Neuer Rüstungsdeal?

Scholz umwirbt Modi: Was der Kanzler in Indien vorhat

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) steigt ins Flugzeug.

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Berlin. Es ist ein Werben des Kanzlers um einen enorm wichtigen, aber angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine nicht einfachen Partner in der künftigen Weltordnung. Indien hat sich bei der Abstimmung über die neue UN-Resolution gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg wieder enthalten, verurteilen mag die weltgrößte Demokratie die Kriegsverbrechen von Wladimir Putin nicht. Und Indien, das in Feindschaft mit Pakistan lebt, bezieht auch Waffen und massenhaft Öl aus Moskau.

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„Indien hängt zum großen Teil von russischer Waffenproduktion ab“

Um ein Rüstungsgeschäft geht es dem Vernehmen nach allerdings auch während des Antrittsbesuchs von Olaf Scholz bei Premierminister Narendra Modi an diesem Samstag in Neu-Delhi. Die Rede ist von „maritimer Rüstung“ – von U-Booten. Ein deutscher Diplomat sagt: „Indien hängt zum großen Teil von russischer Waffenproduktion ab. Dass das so bleibt, kann nicht in unserem Interesse sein.“ Indien habe ein Recht auf die Antwort, ob Deutschland bereit sei, Waffen zu verkaufen, die es bisher von Russland bekommen habe. Ob es schon bei diesem Treffen ein Abkommen dazu geben wird, war offen.

Spannend wird, in welchem Maße Scholz für ein weiteres Zusammenrücken Deutschlands als viertgrößter und Indiens als fünftgrößter Volkswirtschaft der Erde sorgen kann. Indien ist für ihn ein „Schlüsselstaat“ im neuen Machtgefüge, das nicht mehr nur die beiden großen Rivalen USA und China bestimmen würden. Indien könnte helfen, Deutschlands wirtschaftliche Abhängigkeit von China zu reduzieren. Die Wirtschaft in Europa beklagt aber Zölle, Marktzutrittsbarrieren, Bürokratie und unsichere Investitionsbedingungen in Indien.

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Kaum einen außereuropäischen Regierungschef hat Scholz in seiner bisherigen Amtszeit so oft getroffen wie Modi. Ihre ersten Regierungskonsultationen führte die Ampelkoalition mit Indien im Mai 2022 in Berlin, danach lud Scholz zum G7-Gipfel in Elmau zusätzlich Modi ein, beim G20-Gipfel im vorigen November auf Bali sahen sie sich wieder.

Dazu, dass Indien Ölimporte aus Russland gesteigert hat, während die EU Sanktionen gegen Moskau verhängt hat, heißt es bei deutschen Regierungsvertretern: „Wir können nicht erwarten, dass andere diesen Schritt genauso gehen.“ Angesichts der gestiegenen Weltenergiepreise und der Größe Indiens sei es rein marktwirtschaftlich vernünftig, sich so zu verhalten, wie Modi es tut. Es sei verständlich, dass er weniger an den Krieg in Europa denke als an die Versorgung und Sicherheit seines Landes mit 1,4 Milliarden Menschen, das China als bevölkerungsreichstes Land bald ablösen dürfte.

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Scholz zeigt Verständnis für Modi

Indiens Mahnung, Europa könne seine Probleme nicht der ganzen Welt aufdrücken, während es sich auch nicht die Probleme im Rest der Welt zu eigen mache, hat Scholz selbst jüngst als nachvollziehbar bezeichnet. Scholz reise nicht durch die Welt, um von befreundeten Regierungen einen öffentlichen ukrainepolitischen „Treueschwur“ abzuholen. Deutschland und Indien seien sich aber darüber einig, dass Russland der Aggressor und die Ukraine das Opfer sei.

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Am Sonntag fährt Scholz in die südindische Hightech-Metropole Bangalore. Zwölf hochrangige Vertreterinnen und Vertreter von großen Unternehmen begleiten ihn. Sie besuchen SAP Labs – den größten Standort von SAP außerhalb Deutschlands mit rund 4500 Mitarbeitern – sowie das indische Unternehmen Sun Mobility, das in Kooperation mit Bosch E-Mobilitätslösungen wie Batterietauschstationen für Kleinfahrzeuge und Lastwagen anbietet. Insgesamt gibt es 1800 deutsche Unternehmen in Indien mit Zehntausenden Arbeitsplätzen.

In diesem Jahr hat Indien die G20-Präsidentschaft und richtet im September den Gipfel aus. Dann wird Scholz wieder in Neu-Delhi sein.

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