Robert Habeck und Annalena Baerbock: kein Traumpaar mehr
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/EGPUXW5B4JE3HKHL2FYQCNGRGY.jpeg)
Die einst so harmonischen Grünen-Parteivorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock haben als Kabinettskollegen mittlerweile angeblich kein gutes Verhältnis mehr.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Liebe Leserin, lieber Leser,
nachdem Robert Habeck und Annalena Baerbock am 27. Januar 2018 beim Parteitag der Grünen in Hannover zu Vorsitzenden gewählt worden waren, lagen sie sich mächtig in den Armen. Das Duo wirkte frisch und einander zugetan – wie zwei Menschen am Bahnhof, die sich seit Jahren nicht gesehen hatten. Neben allerlei Fotografen und Kameraleuten stand unter anderem Simone Peter daneben. Die bis dahin amtierende Grünen-Chefin applaudierte. Doch ihr Gesichtsausdruck sagte so viel wie: „Bildet euch bloß nicht ein, dass das mit der Harmonie so bleibt.“ Peter wusste, wovon sie sprach. Sie hatte mit ihrem Co-Vorsitzenden Cem Özdemir einen Rosenkrieg hinter sich, der erst in Hannover so richtig zu Ende ging.
Habeck und Baerbock zogen dann zusammen – nein, nicht in eine gemeinsame Wohnung, sondern in ein gemeinsames Büro, oben in der Berliner Grünen-Geschäftsstelle, schräg gegenüber vom Bundeswirtschaftsministerium, in dem Habeck jetzt das Sagen hat. Auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sollten für beide gemeinsam arbeiten.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/JA3W2YATFYFJB73FLVTTIT7CKQ.jpg)
Robert Habeck und Annalena Baerbock beim Grünen-Parteitag in Hannover im Januar 2018, kurz nachdem sie zur neuen Parteispitze gewählt worden sind.
© Quelle: dpa
Zwar lebte der Mann aus Flensburg wohl damals in dem Glauben, dass die grüne Kanzlerkandidatur – sollte es denn eine geben – nur auf ihn zulaufen könne, die Frau aus dem Niedersächsischen sagte beim Parteitag jedoch, sie sei keineswegs nur „die Frau an Roberts Seite“. Aber was sollte schon schiefgehen?
Fast fünf Jahre später winden sich andere Spitzengrüne, wenn sie das Verhältnis der einstigen Vorsitzenden beschreiben sollen. Dann heißt es: „Die beiden werden voraussichtlich nicht mehr in eine WG ziehen.“ Doch ihr Umgang miteinander sei „professionell“. Der Vizekanzler und die Außenministerin wüssten schließlich, dass sie aufeinander angewiesen seien. Das schaffe „einen wunderbaren Arbeitsmodus“. Habeck und Baerbock können sich also nicht mehr ausstehen. Das hilft nur nichts.
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Spotify Ltd., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Manchmal wird das Konkurrenzverhältnis auf einen Blick sichtbar. So sah man kürzlich in der „Süddeutschen Zeitung“ auf der oberen Hälfte einer Seite einen Bericht über seine Afrikareise, auf der unteren Hälfte wurden die Leserinnen und Leser über ihre Indien-Reise informiert. In einer Welt, die auf Wettbewerb geeicht ist, stehen auch diese zwei im Wettbewerb miteinander – objektiv und ohne eigenes Zutun. Er oben, sie unten. So war die Lage an diesem Tag.
Baerbock unterzeichnet Migrations- und Mobilitätsabkommen mit Indien
Außenministerin Baerbock zeigte sich bei ihrem Besuch beeindruckt von der größten Demokratie der Welt.
© Quelle: Reuters
Nachdem Baerbock das Rennen um die Kanzlerkandidatur im vorigen Jahr für sich entschied und Habeck erkennbar darunter litt, kündigt sich das nächste Rennen freilich längst an. Bis zum Sommer lautete das allgemeine Urteil, diesmal werde er es – wirklich. Das, was im Berliner Regierungsviertel und darüber hinaus heutzutage als „Performance“ charakterisiert wird, schien zu bestechend.
Doch folgte die Schwächephase des Wirtschaftsministers, ausgelöst durch die Turbulenzen um die Gasumlage. Er wirkte angeschlagen. Und Beobachter registrierten aufmerksam, dass alle möglichen Parteifreundinnen und ‑freunde dem Angeschlagenen beisprangen – nur sie nicht. Was beide neben der Partei- und Kabinettszugehörigkeit noch verbindet: ihr Ehrgeiz. Für wechselseitige Weihnachtskarten scheint es eher nicht mehr zu reichen.
Die Partei hat jedenfalls längst erkannt, was da auf sie zukommt, und ihre Schlussfolgerung gezogen. Hieß es vor der Bundestagswahl 2021 noch, Habeck und Baerbock würden die Kanzlerkandidatur vertrauensvoll unter sich ausmachen, soll es vor der Wahl 2025 die Basis richten – mit einer Urwahl. Von Anfang 2023 aus betrachtet wären das nur noch zwei Jahre.
Ja, das Leben ist kurz – auch bei den Grünen.
Bittere Wahrheit
Das Rentenalter noch weiter auf 69, 70 oder 75 zu erhöhen ist falsch und unfair, denn das würde eine reale Rentenkürzung für viele Menschen bedeuten, die einfach nicht so lange arbeiten können.
Hubertus Heil (SPD),
Bundesarbeitsminister, in der „Rheinischen Post“
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/5YFKJLXDXZGSJEFA2AE6LDQF5A.jpeg)
Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales.
© Quelle: Britta Pedersen/dpa
Die SPD hat es gut. Sie regiert. Die SPD hat es aber auch nicht so gut. Denn wer regiert, hat Probleme. Eines davon ist jetzt die Sache mit der Rente.
