Pro und kontra: Sind junge Abgeordnete ein Gewinn für den Bundestag?

Das Plenum des alten Bundestages. Der neue ist jünger, weiblicher und diverser.

Das Plenum des alten Bundestages. Der neue ist jünger, weiblicher und diverser.

Berlin. Ins Parlament sind sie schon eingezogen, nun sollen die jungen neuen Abgeordneten Politik für alle Menschen machen: Im neuen Bundestag sind so viele unter 30-Jährige vertreten wie noch nie. Wir beschäftigen uns mit der Frage, ob das gut ist oder eher nicht. RND-Korrespondent Markus Decker findet, die Wahl der Jungen begünstige einen bestimmten Typ Berufspolitiker. RND-Volontär Maximilian Arnhold spricht sich dagegen für mehr junge Leute im Politikbetrieb aus – weil die Zeit dränge. Unser Pro und Kontra:

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Kontra: Die Karrierejugend hat keine Autorität

Von Markus Decker.

Eines vorneweg: Dass jetzt mehr junge Menschen in den Bundestag einziehen, ist richtig. Und es ist nötig. Das Parlament sollte die Bevölkerung möglichst repräsentativ abbilden. Und in einer alternden Gesellschaft müssen die auf der anderen Seite der Alterspyramide darauf achten, dass ihre Interessen etwa beim Klimaschutz oder der Rentenpolitik nicht vollends unter die Räder geraten.

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Der Aufmarsch der Jungen hat aber auch enorme Schattenseiten.

Eine Schattenseite ist, dass er einen bestimmten Typus von jungen Menschen begünstigt: akademisch gebildete, die selbstbewusst sowie rhetorisch beschlagen sind und wissen, wie man sich Netzwerke schafft. Denn auch Junge kommen ja nicht einfach so in den Bundestag, sie brauchen Helfer. Früher gab es den Typus karriereorientierter Jungprofi vorwiegend bei der Jungen Union oder den Jungen Liberalen. Heute findet man ihn längst auch bei der Grünen Jugend oder den Jungsozialisten – nur dass Letztere natürlich „die Welt retten“ wollen.

Zudem stellt sich die Frage, wie Menschen Mitte 20 ohne Berufs- und nennenswerte Lebenserfahrung eigentlich einem mittelständischen Unternehmer oder einer alleinerziehenden Mutter mit Autorität gegenübertreten wollen. Die Frage stellt sich umso mehr, als nicht wenige Jungparlamentarier noch nicht mal ihr Studium abgeschlossen haben.

Schließlich ist die Gefahr groß, dass U-30-Jährige Geschmack am Parlamentsbetrieb finden – an der eigenen Bedeutung, der öffentlichen Aufmerksamkeit und der Diät von über 100.000 Euro im Jahr – und nicht mehr wegwollen. Sie bräuchten dann noch mehr Anpassungsbereitschaft als die, die sie ohnehin brauchen, um ins Hohe Haus zu gelangen. Und sie sähen dann sehr bald ziemlich alt aus.

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Pro: Die Perspektive junger Menschen ist bitter nötig

Von Maximilian Arnhold.

Junge Menschen gehören auch ohne viel Lebens- und Berufserfahrung in die Politik. ­Denn ihre Perspektive braucht es heute mehr denn je, um auf Augenhöhe mit Wählerinnen und Wählern aller Altersgruppen zu reden und die richtigen Themen zu adressieren. Andernfalls grüßt bei manchen die Politikverdrossenheit.

Natürlich müssen die jungen Abgeordneten selbst auch die Mechanismen der Demokratie verstehen: Schule, Ausbildung oder Uni sind dafür ebenso wie zivilgesellschaftliches Engagement die Grundlage. Aber warum ist zwingend ein Abschluss erforderlich, wenn die Probleme so drängend sind, dass sie nicht warten können?

Die neuen Abgeordneten sprechen für eine Generation, für die es um unfassbar viel geht: Die Klimakrise, die Auswirkungen der Corona-Pandemie und der Umbau des Rentensystems werden sie noch jahrzehntelang beschäftigen. In der Vergangenheit wurden ihre Anliegen zudem viel zu wenig gehört, wie etwa Versäumnisse in der Klimapolitik zeigen.

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An wen sollen sie sich wenden, wenn ihre Volksvertretung einzig aus Menschen jenseits der 30 (oder eher 50) Jahren besteht? Emilia Fester (Grüne), mit 23 Jahren die jüngste Bundestagsabgeordnete, drückt das so aus: „Ich will der Jugend eine Stimme geben, damit sie nicht immer lauter schreien muss.“

Sich in so jungem Alter schon auf heiß umkämpften Wahllistenplätzen durchzusetzen, ist zudem eine persönliche Leistung, die für einiges politisches Talent spricht, sei es fachlich, rhetorisch oder im Netzwerken. Es ist gut, wenn solche jungen Leute Verantwortung übernehmen.

Ohnehin werden die Newcomer es in der Bundespolitik schwer genug haben. Auch wenn der Bundestag jünger geworden ist: Von den 735 Abgeordneten im Bundestag sind gerade mal sechs unter 25. Der Altersdurchschnitt aller Parlamentarier liegt bei 47,5 Jahren.

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