krieg hineingezogen zu werden.

Das Programm zum Auftakt

In München werden rund 40 Staats- und Regierungschefs, mehr als 80 Außen- und Verteidigungsminister erwartet. Kurz nach der Eröffnung am Freitagmittag stehen „Deutschland in der Welt“ und danach „Frankreich in der Welt“ auf der Tagesordnung. Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron werden sprechen und sich Fragen der Teilnehmer stellen – getrennt voneinander. Das deutsch-französische Verhältnis läuft unter Scholz und Macron noch nicht rund. Konkurrenz der beiden Männer um Einfluss in der Welt soll ein Grund dafür sein. Selenskyj wird dieses Jahr seine Botschaft per Video senden. Persönlich kommt er nicht.

Scholz wird sich am Rande der Tagung im kleinen Kreis mit US-Vizepräsidentin Kamala Harris sowie Chinas oberstem Außenpolitiker Wang Yi treffen. Auch dabei dürfte das zentrale Thema der Krieg sein. Wang war am Mittwoch in Paris und reist nach München nach Russland weiter. Nicht nur Deutschland hofft darauf, dass er Chinas Einfluss auf Russland stärker nutzt, um Lösungen auszuloten.

Fraglich ist noch, wie reibungslos die Flugzeugpassagiere unter den rund 2000 Konferenzgästen – 700 Teilnehmer, 300 sogenannte Beobachter, 1000 Journalisten – durch den Münchner Flughafen kommen werden. Die Gewerkschaft Verdi will wieder deutsche Flughäfen mit Warnstreiks lahmlegen – darunter München. Hunderttausende Passagiere sind betroffen. Von der Aussetzung des normalen Passagierbetriebs in München seien Flüge für die Sicherheitskonferenz ausgenommen, betonte der Flughafen. Die Sicherheitskonferenz hofft jedenfalls, die Anreise ihrer Gäste gewährleisten zu können.

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