Die große Koalition hatte auf Betreiben der SPD ja die Rente mit 63 eingeführt. Wer 45 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, kann sich dann ohne Abschläge zur Ruhe setzen. Andere müssen in diesem Fall Abschläge hinnehmen. Dummerweise wirkt sich die Alterung der Gesellschaft jetzt immer deutlicher aus. Es fehlen Arbeitskräfte. Und es fehlen Beitragszahler und ‑zahlerinnen, die die Rente der Ruheständler finanzieren. Gelingt es nicht, die Lücke durch Zuwanderer zu füllen, müssen andere Lösungen her. Dazu könnte die Anhebung des Rentenalters gehören – auch wenn es der SPD nicht gefällt.
Wie das Ausland auf die Lage schaut
Die liberale schwedische Tageszeitung „Dagens Nyheter“ (Stockholm) kommentiert Japans geplante Milliardenausgaben für die Verteidigung:
„Lange Zeit spielten Deutschland und Japan ähnliche Rollen in internationalen Krisen. Die Aufgabe bestand darin, sich um Rechnungen zu kümmern, sich aber ansonsten herauszuhalten, während die USA und andere Verbündete die Ordnung wiederherstellten. Die Schrecken des Zweiten Weltkriegs standen den Alternativen im Weg. Aber genau wie in Deutschland hat Putins Krieg in der Ukraine auch in Japan zu einem Wendepunkt geführt. Und der Wandel dort ist in vielerlei Hinsicht dramatischer. Ziel ist es, die japanischen Verteidigungsausgaben schnell auf 2‑Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu verdoppeln.
Japan ist überzeugt worden, wie wichtig es ist, mehr Verantwortung für seine eigene Verteidigung zu übernehmen. Und der Schatten Chinas wird durch die nukleare Bedrohung vonseiten Nordkoreas weiter verdunkelt. Eine solide Verteidigungsmacht schafft Handlungsspielraum. China das alleinige Recht darauf zu geben wäre lebensgefährlich.“
Die spanische Zeitung „El País“ kommentiert die Gefahren für die Demokratie durch „Reichsbürger“:
„Die Ausbreitung radikalisierter und antidemokratischer Gruppen in Demokratien ist beunruhigend. Obwohl die Verschwörung der Reichsbürger operettenhaft anmutet, mit bombastischen Titeln und Pässen eines imaginären Reiches, halten die deutsche Polizei und Geheimdienste sie für hochgefährlich. Nicht nur wegen ihrer antisemitischen Ideen und Sympathien für den Nationalsozialismus, sondern wegen der Putschpläne, die die Ermordung von Politikern, den Angriff auf demokratische Institutionen und die Abschaffung der Republik zur Wiederherstellung des Deutschen Reiches vorsahen.
Der Anführer der Putschisten stammt aus einer Adelsfamilie, seine Ideen und Sprache aber gehören zum antielitären Populismus einer radikalisierten, rassistischen und fremdenfeindlichen extremen Rechten. Dabei handelt es sich nicht um eine kleine Gruppe harmloser Verschwörer, sondern um ein breites Netzwerk. Die Sympathien dieser Kreise für (Russlands Präsidenten) Wladimir Putin sind Teil der langen Tradition der Affinität zwischen dem Autoritarismus der deutschen Rechten und dem Zarismus und machen auf die Fragilität der Demokratie sogar in solchen Ländern aufmerksam, in denen sie fest verankert ist.“
Das ist auch noch lesenswert
Wie sich deutsche Politiker für Verfolgte im Iran einsetzen
Warum Justizminister Buschmann die Klimakleber warnt
Weshalb sich die CDU mit der AfD weiterhin schwertut
Das „Hauptstadt-Radar“ zum Hören
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Spotify Ltd., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Das Autorenteam dieses Newsletters meldet sich am Donnerstag wieder. Dann berichtet meine Kollegin Eva Quadbeck. Bis dahin!
Herzlich
Ihr Markus Decker
Sie möchten uns Ihre Meinung zu den aktuellen Themen und Diskussionen in diesem Newsletter mitteilen? Oder möchten Sie Lob, Kritik und Anregungen mit uns teilen? Schreiben Sie uns gern eine E-Mail an hauptstadt-radar@rnd.de. Wir freuen uns auf Ihre Nachrichten. Wenn Sie keine Veröffentlichung wünschen, teilen Sie uns dies bitte in Ihrer E-Mail mit.
Abonnieren Sie auch
Der Tag: Das Nachrichten-Briefing vom RedaktionsNetzwerk Deutschland. Jeden Morgen um 7 Uhr.
Unbezahlbar: Wertvolle Tipps und Hintergründe rund ums Geld – immer mittwochs.
Klima-Check: Erhalten Sie die wichtigsten News und Hintergründe rund um den Klimawandel – jeden Freitag neu.
Die Pandemie und wir: Die wichtigsten Nachrichten der Woche, Erkenntnisse der Wissenschaft und Tipps für das Leben in der Krise – jeden Donnerstag
What’s up, America? Der USA-Newsletter liefert Hintergründe zu den Entwicklungen in Politik, Gesellschaft und Kultur – jeden zweiten Dienstag.
Das Stream-Team: Die besten Serien- und Filmtipps für Netflix und Co. – jeden Monat neu.
Mit RND.de, dem mobilen Nachrichtenangebot des RedaktionsNetzwerks Deutschland, dem mehr als 60 regionale Medienhäuser als Partner angehören, halten wir Sie immer auf dem neuesten Stand, geben Orientierung und ordnen komplexe Sachverhalte ein – mit einem Korrespondentennetzwerk in Deutschland und der Welt sowie Digitalexperten und ‑expertinnen aller Bereiche.