Entscheidung zur Pflegeversicherung: Das bedeutet das Urteil des Verfassungsgerichts
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Unter dem abendlichen Wolkenhimmel geht eine Familie spazieren (Archivbild).
© Quelle: picture alliance / Ingo Wagner/d
Eltern mit mehr als einem Kind sollen künftig geringere Beiträge für die gesetzliche Pflegeversicherung zahlen als Väter und Mütter mit einem Kind oder Kinderlose. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Die Richterinnen und Richter in Karlsruhe verpflichten die Politik damit dazu, die Beitragssätze in der Pflegeversicherung bis Ende Juli 2023 anzupassen – und zwar entsprechend der konkreten Anzahl der Kinder.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kündigte an, die Entscheidung in der vorgegebenen Frist umzusetzen. „Die Zahl der Kinder muss bei der Beitragsgestaltung der Pflegeversicherung berücksichtigt werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Entlastung in der Pflegeversicherung: Große Familien müssen weniger Beiträge zahlen
Das Bundesverfassungsgericht sorgt dafür, dass Eltern mit mehreren Kindern bei der gesetzlichen Pflegeversicherung besser gestellt werden.
© Quelle: dpa
„Diesen Beschluss werden wir in der erklärten Frist umsetzen“, fügte er hinzu. „Die Pflegeversicherung muss aber auch grundsätzlich solider finanziert werden. Auch das werden wir angehen“, sagte Lauterbach. „Der Koalitionsvertrag ist dafür die Grundlage.“
Union fordert schnelle Umsetzung
Die Union pochte auf eine schnelle Umsetzung des Urteils. „Familien mit mehreren Kindern leisten einen wichtigen Beitrag dafür, dass unsere soziale Sicherung auch in 20, 30 und 40 Jahren noch funktioniert“, sagte Unions-Fraktionsvize Jens Spahn dem RND. „Sie ziehen gleich mehrere künftige Beitragszahler groß, davon profitieren auch Kinderlose wie ich.“ Spahn betonte: „Daher ist es richtig, sie bei den Sozialabgaben in Zukunft stärker zu entlasten – gerade angesichts der hohen Inflation.“ Er forderte: „Die Ampel sollte schnellstens ein entsprechendes Gesetz vorlegen.“
Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits im Jahr 2001 entschieden, in der Pflegeversicherung müsse sich der Beitrag von Eltern und Kinderlosen unterscheiden. Die Begründung: Eltern leisteten einen „generativen Beitrag zur Funktionsfähigkeit eines umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems“. Einfacher ausgedrückt: Ohne Kinder als künftige Beitragszahler würde das Sozialversicherungssystem irgendwann zusammenbrechen – deshalb ist es geboten, die Leistung der Eltern zu berücksichtigen.
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Jetzt hat das Verfassungsgericht noch einmal nachgesteuert und verfügt, dass auch nach der Anzahl der Kinder unterschieden werden muss. Momentan liegt der Beitragssatz zur Pflegeversicherung für Eltern bei 3,05 Prozent des Bruttoeinkommens, der für Kinderlose bei 3,4 Prozent.
Das Bundesverfassungsgericht entschied aber zugleich, dass bei den Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung weiterhin nicht zwischen Eltern und Kinderlosen unterschieden werden muss. In seiner Begründung bezieht es sich darauf, dass in diesen Zweigen der Sozialversicherung bereits ein Lastenausgleich stattfinde.
In der gesetzlichen Rentenversicherung werde die Kindererziehung insbesondere durch die Anerkennung sogenannter Kindererziehungszeiten anerkannt, erklärte der Erste Senat unter Vorsitz von Gerichtspräsident Stephan Harbarth. Mit Blick auf die gesetzliche Krankenversicherung betonten die Richterinnen und Richter, dass die Versicherten hier schon in Kindheit und Jugend „in erheblichem Umfang“ von den Leistungen profitierten – ein Hinweis auf die beitragsfreie Familienmitversicherung.
Anwalt Jürgen Borchert nannte die Entscheidung mit Blick darauf, dass sich bei der Renten- und Krankenversicherung nichts ändert, „einen Skandal“. „Was sich durch das Urteil bei der Beitragszahlung in der Pflegeversicherung ändern wird, ist ein Kinkerlitzchen“, sagte er. „Die Familien, vor allem die kinderreichen Familien, bleiben im Sozialversicherungssystem schwer benachteiligt.“
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