Gefahr für Nato-Norderweiterung

Amerikanische Kampfjets für Erdogan? US-Kongress bremst Bidens Waffenlieferung

Ein Kampfflugzeug der türkischen Luftwaffe vom Typ F-16 startet vom Flugplatz Wittmund aus.

Ein Kampfflugzeug der türkischen Luftwaffe vom Typ F-16 startet vom Flugplatz Wittmund aus.

Joe Biden hält es für ein Geschäft „im nationalen Interesse“ der USA: Er unterstütze den Wunsch der Türkei nach Lieferung von 40 Kampfflugzeugen des Typs F-16 und der Modernisierung von 80 älteren Jets, sagte der US-Präsident vor gut zwei Wochen beim Nato-Gipfel in Madrid. Für die Lieferung muss zwar noch der amerikanische Kongress seine Zustimmung geben, aber „ich denke, wir können sie bekommen“, sagte Biden zuversichtlich.

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Inzwischen sieht es anders aus. Mit 244 zu 179 Stimmen verabschiedete der Kongress Ende vergangener Woche eine Gesetzesänderung. Danach soll die Lieferung der F-16 nur genehmigt werden, wenn sich die Türkei verpflichtet, die Jets nicht für Flüge über griechischem Territorium einzusetzen. Nach Angaben des griechischen Verteidigungsministeriums haben Piloten der türkischen Luftreitkräfte zwischen Januar und April 2377 mal den griechischen Luftraum verletzt.

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Im Streit um die Nato-Aufnahme will sich der türkische Präsident am Dienstag mit dem finnischen Präsidenten und der schwedischen Regierungschefin treffen.

Das waren vier Mal so viele Verstöße wie im Vorjahreszeitraum. Die Fälle, in denen türkische Kampfflugzeuge direkt über griechische Insel flogen, haben sich gegenüber dem Vorjahr von 15 auf 120 sogar verachtfacht. Die Türkei bestreitet außerdem Griechenlands Hoheitsrechte über 22 Ägäisinseln, darunter Rhodos, Kos, Lesbos und Samos. Der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis hatte im April in einer Rede vor dem Kongress in Washington vor drohender Instabilität auf der Nato-Südostflanke gewarnt und an die Abgeordneten appelliert, „dies zu bedenken, wenn Sie über Waffenlieferungen nach Südosteuropa entscheiden“.

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Widerstand gegen geplante Flugzeuglieferung

Die Mahnung scheint zu wirken. In einem parteiübergreifenden offenen Brief an Biden begründeten jetzt 35 Kongressabgeordnete ihren Widerstand gegen die geplante Flugzeuglieferung. Die Regierung von Staatschef Erdogan sei für „enorme Menschenrechtsverletzungen im In- und Ausland“ verantwortlich, heißt es in dem Brief. Das Erdogan-Regime veranstalte unfaire Wahlen, unterdrücke die Zivilgesellschaft und missachte Bürgerrechte, um sich an der Macht zu halten. Die Türkei habe im Irak, in Syrien und Berg-Karabach absichtlich zivile Ziele wie Hospitäler und Schulen bombardiert sowie wiederholt die Souveränität Griechenlands und Zyperns verletzt. Die Lieferung moderner Kampfflugzeuge werde Erdogan nicht plötzlich in einen guten Verbündeten verwandeln, sondern wahrscheinlich zu mehr Tod und Zerstörung in der Region führen, schreiben die Abgeordneten.

Dass die Türkei die vom Kongress geforderten Bedingungen erfüllt, ist unwahrscheinlich. Erdogan ist im Wahlkampfmodus. Im kommenden Frühjahr finden Parlaments- und Präsidentenwahlen statt. Jedes Zugeständnis an Griechenland könnte von der Opposition als Zeichen der Schwäche interpretiert werden. Andererseits brauchen die türkischen Luftstreitkräfte dringend neue Flugzeuge, zumal Griechenland gerade seine Luftwaffe modernisiert. Ursprünglich hatte die Türkei in den USA 100 Tarnkappenjets von Typ F-35 bestellt. Washington stoppte aber die Auslieferung, weil Erdogan russische S-400-Luftabwehrsysteme stationierte. Als Ersatz bemüht sich die Türkei nun um F-16.

Ob die Kritiker des Waffengeschäfts im Kongress die Lieferung der Kampfflugzeuge letztlich verhindern können, ist ungewiss. Aber der Streit droht die Nato-Aufnahme Schwedens und Finnlands erneut zu verzögern. Erdogan hatte auf dem Gipfel in Madrid seine Blockade der Norderweiterung überraschend aufgegeben. Dabei könnte das Waffengeschäft eine Rolle gespielt haben, auch wenn Biden jeden Zusammenhang bestreitet. Inzwischen haben 15 der 30 Nato-Staaten die Nordweiterung ratifiziert, darunter auch Deutschland. Die Türkei gehört nicht dazu. Erdogan dürfte nun die Zustimmung seines Parlaments so lange hinauszögern, bis der F-16-Deal in trockenen Tüchern ist. Das könnte Monate dauern.

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