Mützenich: „Die Ampelkoalition kann sich für Deutschland als Glücksfall herausstellen“

SPD-Frak­tions­chef Rolf Mütze­nich hofft auf die Ampel­koalition.

SPD-Frak­tions­chef Rolf Mütze­nich hofft auf die Ampel­koalition.

Berlin. Herr Mütze­nich, wird Angela Merkel als Kanzlerin noch die Neujahrs­ansprache zum 1. Januar halten?

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Wir stehen am Anfang der Gespräche. Ich hoffe, es ist möglich, Olaf Scholz noch in diesem Jahr zum Bundes­­kanzler zu wählen.

Grüne und FDP haben sich zu Dreier­sondierungen über eine Ampel­koalition bereit erklärt. Wie zuver­sicht­lich sind Sie, dass eine Jamaika-Koalition unter Führung der Union damit tat­säch­lich vom Tisch ist?

Ich bin sehr zuver­sicht­lich, dass wir eine Regierung bilden können und sich damit weitere Über­legungen erübrigen.

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Glauben Sie an eine gemeinsame Fortschritts­­geschichte von SPD, FDP und Grünen, oder geht es in Wahr­heit nicht doch einfach um Interessen­ausgleich zwischen den einzelnen Parteien?

Die Ampel­koalition kann sich für Deutsch­land als Glücks­fall heraus­stellen. Es gibt zwischen SPD, FDP und Grünen einerseits gemeinsame Auffassungen darüber, was die großen Heraus­forderungen sind: vom Kampf gegen den Klima­wandel über den Erhalt der industriellen Arbeits­plätze bis hin zur Digitali­sierung. Auf der anderen Seite setzen alle drei Parteien program­matisch und aus ihrer Geschichte heraus unter­schiedliche Schwer­punkte. Das miteinander zu verknüpfen kann Deutsch­land guttun.

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Können Sie sich bei Ihren Wählerinnen und Wählern noch blicken lassen, wenn Sie eine Koalition eingehen, bei der nicht ein Mindest­­lohn von 12 Euro zum Regierungs­programm gehört?

Wir haben alle unsere Schwer­punkte, die wir in die Gespräche einbringen werden. Olaf Scholz hat mit seinen Vorschlägen für einen gesetz­lichen Mindest­lohn von 12 Euro und eine Stärkung tarif­gebundener Arbeit viele Menschen im Land über­zeugt.

Mit Blick auf eine mögliche Ampel­koalition stellt sich für die SPD doch die Frage: Wie viel Bein­frei­heit hat Olaf Scholz bei dem jetzt hohen Anteil von Jusos in der Fraktion?

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Ich freue mich, dass wir so viele junge Abgeordnete in der SPD haben. Sie können eine große Unter­stützung für einen Kanzler Olaf Scholz sein. Viele habe ich im Wahl­kampf getroffen und dabei ihr Wissen und ihre Lebens­geschichten kennen­gelernt.

Kevin Kühnert wird nicht zur Klippe für Olaf Scholz?

Alle, die für den Bundes­tag kandidiert haben, wollen gute Arbeit für ihren Wahl­kreis leisten und das gemeinsam in einer starken Fraktion umsetzen. So wie ich gerade die jungen Kolleginnen und Kollegen erlebt habe, wissen sie, dass wir nur gemeinsam erfolg­reich sein können.

Bleibt Frank-Walter Stein­meier im Fall einer Ampel­koalition auf jeden Fall Bundes­präsident – oder kann diese Frage zum Inhalt von Koalitions­verhandlungen werden?

Ich bin sehr froh, dass wir mit Frank-Walter Stein­meier einen Bundes­präsidenten haben, der die ungeteilte Zustimmung der großen Mehr­heit der Bundes­bürger hat. Auch andere Parteien haben die Arbeit von Herrn Stein­meier anerkannt. Er nimmt das Amt mit Umsicht und Weit­sicht wahr. Das ist in der Umbruch­situation, in der sich unser Land und der ganze Kontinent befinden, wichtig.

