Fünf Pluspunkte der Kandidatin Nikki Haley

„Let’s do this!“: Die Frau, die vielleicht bald die USA regiert

Ein Bild aus dem Jahr 2017: Nikki Haley, damals Botschafterin der USA bei den Vereinten Nationen, bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus.

Ein Bild aus dem Jahr 2017: Nikki Haley, damals Botschafterin der USA bei den Vereinten Nationen, bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus.

Schon seit Dienstagmittag, kurz vor 13 Uhr europäischer Zeit, ist die Katze aus dem Sack: Nikki Haley (51) nimmt Kurs aufs Weiße Haus. Sie will am 5. November 2024 zur ersten Präsidentin in der Geschichte der USA gewählt werden.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

In einem auf Twitter verbreiteten Video erklärt sie, es sei „Zeit, dass eine neue Generation die Führung übernimmt“. Außenpolitisch beschreibt Haley eine harte Linie gegenüber China, Iran und Russland. Nach innen setzt sie einen bemerkenswerten antirassistischen Akzent: Haley betont, wie sie in Bamberg, South Carolina, „als stolze Tochter indischer Eltern aufgewachsen“ sei. Ein Familienfoto ist zu sehen, darauf trägt ihr Vater einen Turban.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter, Inc., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Haley erzählt, sie sei aufgewachsen im Bewusstsein, „nicht schwarz zu sein und nicht weiß, aber anders“. Jeden Tag hätten ihre Eltern ihr gesagt, wie froh die Familie sein könne, in den USA zu leben.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Am Mittwoch legte Haley in ihrer Heimatstadt Charleston in South Carolina ihren ersten Live-Auftritt als Präsidentschaftsbewerberin hin. Es wurde, erwartungsgemäß, ein umjubeltes Heimspiel - auch als sie dem Publikum zurief, Amerika sei kein rassistisches Land. Als Haley, strahlendes Lächeln, weißes Outfit, von der Bühne ging, ertönte der Song „American Girl“ von Tom Petty & The Heartbreakers.

Die Rede enthielt Dankesbotschaften Haleys an ihre Unterstützer aus der Region. Hinzu kamen aber auch zwei Botschaften, die national und international noch Kontroversen auslösen werden.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von YouTube, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

So forderte Haley verpflichtende Untersuchungen der geistigen Fitness von US-Präsidenten nach Erreichen des 75. Lebensjahrs. Dies könnte eine Debatte über „Ageism“ auslösen, die in den USA verpönte Diskriminierung Älterer. Zugleich aber ist dies aber eine aus Sicht jüngerer Leute vielleicht überfällige Infragestellung von Donald Trump (76) und Joe Biden (80), die im Wahljahr 2024, wenn sie beide antreten, ein nie dagewesenes Duell der Senioren abhalten würden.

Mit Blick auf China sprach sie von einem Feind, der sich mit einer in der Geschichte nie dagewesenen Disziplin daran gemacht habe, gegen die USA vorzugehen. Sie selbst werde alles tun, um dazu beizutragen, dass die Diktatur der Kommunistischen Partei in China „auf dem Aschehaufen der Geschichte landet“. Haley nutzte damit exakt dasselbe Vokabular, mit dem sich 1982 der damalige republikanische US-Präsident Ronald Reagan über das System der Sowjetunion äußerte.

Blickt man allein auf bisherige Umfragen, erscheint Haley als krasse Außenseiterin. Bei näherem Hinsehen aber zeigt sich: Die energie­geladene Frau aus South Carolina bringt so viele Pluspunkte mit, dass man ihr tatsächlich zutrauen kann, am Ende ins Weiße Haus einzuziehen – wenn die Republikaner sie denn zum Zuge kommen lassen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

What's up, America?

Der wöchentliche USA-Newsletter liefert Hintergründe zu den amerikanischen Entwicklungen in Politik, Gesellschaft und Kultur - immer dienstags.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

1. Haley fängt ganz unten an

Nikki Haley? Die meisten Amerikanerinnen und Amerikaner hatten diese Frau schon gar nicht mehr auf dem Zettel. Haley wurde 2011 Gouverneurin von South Carolina, als erste Frau auf diesem Posten. 2017 rückte sie ins internationale Rampenlicht: Der damalige Präsident Donald Trump machte sie zur Botschafterin der USA bei den Vereinten Nationen.

Haley machte ihre Sache überraschend gut, gab den Posten aber schon im Oktober 2018 von sich aus wieder auf. Zwischen ihr und Trump gab es Spannungen – die sich aber nie vollständig ausleuchten ließen. Haley vermied aus taktischen Gründen stets den offenen Bruch mit Trump und den Trumpisten.

