Petitionsausschuss des Bundestags: Wenn Impfskeptiker bei der Politik vorsprechen
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Demonstranten in Tübingen sprechen sich gegen die Impfpflicht für Pflegeberufe aus (Symbolbild).
© Quelle: IMAGO/ULMER Pressebildagentur
Berlin. „Die Kollegen, die sich jetzt nicht impfen lassen, haben sich das gut überlegt. Sie sehen natürlich die Schäden durch die Impfung und haben Angst, dass sie das auch trifft“, sagte Krankenpflegerin Stefanie Bresnik, die eine Petition gegen die am Mittwoch in Kraft tretende einrichtungsbezogene Impfpflicht initiiert hat, bei der Sitzung des Petitionsausschusses des Bundestags am Montag.
Ruhig und sachlich wirkte sie dabei hinter ihrer FFP2-Maske, die sie auch während ihrer Redebeiträge trug. Gut 126.000 Menschen haben sich ihrem Standpunkt angeschlossen und die Petition unterzeichnet. Bresnik – die von einem ebenso sachlich auftretenden Kollegen unterstützt wurde – stellte die Sinnhaftigkeit einer Impfung infrage, die „maximal vor einem schweren Verlauf“ schütze.
Besonders für den Schutz von vulnerablen Gruppen sei sie nicht hilfreich, weil sie die Verbreitung des Virus nicht stoppe. Daher plädierte sie für eine „sinnvolle Teststrategie“, ohne auszuführen, wie eine solche aussehen könnte. Im Laufe der insgesamt gut zweistündigen Sitzung war Prof. Dr. Edgar Franke, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, die meiste Zeit damit beschäftigt, wissenschaftlich zweifelhafte Argumentationen zu entkräften.
So machte er darauf aufmerksam, dass vollständig Geimpfte das Virus seltener weitergeben als Ungeimpfte: „Die Viruslast sinkt, wenn ich geimpft bin. Alles andere stimmt nicht.“ Und auch die vorgebrachten „Impfschäden“ ordnete er ein: Bei den vielen Millionen verabreichten Dosen der Covid-19-Impstoffe seien ernsthafte Nebenwirkungen bloß im Promillebereich zu verorten.
Unterstützung von der AfD
Überzeugen konnte das die Krankenpflegerin Bresnik freilich nicht. Auf Nachfrage einer Parlamentarierin führte sie an, dass sie bei der aktuell vorherrschenden Omikron-Variante auch dann gegen eine Impfpflicht sei, wenn das Vakzin die Übertragung komplett verhindern würde. Zu leicht seien die Verläufe, zu groß das Risiko der Impfung. Auch in diesem Punkt widersprach Franke energisch. Deutlich auf ihrer Seite hatte Bresnik einzig den anwesenden AfD-Abgeordneten Robert Farle. Auch dieser sprach von häufigen Nebenwirkungen und vielen Impfschäden.
Mit einem weiteren Argument wies die Petentin jedoch auf ein tatsächlich bestehendes Problem hin – den Einfluss einer Impfpflicht auf die ohnehin schon angespannte Versorgungssituation in der Pflege. „Wir brauchen keine Impfpflicht, sondern mehr Personal“, sagte sie und nahm Bezug auf eine aktuelle Studie der Alice-Salomon-Hochschule Berlin, die über 1800 Gesundheitseinrichtungen zu dem Thema befragt hat.
Demnach würden bis zu 2,75 Millionen Menschen pflegerisch nicht versorgt werden können, wenn ein Betretungsverbot für Ungeimpfte in Pflegeheimen und Co. konsequent umgesetzt werden würde. Von einer konsequenten Umsetzung ist die Politik aber – wohl auch deshalb – in vielen Bundesländern bereits abgerückt.
Unsicher, die richtigen Worte auf riesigen gelben Karteikarten suchend, hatte eine Vertreterin der Petentin Jutta Koch bereits zuvor eine Petition vorgetragen, die sich gegen die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht richtet. Über 133.000 Menschen unterstützen das Anliegen mit ihrer Unterschrift.
Sie sei nicht generell gegen Impfungen oder eine Impfpflicht, erklärte sie – bei der Pockenimpfung sei diese gut und sinnvoll gewesen. Sie versuchte aber, deutlich zu machen, warum die Corona-Schutzimpfung nicht so gut sei, wie behauptet werde, und warum eine Impfpflicht deswegen eine unverhältnismäßige Einschränkung der Grundrechte sei.
Staatssekretär wiederholt Argumente fürs Impfen
Die vorgebrachten Gründe glichen in weiten Teilen jenen aus der Petition gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Auch hier wiederholte Staatssekretär Franke beinahe gebetsmühlenartig die wissenschaftlichen Argumente, die seines Erachtens für eine Impfpflicht sprechen: Die Impfung biete den besten Schutz vor einem schweren Verlauf, die Impfung senke das Infektionsrisiko deutlich, sie senke auch das Risiko, andere anzustecken, genauso wie das Risiko des Entstehens neuer Virusvarianten. Bei einer Infektion reduziere sie außerdem das Risiko für Long Covid.
Besonders hob er die hohe Zahl der älteren Ungeimpften hervor: „Menschen ab 60 Jahren erkranken häufig besonders schwer. In dieser Gruppe sind knapp drei Millionen nicht geimpft.“ Nur die allgemeine Impfpflicht mit einer entsprechend hohen Impfquote sei der Weg aus den immer wiederkehrenden Infektionswellen mit ihren grundrechtseinschränkenden Schutzmaßnahmen.
Zu einem Votum des Ausschusses kam es nicht. Dies soll in einer der nächsten Sitzungen folgen. Bereits am Donnerstag soll im Bundestag über eine allgemeine Impfpflicht debattiert werden.