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Sie sind gerade als Frak­tions­chef wieder­gewählt worden, zugleich werden Sie für das Amt des Bundes­tags­präsidenten gehandelt. Was wäre Ihnen lieber?

Es geht nicht darum, was ich lieber machen würde. Ich habe mich immer in den Dienst der Sache gestellt und mein ganzes politisches und beruf­liches Leben der Arbeit im Parlament gewidmet. Jeden Parlamentarier, auch mich, ehrt es, für das Amt des Bundes­tags­präsidenten gehandelt zu werden. Es ist aber noch keine Entscheidung gefallen. Es muss jemand werden, der oder die sich seit Beginn ihres Mandats für die Stärkung des Parlaments eingesetzt hat.

Nehmen wir einmal an, Herr Scholz wird Kanzler und Herr Stein­meier bleibt Bundes­präsident. Wäre es nicht an der Zeit, dass wir dann mal wieder eine Bundes­tags­präsidentin bekommen?

Die SPD hat als stärkste Fraktion das Vorschlags­recht und wird es auch nutzen. Das Geschlecht ist ein Kriterium neben vielen anderen. Die Kandidatin oder der Kandidat muss den Aufgaben und der Rolle des Amtes gerecht werden. Da geht es um die Leitung einer großen Behörde, die Mitwirkung des Parlaments bei der Trans­formation unserer Gesellschaft und nicht zuletzt um eine Wahl­rechts­reform.

+++ Der Live­­blog zur Bundes­­tags­­wahl mit allen News und Entwick­lungen +++

Halten Sie es für denkbar, dass am Ende CSU-Chef Markus Söder Jamaika-Verhand­lungen führt und sich zur Kanzler­wahl stellt?

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Jamaika-Verhand­lungen stehen ja gerade nicht an. Und über die Strategie der Union muss ich mir ohnehin keine Gedanken machen.

Erinnern Sie die Graben­kämpfe der Union an die schlechten Zeiten der SPD?

Wir hatten nach der Wahl 2017 und später dem Rücktritt von Andrea Nahles als Partei- und Fraktions­vorsitzender sehr schwierige Zeiten. Wir haben da auch intensiv analysiert. Ich vermute, der Union steht auch ein solcher Prozess bevor. Ich glaube, dass Herr Laschet wusste, worauf er sich einlässt.

Der Bundes­tag ist mit dieser Wahl noch einmal größer geworden. Wann wird die SPD dem Einhalt gebieten?

Die Wahl­rechts­reform müssen wir unmittel­bar zu Beginn der Legislatur anpacken. Die Arbeits­fähig­keit des Parlaments muss garantiert und die Zahl der Abgeord­neten begrenzt werden. Wir waren für ein Kappungs­modell, mit dem wir die Zahl deut­licher hätten senken können. Die Union hat das verhindert. Sie war der Klotz am Bein bei den bisherigen Wahl­rechts­reformen. Auch in dieser Frage machen veränderte Mehr­heiten Hoff­nung.

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FDP, Grüne und Linke wollen die Zahl der Wahl­kreise verringern. Ist die SPD dazu bereit?

Das ist ein Instrument. Aber: Die Verbindung zwischen den Abgeordneten im Wahl­kreis zu den Bürgerinnen und Bürgern muss gut sein, denn wir stehen vor riesigen Heraus­forderungen, und die müssen politisch begründet und eingeordnet werden. Ich habe im Wahl­kampf über 100 Termine bundes­weit gehabt. Es gibt sehr große Wahl­kreise. Da brauchen sie schon jetzt manch­mal Stunden, um von einem Ort zum anderen zu kommen. Bei einer Verringerung der Wahl­kreise würde das noch schwieriger.

Kann FDP-Chef Christian Lindner Ampel­sondierungen mit dem Satz beenden, es sei besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren?

Wenn wir weiter so gut miteinander sprechen, dass das notwendige Vertrauen aufgebaut werden kann, blicke ich einer gemein­samen vier­jährigen Regierungs­zeit opti­mistisch entgegen.

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