Deutsch-italienische Beziehungen

Wahlsieg der Rechtsextremen: Außenpolitiker fürchten Verschlechterung der Beziehung zu Italien

Das Rechtsbündnis zwischen Giorgia Melonis Fratelli d'Italia, Matteo Salvinis Lega und Silvio Berlusconis Forza Italia könnte laut ersten Hochrechnungen die Regierungsmehrheit im Parlament stellen.

Das Rechtsbündnis zwischen Giorgia Melonis Fratelli d'Italia, Matteo Salvinis Lega und Silvio Berlusconis Forza Italia könnte laut ersten Hochrechnungen die Regierungsmehrheit im Parlament stellen.

Berlin. Nach dem Wahlsieg des Rechtsbündnisses in Italien fürchten deutsche Außen- und Europapolitiker eine Verschlechterung der italienischen Beziehungen zur EU und zu Deutschland. „Mit Giorgia Meloni kommt eine Frau an die Macht, zu deren politischen Vorbildern Menschen wie Viktor Orban oder Donald Trump gehören. Damit kommen schwere Jahre auf die EU zu“, sagte die Vize­präsidentin des Europa­parlaments, Katarina Barley (SPD), dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND).

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„Italien ist viel stärker auf die EU angewiesen als umgekehrt“

„Italien ist viel stärker auf die EU angewiesen als umgekehrt. Es wird sich zeigen, wie sich eine neue italienische Regierung dazu verhält“, sagte der Vorsitzende des Europa­ausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND). Wichtig sei nun, dass die EU nicht die Fehler wiederhole, die sie im Umgang mit Ungarn gemacht habe. Man müsse von Anfang an stärker und härter auf Angriffe auf Justiz, Demokratie und Rechts­staatlichkeit reagieren. „Mit solchen Angriffen ist leider zu rechnen, wie die Erfahrung zeigt“, sagte Hofreiter, „rechtspopulistische Regierungen waren noch nie gut für eine Gesellschaft.“

Kritik an Union wegen Wahl­kampf­hilfe für Berlusconi

Barley kritisierte dabei die Wahlkampfhilfe von CSU- und EVP-Politikern für die rechtskonservative Forza Italia. „Bitter ist vor allem, dass der Wahlsieg der Rechtsextremen auch durch die Schützenhilfe der Konservativen Forza Italia von Berlusconi möglich wurde“, sagte sie. „Unterstützt haben das auch die europäischen Konservativen, allen voran Manfred Weber von der CSU. Das zeigt, dass die konservative Brandmauer gegen Rechts schlichtweg nicht existiert.“ Das habe sich vor Italien bereits kürzlich in Schweden gezeigt, so Barley. „Ich fordere die Parteiführungen von CDU und CSU auf, dringend ihr Verhältnis zum rechten Rand zu klären.“

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Der Bundestagsabgeordnete Lars Castellucci (SPD) befürchtet zudem eine Belastung für das Verhältnis zwischen Deutschland und Italien. „Es droht ein schwerer Rückschlag für die deutsch-italienischen Beziehungen und für Europa – ausgerechnet in einer Zeit, in der überdeutlich ist, dass wir nur gemeinsam stark sind und die Herausforderungen vom Klimawandel bis zur Migration bewältigen können“, sagte der frühere Vorsitzende der deutsch-italienischen Parlamentarier­gruppe dem RND. „Deshalb muss es auch weiterhin eine professionelle Zusammenarbeit geben, allerdings auch immer Widerspruch und Stoppsignale, wo unsere Werte und Interessen verletzt werden“, forderte Castellucci.

AfD sieht Chance für eigene Partei

Die AfD-Fraktionsvize Beatrix von Storch begrüßte das italienische Wahlergebnis dagegen: „Der Wind des Wandels geht durch Europa“, sagte sie dem RND. „Rechts­konservative Regierungen werden die Europäische Union verändern. Green New Deal, Genderideologie und Migration werden abgeräumt.“ Der Wahlsieg Melonis bedeute „Rückenwind auch für die AfD“, so von Storch.

Bundesregierung äußert sich nicht

Die Bundesregierung selbst äußerte sich am Montag nur allgemein zum Wahlausgang: „Italien ist ein europafreundliches Land mit europafreundlichen Bürgern und wir gehen davon aus, dass sich das nicht ändert“, sagte ein Sprecher in Berlin.

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Bundeskanzler Olaf Scholz war erst im vergangenen Dezember nach Rom gereist, wo er die Wichtigkeit einer deutsch-italienischen Zusammen­arbeit für eine „starke, bessere Union“ betonte. Zu einem Statement bezüglich möglichen Auswirkungen für die deutsch-italienische Zusammenarbeit war die Bundes­regierung allerdings nicht bereit. „Bevor der Wahlvorgang nicht vollständig abgeschlossen ist und ein amtliches Wahlergebnis vorliegt, werden wir uns dazu nicht äußern“, so ihr Sprecher. Die Auszählung der Wahlstimmen dauerte bis in den Montag, da die italienischen Wahllokale erst um 23 Uhr schlossen.

Thema Migration bereitet besonders Sorge

„Wir müssen alles tun, damit Regeln wie Pressefreiheit und Anti­diskriminierung im europäischen Zusammenhalt eingehalten und europäische Institutionen und Gesetze anerkannt werden“, sagte der Vorsitzende der deutsch-italienischen Parlamentarier­gruppe Axel Schäfer (SPD). Dafür zieht er neben der Bundes­regierung vor allem die Union zur Verantwortung.

Das Thema Migration bereite Abgeordneten angesichts einer ausländer­feindlichen Meloni als Minister­präsidentin besonders Sorge. „Wenn Meloni ihre Drohung der illegalen Seeblockade für Fluchtboote wahr macht, werden deutlich mehr Menschen im Mittelmeer ertrinken“, sagt der Grünen-Bundestags­abgeordnete und ehemalige Seenotretter Julian Pahlke. „Es kommt jetzt auf die verbliebenen empathiefähigen europäischen Regierungen an, die Rechte von Menschen auf der Flucht zu schützen und See­notrettungs­organisationen zu unterstützen“

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