Röttgen nennt Scholz’ Ankündigung einen „Trick“, Hofreiter zeigt sich versöhnlich
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Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit dem stellvertretenden Regierungssprecher Wolfgang Büchner.
© Quelle: IMAGO/Jens Schicke
Berlin. Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Außenexperte Norbert Röttgen hat die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Freitag angekündigte Aufstockung der Rüstungshilfe für Partnerländer einschließlich der Ukraine auf 2 Milliarden Euro als „Trick“ kritisiert. „Das ist ein Vorschlag, der nicht der Ukraine helfen soll, sondern der Koalition, um im Streit über Waffenlieferungen eine gesichtswahrende Lösung zu finden“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Die Koalition räumt ihren Problemen in dieser historischen Bewährungsphase für Deutschland und Europa Vorrang ein vor ihrer Verantwortung vor der Großoffensive Russlands in der Ostukraine. Ich finde das unmöglich.“
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Röttgen fügte hinzu: „Tatsächlich handelt es sich um einen durchschaubaren Trick. Es wird so getan, als würde in großem Stil geholfen. Tatsächlich setzen diese Hilfen aber einen Nachtragshaushalt voraus. Und der wird wahrscheinlich erst im Juni kommen. Doch die Ukraine braucht die Waffen jetzt.“ Sollte die Ukraine mit dem Geld in Deutschland Waffen kaufen, müssten diese Exporte überdies genehmigt werden, so der CDU-Politiker. Das habe dann wiederum Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) „am Bein“.
Barley: „Starkes Zeichen“
Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), sagte dem RND zu Scholz‘ Ankündigung: „Ich finde das richtig. Das ist ein erster wichtiger Schritt. Aber es ersetzt nicht die Lieferung von schweren Waffen. Außerdem brauchen wir weiterhin das Energieembargo, um Russlands Kriegsmaschinerie von den Einnahmen abzuschneiden. Insbesondere ein Erdölembargo wäre sehr schnell umsetzbar. Fast alle europäischen Länder sind dafür.“
Die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley (SPD), sagte dem RND: „Die Ukraine ist von Russland überfallen worden, ohne jedes Verschulden. Sie kämpft für das Leben ihrer Bewohnerinnen und Bewohner, für ihr Überleben als unabhängiger Staat und für die Einhaltung von Völkerrecht. Dafür braucht sie taugliche Waffen – schnell.“ Barley fuhr fort: „Dass die Bundesregierung so erhebliche Summen für die Stärkung der ukrainischen Verteidigung bereitstellt, ist ein starkes Zeichen – an die Ukraine, für die Geschlossenheit der Europäischen Union und für die Verteidigung unserer gemeinsamen Werte.“
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte am Freitagabend auf Twitter mitgeteilt, Scholz habe die Summe frühzeitig angefordert. Sie solle über den Ergänzungshaushalt bereitgestellt werden. Nach Angaben einer Regierungssprecherin hatten sich die beteiligten Ressorts schon vor zwei Wochen grundsätzlich darauf verständigt, die Mittel für die sogenannte Ertüchtigungsinitiative substanziell zu erhöhen. In der vergangenen Woche sei die Summe auf insgesamt 2 Milliarden Euro festgesetzt worden. Die Bundesregierung hatte die Ertüchtigungsinitiative 2016 ins Leben gerufen, um Partnerländer in Krisenregionen dabei zu unterstützen, selbst für Sicherheit zu sorgen.
Die 2 Milliarden Euro stehen nach RND-Informationen spätestens im Juni mit der Verabschiedung des Gesamthaushalts zur Verfügung; würden sie zur außerplanmäßigen Ausgabe deklariert, wären die Mittel auch eher frei.
Weiter Streit um schwere Waffen
Die Bundesregierung hatte sich kurz nach Kriegsbeginn entschieden, die Ukraine mit Waffenlieferungen zu unterstützen. Bisher sind unter anderem Panzerfäuste, Luftabwehrraketen, Maschinengewehre, aber auch Fahrzeuge, Nachtsichtgeräte und Schutzausrüstung geliefert worden. Die Ukraine fordert von der Bundesregierung mit Blick auf die erwartete Großoffensive im Osten des Landes auch die Lieferung schwerer Waffen.
Darüber ist indes noch keine Entscheidung in der Bundesregierung gefallen. Auch die Bildung des 2-Milliarden-Topfes sagt darüber nichts aus. Grüne und FDP sind für die Lieferung schwerer Waffen, die SPD ist gespalten. Scholz hat sich noch nicht festgelegt. Er betont, dass die Entscheidung darüber in Abstimmung mit den Bündnispartnern getroffen werde.
RND/mit dpa