Parteiordnungsverfahren: Das Tauziehen um Boris Palmer geht weiter
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Gegen den Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer von den Grünen läuft ein Parteiordnungsverfahren.
© Quelle: imago images/ULMER Pressebildagentur
Berlin. Die Führung der Grünen in Baden-Württemberg hat das Parteiordnungsverfahren gegen den umstrittenen Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer gegen interne Kritik verteidigt. „Wir Grüne haben in unserer Geschichte immer wieder bewiesen, dass wir eine streitbare Partei sind, die lebendig und offen diskutiert“, sagte eine Sprecherin des Landesverbandes am Dienstag und reagierte damit auf einen Aufruf zugunsten Palmers von etwa 500 Parteimitgliedern. „Abweichende Meinungen auszuhalten und Provokationen zu ertragen gehört zum Parteileben selbstverständlich dazu.“
Mit Blick auf Palmer fuhr sie aber fort: „Grenzüberschreitungen des Sagbaren, bei denen Menschengruppen gegeneinander ausgespielt werden, gehören nicht zu einer gesunden Debattenkultur und nicht zu den Grundsätzen von Bündnis 90/Die Grünen.“ Der Landesparteitag im Mai 2021 habe sich zudem klar für ein Parteiordnungsverfahren ausgesprochen.
In dem Aufruf hatte es zwar geheißen, man halte „manche Äußerungen von Boris für unpassend, geschmacklos, beleidigend oder verstörend“. Doch weiter stand zu lesen: „Wir erinnern an die in unserer Partei hochgehaltene Debattenkultur, die wir für besonders schützenswert halten. Menschen auszuschließen, nur weil sie in einer bestimmten Zeit, in der bestimmte Themen Hochkonjunktur haben, den Mainstream verlassen, halten wir für unsere Partei unwürdig.“
Palmer hatte sich unter anderem mehrfach abfällig über Migranten geäußert, bis auch die Grünen auf Bundesebene überwiegend die Geduld verloren.
Zu den Initiatorinnen des Aufrufs zählt die ehemalige Staatssekretärin im Entwicklungshilfeministerium, Uschi Eid. Unterzeichnet hat ebenfalls die frühere Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer, die sich an der von Sahra Wagenknecht (Linke) initiierten Bewegung „Aufstehen“ beteiligt hatte.
Tübinger OB-Wahl steht an
Aus grünen Parteikreisen verlautet, in Wahrheit gehe es weniger um das Ausschlussverfahren als um die Wahl des künftigen Oberbürgermeisters im Herbst. Der grüne Stadtverband hat beschlossen, den Kandidaten in einer Urwahl zu bestimmen. Daraufhin hatte sich die Ortsvorsteherin im Tübinger Stadtteil Weilheim, Ulrike Baumgärtner, beworben. Palmer zögert noch, könnte aber auch als unabhängiger Bewerber ohne Grünen-Unterstützung antreten. Die Entscheidung der Grünen soll im April fallen.
Ein Mitglied des Kreisverbandes sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND), wohl hätten rund 60 Grüne aus Tübingen die Solidaritätserklärung für Palmer unterschrieben. Doch diese seien offenkundig in der Minderheit. Gleichwohl stünden die Grünen vor einer „Kraftprobe“.
Palmer zeigte sich unterdessen gerührt über die Unterstützung für ihn. Bei Facebook schrieb er: „Die Grünen sind Teil meines Lebens und meine politische Heimat. Ich bin ja doch recht hartgesotten. Aber diese 500 Solidaritätsadressen rühren mich.“