Kommentar

Reichlich Bier und hohle Sprüche: Schafft den politischen Aschermittwoch ab!

Markus Söder (CSU) nach seiner Aschermittwochsrede 2018

Markus Söder (CSU) nach seiner Aschermittwochsrede 2018

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Berlin. „Witzischkeit kennt keine Grenzen“ sangen Hape Kerkeling und der legendäre Heinz Schenk 1992 im Film „Kein Pardon“. Sie können in der Satire nicht nur das deutsche Showbusiness gemeint haben. Denn der in den 1950er-Jahren wiederbelegte politische Aschermittwoch ist heute genauso unlustig wie nahezu jede deutsche Fernsehshow.

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Umso bedauerlicher ist, dass die Parteimanager nach zwei Jahren Ruhe wegen Pandemie und des (übrigens immer noch tobenden) russischen Kriegs in der Ukraine an diesem Mittwoch wieder an die Biertische rufen, damit Spitzenpolitiker angeblich mal so richtig die Sau rauslassen. Haben Sie das vermisst? Ich nicht.

Politisch folgenlos

Meine Ansprüche an Humor sind eigentlich nicht besonders hoch. Ich kann auch über echt blöde Witze lachen. Die meisten Politiker jedoch versuchen beim politischen Aschermittwoch selbst noch ihre „Schenkelklopfer“ so zu kontrollieren, dass sie unwitzig sind und politisch möglichst folgenlos bleiben. Aber welchen Sinn haben sie dann?

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So gesehen war jedenfalls die Büttenrede von Marie-Agnes Strack-Zimmermann anlässlich der Verleihung des „Ordens wider den tierischen Ernst“ des Aachener Karnevalsvereins erfrischend. Sie hatte die Chefs von CSU und CDU, Markus Söder und Friedrich Merz, mit verbalen Breitseiten bedacht – und die Parteien verlangten tatsächlich noch plärrend eine Entschuldigung von der Liberalen. Zumindest Letzteres fand ich lustig.

Fasten- und Passionszeit
 
Aschermittwoch ist alles vorbei

Mit dem Aschermittwoch am 22. Februar beginnt die rund 40-tägige Fasten- oder Passionszeit vor Ostern (9. April). Der Verzicht auf Speisen und Getränke wie Fleisch und Wein oder auch auf den Fernsehkonsum gilt als Symbol der Buße und der spirituellen Erneuerung. In den sieben Wochen vor dem Osterfest nehmen sich viele Christinnen und Christen zudem mehr Zeit für Ruhe, Besinnung und Gebet, um sich selbst und Gott näherzukommen. In der katholischen Kirche zeichnet der Priester am Aschermittwoch ein Aschekreuz als Symbol der geistigen Reinigung und der Vergänglichkeit auf die Stirn der Gottesdienstbesucher. In der evangelischen Kirche beteiligen sich viele Menschen an der Fasteninitiative „7 Wochen Ohne“, um aus gewohnten Konsum- und Verhaltensweisen auszusteigen und neue Lebensziele zu finden. epd

Ich meine, sollen sich die Bayern doch in Bayern die Kante geben und gegenseitig an den Kopf werfen, wie beschränkt der oder die jeweils andere ist. Aber ist das für den Rest der Republik relevant? Wohl kaum.

Lustig in Bayern

„Olaf Scholz hat eher die Begabung, Blutdruck zu senken, als ihn steigen zu lassen“, sagte Söder beim digitalen Aschermittwoch 2021 über die Fähigkeit des damaligen SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz als „Stimmungskanone“. Ja, und?

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„In Berlin wollen sie den weltweiten Klimawandel in den Griff bekommen, aber sie schaffen es nicht, den Kassenbon abzuschaffen“, kalauerte Freie-Wähler-Chef und Vizeministerpräsident Hubert Aiwanger 2020. Lustig, oder?

Merkel in der Tennishalle

Das Erschreckende ist, dass sich dieser politische Aschermittwoch sogar noch auszubreiten scheint. Angela Merkel musste sich als Parteichefin jahrelang am Aschermittwoch auf Betreiben ihrer Parteifreunde in eine Tennishalle im vorpommerschen Demmin stellen, Barther Blasmusik hören und reden, wie es überhaupt nicht ihre Art war. Merkel hat diesen Termin gehasst, sich jedoch den Erwartungen angepasst.

Also, zumindest dieses Beispiel beweist, dass nicht nur uns Wählern oder meinetwegen auch Nichtwählern beim Politischen Aschermittwoch geistige Gewalt angetan wird. Damit muss Schluss sein! Ernsthaft.

Probleme lösen!

Lieber an diesem Tag ein paar tatsächliche Probleme lösen! Die täglichen politischen Eiertänze sind – jedenfalls manchmal – amüsant genug. Oder wie das Duo Kerkeling/Schenk vor 30 Jahren sang: „(...) und wenn de ach ne Niete bist, so nimm des Lebe wie es is – mit Witzischkeit.“

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Man kann es aber auch mit dem 1910 verstorbenen Journalisten Otto Julius Bierbaum halten. Der sagte schon lange vorm ersten politischen Aschermittwoch: „Humor ist, wenn man trotzdem lacht.“

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