Putins Propagandatruppen: Wie russische Staatsmedien in den Kriegsmodus gehen
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Das Logo des staatlichen russischen TV-Senders „Russia Today" (RT) ist im Fenster des Firmenbüros in Moskau zu sehen.
© Quelle: Pavel Golovkin/AP/dpa
Berlin. Als Putin den Befehl zum Überfall auf die Ukraine gibt, sind auch seine Informationskrieger schussbereit. Ihre Mittel sind nicht Panzer und Gewehre, sondern Worte, Bilder und Videos. „Putin beginnt militärische Sonderoperation zum Schutz des Donbass und Entnazifizierung der Ukraine“, titelt RT DE, der deutschsprachige Ableger des international agierenden Kremlmediums, bereits um 4.30 Uhr am frühen Donnerstagmorgen.
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Kein Angriffskrieg, sondern eine „Sonderoperation“. Keine Verletzung der ukrainischen Souveränität, sondern eine „Entnazifizierung“. Es sind Putins Worte, die hier verbreitet werden – unhinterfragt und ohne den Versuch, noch einen Anschein journalistischer Sorgfalt zu wahren.
So wie Putins Regierung sich in den vergangenen Wochen und Monaten auf einen Krieg vorbereitet hat, haben auch RT DE und andere Staatsmedien und Propagandakanäle Vorbereitungen getroffen. „Der russische Angriffskrieg in der Ukraine wird von einer breit angelegten Propagandakampagne und von Akten hybrider Kriegsführung begleitet“, sagte der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag, Konstantin Kuhle, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
„Diese Maßnahmen des russischen Staates werden seit Jahren vorbereitet und treten gegenüber vielen Staaten in Europa auf“, sagte Kuhle. „Neben Cyberangriffen, der Finanzierung rechtspopulistischer Parteien in Europa und Desinformationskampagnen über die sozialen Medien spielt der Sender RT eine Schlüsselrolle“, erklärte er. „Ob mit Blick auf den Krieg gegen die Ukraine oder während der Corona-Pandemie. Sinn und Zweck der russischen Staatsmedien im Ausland ist das Sähen von Angst und Zwietracht.“
Auch die RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan betrachtet ihr Medium als kriegerisches Mittel. In einem Interview mit der Moskauer Onlinezeitung „Lenta“ erklärte sie bereits 2013: „Die Informationswaffe wird natürlich in kritischen Momenten eingesetzt, und ein Krieg ist immer ein kritischer Moment.“ Die EU und die USA haben Simonjan in den vergangenen Tagen in ihre Sanktionslisten aufgenommen. Die RT-Chefin darf nun nicht mehr in die Europäische Union einreisen.
Auch in Deutschland beteiligten sich RT DE und SNA News, der deutsche Ableger des mehrsprachigen russischen Staatsmediums Sputnik, zuletzt intensiv am russischen Vorhaben, die ukrainische Regierung als Aggressor und Russland als friedlichen Beschützer der russischsprachigen Bevölkerung in der Ostukraine darzustellen.
Sie verbreiteten die Kremlerzählung, nach der Russland keine Pläne für einen Angriff auf die Ukraine habe und lediglich Sicherheitsgarantien vom Westen fordere. Warnungen westlicher Geheimdienste vor russischen Invasionsplänen taten sie als haltlose Anschuldigungen ab.
Sprachrohr der Separatisten
Stattdessen verbreiteten RT und Sputnik unbelegte Behauptungen der Separatistenanführer in den selbsternannten „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk, nach denen das ukrainische Militär einen Angriff auf die Regionen plane und Sabotageaktionen durchführe.
Die offiziellen Staatsmedien sind dabei nicht allein: Sie agieren oftmals im Chor mit anonym betriebenen Social-Media-Kanälen und vermeintlich unabhängigen Medien, die laut Angaben westlicher Staaten unter der Kontrolle russischer Geheimdienste stehen.
Seine Propagandainfrastruktur lässt sich der russische Staat einiges kosten: RT und Sputnik betreiben ihre Onlineangebote, Radio- und Fernsehsender in mehreren Sprachen und Ländern. Dazu kommen die Videoagentur Ruptly und mehrere Spartenkanäle in den sozialen Medien.
Auch in Deutschland wollte RT DE im vergangenen Jahr einen eigenen Fernsehsender mit Liveprogramm in Betrieb nehmen. Wegen einer fehlenden Lizenz untersagte die Rundfunkkommission ZAK den Betrieb jedoch. RT DE geht juristisch dagegen vor und streamt sein Programm online weiter.
Hinter der Arbeit von RT stecke die ausgeklügelte Propaganda-Maschinerie des Kreml, sagt FDP-Politiker Kuhle. „Deutsche Behörden müssen nun im Zusammenspiel mit unseren europäischen Partnern prüfen, wie man die Aktivitäten von RT in Europa gänzlich unterbinden kann“, forderte er. Das gelte auch für weitere Sender und Angebote wie Sputnik und Ruptly.