Auf eigenen Wegen: Nikki Haley (Zweite von links) im Jahr 2021 bei einer Podiumsdiskussion der Republikaner in Iowa.

Auf eigenen Wegen: Nikki Haley (Zweite von links) im Jahr 2021 bei einer Podiumsdiskussion der Republikaner in Iowa.

Jetzt allerdings wagt Haley die offene Machtprobe. Andere Republikaner, die ebenfalls eine Kandidatur erwägen, scheinen abwarten zu wollen, ob Trump selbst noch einmal antreten will oder nicht, sie wollen dem Ex‑Präsidenten nicht querkommen. Haley nimmt darauf jetzt keine Rücksicht mehr.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Den Anhängern der Republikaner fielen bislang, wenn man sie auf die Wahl 2024 ansprach, nur zwei männliche Kandidaten ein: Trump (76) und der jetzige Gouverneur von Florida, Ron DeSantis (44). Diese alte Debattenlage bringt Haley jetzt durcheinander.

Die Demoskopiefirma Morning Consult fragte Ende Januar 3459 „Republikaner, die sich wohl auch an den Vorwahlen beteiligen“ nach ihren Favoriten. 48 Prozent waren für Trump, 31 Prozent für DeSantis, 8 Prozent für den früheren Vizepräsidenten Mike Pence. Für Haley waren nur bestürzende 3 Prozent. Doch Umfragen wie diese sind schon im nächsten Moment Schall und Rauch.

Amerika liebt die Story von Leuten, die ganz unten anfangen und sich dann hocharbeiten. Niemals wird zum Shootingstar, wer zu Beginn eines Wahlkampfs überbewertet ist und dann allmählich nachlässt. Trump und DeSantis tragen diese Bürde derzeit auf Schritt und Tritt mit sich herum – während Haley das Potenzial hat, ihre Nation durch harte Arbeit in einer schwierigen Ausgangslage positiv zu überraschen.

2. Haley wäre die erste Frau im Präsidenten­amt

Ist es nicht endlich Zeit für die erste Frau im Oval Office? Immer mehr Amerikanerinnen und Amerikaner stimmen da prinzipiell zu. In jüngster Zeit steigen deswegen auch wieder die Aktien von Kamala Harris.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Inzwischen werden bei den US‑Demokraten Strategien diskutiert, durch eine Kandidatin fürs höchste Amt die Wahl 2024 zu einer Art Abstimmung über die soziokulturelle Modernität der USA zu machen: Nein zum Machogehabe vieler Männer, Nein zu einem strengeren Abtreibungsrecht. Ein Wahlkampf dieser Art wäre nicht ohne Risiko, könnte den Demokraten aber eine Mehrheit verschaffen.

Für die Republikaner läge der eleganteste Konter darin, ihrerseits eine Frau aufzustellen. In Großbritannien und in Deutschland waren es die Konservativen, die an dieser Stelle sogar historisch die Nase vorn hatten. Margaret Thatcher und Angela Merkel verhalfen bekanntlich ihren in eine Krise geratenen Parteien nicht nur am Wahltag zu Erfolgen, sondern über viele Jahre hinweg.

3. Haley spricht das konservative Amerika an

Nikki Haley wurde 1972 in Bamberg, South Carolina, als Nimrata Nikki Randhawa geboren. Sie ist das Kind indischer Einwanderer. 1996 heiratete sie den Soldaten Michael Haley. 1997 nahm sie auch dessen christlichen Glauben an. Ist das ein Fall von Überanpassung, wie rechte und linke Kritikerinnen und Kritiker Haleys munkeln?

Haley beherrscht jedenfalls die konservative Klaviatur. Sie bekennt sich zu christlichen Werten, sie ist gegen Abtreibungen nach der 20. Schwangerschafts­woche, sie ist für niedrige Steuern und für eine Gesellschaft, die nicht immer gleich nach dem Staat ruft. Auch als Tochter von Migranten, betont sie, sei sie beim heiklen Thema Zuwanderung dafür, dass alle strikt nach den Regeln spielen. In der Außenpolitik ist sie klarer sortiert als Trump. Haley sagt Nein zum russischen Vormachtstreben, Nein zu jeder Form von Naivität gegenüber Nordkorea und Ja zur Unterstützung Israels.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Dies alles dürfte ausreichen, um bei den Präsidentschafts­wahlen das konservative Amerika anzusprechen und politisch einzusammeln. Zwar gibt es am rechten Rand, etwa bei den Evangelikalen, religiöse Eiferer, die wegen Haleys indischer Abstammung misstrauisch sind und bleiben. In Wahrheit sei Haley ein „raghead“, zischte im Jahr 2010 der damalige republikanische Senator Jake Knotts, ein innerparteilicher Gegner Haleys. „Ragheads“ (wörtlich: Lappenköpfe) ist eine abwertende Bezeichnung für Muslime, Araber oder Sikhs, die auf dem Kopf ein Tuch oder einen Turban tragen.

