Nach Missbrauchskandal im Erzbistum München: Wie gelingt gute Prävention?

Das Kreuz eines Grabsteins ragt vor der katholische Kirche St. Nikolaus in den Himmel.

Das Kreuz eines Grabsteins ragt vor der katholische Kirche St. Nikolaus in den Himmel.

Das Erzbistum München sorgt wegen eines brisanten Missbrauchsgutachtens weltweit für Schlagzeilen. Schon vor vielen Jahren gab es auch im Bistum Essen ein Gutachten, das den Missbrauch der vergangenen Jahrzehnte im Raum der Kirche beleuchtet hat. Essen ist München weit voraus und kann einiges lernen. Die Präventionsbeauftragte im Bistum Essen, Dorothé Möllenberg, erzählt im RND-Interview, was gute Prävention ausmacht.

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Frau Möllenberg, laut Missbrauchsgutachten im Erzbistum München und Freising hat es dort bis heute keinen Paradigmenwechsel gegeben. Der Schutz der Täter stand also an erster Stelle statt des Schutzes der Opfer. Wie ist das im Bistum Essen?

Der Fokus liegt bei uns auf den Betroffenen von sexualisierter Gewalt. Wir haben einen Betroffenenbeirat im Bistum Essen gegründet und immer wieder lange mit Betroffenen gesprochen. Gemeinsam haben wir geschaut, wie sich die Betroffenen vernetzen und letztlich zu einem Beirat zusammenkommen können.

„Durch gute Prävention wird die Zahl der Missbrauchsfälle nicht auf null zurückgehen.“

Dorothé Möllenberg,

Präventionsbeauftragte im Bistum Essen

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Der Essener Bischof bietet außerdem den Betroffenen auch ein persönliches Gespräch an, wenn der Fall abgeschlossen ist. Klar ist aber, dass Priester nach Bekanntwerden des Missbrauchs sofort außer Dienst gestellt werden. Es gibt also keine Versetzung, wie früher.

Was zeichnet gute Prävention aus?

Es fällt frühzeitig kritisches Verhalten auf. Das sind Grenzüberschreitungen und andere Umgangsformen, die nicht in Ordnung sind. Die Menschen sind wachsamer und achtsamer, sie wissen jetzt, wie sie sich bei einem Verdacht verhalten und wem sie dies melden müssen. Für uns heißt das aber auch, dass es mehr Fälle gibt. Wichtig sind gute Präventionsschulungen, in denen die Teilnehmenden sensibilisiert werden, und klare Schutzkonzepte. Durch gute Prävention wird die Zahl der Missbrauchsfälle nicht auf null zurückgehen. Es wird aber ein Dauerthema bleiben, wie sich ein Ort möglichst sicher machen lässt. Wir wollen niemanden verdächtigen, sondern möglichst viele sensibilisieren, übergriffiges Verhalten zu erkennen und damit richtig umzugehen.

Welche Entwicklung hat es in der Vergangenheit bei der Prävention gegeben?

Es gibt immer neue Erkenntnisse, welche Aspekte sich noch verbessern lassen. Zum Beispiel müssen wir jetzt auch soziale Medien stärker berücksichtigen. Denn auch in der digitalen Welt kann es sexuellen Missbrauch geben.

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Stießen die Präventionsarbeiten immer auf offene Ohren?

Am Anfang gab es viel Widerstand und Skepsis. Einige meinten zum Beispiel: „Warum muss ich zu einer Präventionsschulung, ich bin doch kein Täter?“ Nach der Entwicklung von Präventionsschulungen und Schutzkonzepten geht es jetzt darum, was wir noch alles verbessern können und wo es möglicherweise noch blinde Flecken gibt. Die Schutzkonzept dürfen nicht in der Schublade bleiben, sondern wir müssen sie mit Leben füllen.

Was hat sich in den vergangenen Jahren im Bistum Essen geändert?

Das Bewusstsein für Prävention ist heute da und die Relevanz des Themas bei allen angekommen. Nach der MHG-Studie gab es viele Projekte, um die Strukturen zu ändern und künftig sexuellen Missbrauch zu verhindern. Wir mussten über viele Fragen nachdenken: Wer hat Macht und fällt Entscheidungen? Wird Macht in einem Leitungsteam geteilt? Welche Beschwerdewege gibt es und sind diese klar kommuniziert? Sind Entscheidungen transparent? Diesen Fragen haben wir uns gestellt und zum Beispiel viele Leitungsgremien eingeführt, die gemeinsam Entscheidungen treffen.

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Sehen Sie sich als Vorreiterin in der Präventionsarbeit?

Das Thema Missbrauch in der Kirche kam schon früh auf und die katholische Kirche ist deshalb schon seit sehr vielen Jahren in der Präventionsarbeit unterwegs. Träger aus Kultur und Sport kommen zu uns und fragen uns zu Präventionskonzepten und wollen an unseren Schulungen teilnehmen. In NRW bekommen wir auch aus anderen Bistümern die Rückmeldung, dass wir sehr weit vorne sind.

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