Gefahr durch Extremisten: SPD und Grüne wollen Bundestag besser schützen
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Die Deutschland-Fahnen auf dem Reichstagsgebäude, dem Sitz des Deutschen Bundestags, wehen im Wind.
© Quelle: Monika Skolimowska/dpa
Berlin. Die bundesweite Großrazzia gegen „Reichsbürger“ hat eine Debatte über mehr Überprüfungen von Sicherheitskräften, den Umgang mit Verfassungsfeinden im Staatsdienst und einen besseren Schutz des Bundestags ausgelöst. „Das Sicherheitskonzept des Bundestags ist nicht dafür gemacht, dass Verfassungsfeinde mit Zutrittsprivilegien ins Parlament gewählt werden. Das ist ein Schwachpunkt der wehrhaften Demokratie“, sagte der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz, der auch Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums ist, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Wir müssen das Schutzkonzept für den Bundestag erhöhen, ohne den Alltag der demokratischen Abgeordneten zu sabotieren“, forderte der Grünen-Politiker.
Bei einem der größten Polizeieinsätze der Geschichte der Bundesrepublik waren am Mittwoch 25 Menschen festgenommen worden, die der rechtsextremen „Reichsbürger“-Szene zugeordnet werden. 22 von ihnen wird vorgeworfen, Mitglied in einer terroristischen Vereinigung zu sein, die einen Systemumsturz herbeiführen wollte. Als „Reichsbürger“ gelten Menschen, die die Bundesrepublik nicht anerkennen. Zur Szene gehören laut Verfassungsschutz rund 21.000 Anhänger.
Auch eine Abgeordnete und Mitglieder der Spezialeinheiten unter den Beschuldigten
Unter den Beschuldigten sind auch Angehörige von Bundeswehr, des Spezialkräfteverbands KSK, der Polizei und die frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann, die bis zu ihrer Festnahme als Richterin tätig war.
Schon vor der Aufdeckung des geplanten Umsturzes hatte das Innenministerium Pläne in der Schublade, durch die Verfassungsfeinde leichter aus dem Staatsdienst entfernt werden können sollen. Wer Umsturzfantasien habe und die demokratische Grundordnung überwinden wolle, der habe nichts mehr im öffentlichen Dienst zu suchen, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser.
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„Reichsbürger“-Pläne: Lächerliche Fantasie oder ernst zu nehmender Umsturzplan?
3000 Beamte, 150 Durchsuchungen gleichzeitig: Der Einsatz gegen die rechtsextremen „Reichsbürger“ und ihren Rädelsführer ist der größte seiner Art in der Geschichte der Bundesrepublik. Es geht um einen politischen Putsch – und Terror.
„Klare Kante“ gegen Verfassungsfeinde forderte auch der Chef des Deutschen Beamtenbundes, Ulrich Silberbach. „Wer nicht mit beiden Beinen fest auf dem Boden unserer Verfassung steht, hat im öffentlichen Dienst nichts zu suchen, das gilt sowohl für Beamtinnen und Beamte als auch für die Arbeitnehmenden im Staatsdienst“, sagte Silberbach dem RND. Silberbach fordert „konsequentes Handeln“ – denn letztendlich gehe es um das Vertrauen der Menschen in den Staat und seine Institutionen. „Die Delegitimierung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung durch Beschäftigte des öffentlichen Dienstes ist ein schweres Vergehen und muss konsequent die Entfernung aus dem Dienst in einem straffen zeitlichen Rahmen zur Folge haben.“
Der Chef des Bundeskriminalamts, Holger Münch, sprach sich im ARD-„Morgenmagazin“ für eine genauere Überprüfung von Sicherheitskräften aus. Münch verwies darauf, dass es solche Überprüfungen im BKA bereits gebe. Es ist aber noch nicht in allen Landespolizeien üblich.
Verteidigungsausschuss befasst sich mit KSK-Soldaten
Mit dem Fall des festgenommenen KSK-Soldaten wird sich der Verteidigungsausschuss am kommenden Mittwoch befassen. „Für die KSK sehe ich keine grundlegend neue Lage: Die Reformen bei der KSK laufen. Es wäre ungerecht, diesen Prozess nun in die Tonne zu treten“, sagte die Ausschussvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann dem RND. „Was mich besonders beunruhigt: Über die AfD hätten die ‚Reichsbürger‘ Waffen in den Bundestag bringen können. Abgeordnete könnten mit Koffern an den Kontrollen vorbeigehen“, betonte die FDP-Politikerin weiter.
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Bezogen auf den Zutritt zum Bundestag sagte der SPD-Abgeordnete Ralf Stegner dem RND: „Wir werden den Bundestag besser schützen müssen. Wer sich in einer extremistischen Partei engagiert, darf als ehemaliger Abgeordneter keinen freien Zugang zum Bundestag haben.“ Gegen Feinde der Demokratie müsse sich der Bundestag mit seinem Hausrecht schützen. „Da dürfen wir nicht zimperlich sein.“ Zugleich betonte Stegner, die Rechte von Abgeordneten und ehemaligen Abgeordneten demokratischer Parteien sollten nicht eingeschränkt werden. Bei Besucherinnen und Besuchern von Abgeordneten sieht er hingegen sehr wohl den Bedarf nach mehr Kontrollen.