4. Haley kann auch in der Mitte punkten

Als weit aufgestiegene Migrantentochter mit einem Bachelor in Rechnungswesen ist Haley ein Vorbild für die politische und gesellschaftliche Mitte in den USA. Normalverdiener aus der Mittelschicht werden ihr genauer zuhören als dem in großen Wohlstand hinein­geborenen Milliardär Donald Trump.

Haley hat Trump nie öffentlich verdammt, sondern blieb für dessen Unterstützerinnen und Unterstützer wählbar. Zugleich aber hielt sie so weit Distanz zu ihm, dass auch Trump-Gegner von ihr nicht abgestoßen werden. Jüngst fasste sie bei einem Auftritt im Sender Fox ihre Linie so zusammen: „Auch wenn viele es nicht wahrhaben wollen: Ich übernehme nicht irgendwelche Vorgaben. Ich habe meinen eigenen Kopf und sortiere für mich selbst, was ich richtig finde und was ich falsch finde.“

Über Trumps Rolle beim Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021 sagte Haley dem Onlineportal „Politico“: „Wir müssen einsehen, dass er uns im Stich gelassen hat. Er ging einen Weg, den er nicht hätte gehen sollen, und wir hätten ihm nicht folgen sollen und wir hätten nicht auf ihn hören sollen. Und das dürfen wir nicht noch einmal zulassen.“

5. Haley kennt die Welt

Für die internationalen Herausforderungen des Präsidentenamts ist Haley sehr viel besser vorbereitet, als Trump es im Wahljahr 2016 war. Auch bringt sie sehr viel mehr Erfahrung und Weltwissen mit als Ron DeSantis.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Nikki Haley, damals US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, im Jahr 2019 in einer Sitzung des Weltsicherheitsrats.

Nikki Haley, damals US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, im Jahr 2019 in einer Sitzung des Weltsicherheitsrats.

Ihren pragmatischen, kenntnisreichen Umgang mit auswärtigen Angelegenheiten bewies Haley nicht erst in ihrer Zeit als Botschafterin bei den Vereinten Nationen 2017 und 2018. Schon zuvor, als Gouverneurin von South Carolina, trat sie als betont weltoffene Repräsentantin der USA in Erscheinung, etwa gegenüber der deutschen Automobilindustrie, die in Haleys Amtszeit kräftig in Standorte in South Carolina investierte. Das BMW-Werk in Spartanburg wuchs mittlerweile sogar zum weltweit wichtigsten Werk des bayerischen Konzerns heran. Auch Mercedes-Benz produziert in South Carolina.

Anders als Trump nahm Haley nie eine feindselige Haltung gegenüber der deutschen Automobilindustrie ein. Sie hielt auch nichts von Abschottung. In ihrem Heimatstaat South Carolina sagen Beobachter, Haley habe schon damals eher aufs Anlocken innovativer Investoren aus Europa gesetzt – eine Strategie, die derzeit in den USA mit großem Eifer von Küste zu Küste umgesetzt wird.

Nikki Haley und der indische Premierminister Narendra Modi im Juni 2018 in New Delhi.

Nikki Haley und der indische Premierminister Narendra Modi im Juni 2018 in New Delhi.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Dass Haley in der globalen Machtpolitik der nächsten Jahre die „indische Karte“ spielen könnte, entzückt Vordenker in den außen­politischen Think Tanks. Die Beziehungen der USA zum Milliardenvolk der Inder gilt als Schlüssel­element einer intelligenten Eindämmung Chinas im 21. Jahrhundert.

Auch Kamala Harris hat zwar indische Vorfahren. Doch nur Haley saß schon mal mit Indiens Premier Narendra Modi zu längeren Beratungen unter vier Augen zusammen: im Juni 2018, als sie in ihrer Eigenschaft als US‑Botschafterin bei den Vereinten Nationen zu Gast in Neu Delhi war.

Mehr aus Politik

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken