Verhandlungen in Genf

„Geste guten Willens“: Russland erklärt sich zu Verlängerung des Getreideabkommens bereit

Sergei Werschinin (links), stellvertretender Außenminister von Russland, verhandelt in Genf zu einer Fortführung des Abkommens.

Sergei Werschinin (links), stellvertretender Außenminister von Russland, verhandelt in Genf zu einer Fortführung des Abkommens.

Russland ist zu einer Verlängerung des Getreideabkommens bereit, das Exporte aus der Ukraine ermöglicht. In Gesprächen mit Vertretern der Vereinten Nationen erklärte die russische Delegation am Montag in Genf, die Vereinbarung könne um 60 Tage verlängert werden. Gleichzeitig verlangt die russische Seite Änderungen in der Umsetzung des Abkommens. Die Vereinbarung läuft am Samstag aus; in Genf wurde über eine Verlängerung von 120 Tagen verhandelt. „Das ist so eine Art Geste guten Willens von Russland in der Hoffnung darauf, dass nach Ablauf so langer Zeit die Bedingungen und Verpflichtungen, die bestimmte Seiten auf sich genommen haben, erfüllt werden“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge.

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Die UN und die Türkei hatten die Einigung zwischen Russland und der Ukraine im Juli vermittelt. Danach kann die Ukraine Getreide und Düngemittel über drei ihrer Schwarz­meer­häfen exportieren. Nach 120 Tagen wurde das Abkommen im November verlängert und läuft erneut am Wochenende aus, sollte keine neuerliche Einigung erzielt werden. Die Regierung in Moskau zeigte sich unzufrieden damit, dass ein paralleles Abkommen, das die Ausfuhr von russischem Getreide und Dünger ermöglichen soll, nicht wie gewünscht funktioniert. UN-Generalsekretär António Guterres sei „es leider nicht gelungen, die blinde Mauer des kollektiven Westens zu durchschlagen“, sagte Peskow. Bisher wurden unter der Vereinbarung nur wenige Düngemittel aus Russland ausgeführt und überhaupt kein Getreide.

Guterres räumte bei den Verhandlungen in Genf ein, dass es bei den russischen Exporten noch hakt und versprach erneut, sich für eine Erleichterung russischer Exporte von Getreide und Dünger einzusetzen. Kiew müsste dem russischen Vorschlag einer Verlängerung um 60 Tage auch noch zustimmen.

Ukraine ist drittgrößter Rüstungsimporteur
ARCHIV - 20.02.2023, Niedersachsen, Munster: Ein ukrainischer Soldat steht vor einem Schützenpanzer Marder bei einem Besuch von Bundesverteidigungsminister Pistorius bei der Panzertruppenschule im niedersächsischen Munster. (zu dpa «Ukraine steigt zu drittgrößtem Rüstungsimporteur auf» und «Bericht: Rüstungsimporte nach Europa stark gestiegen») Foto: Christian Charisius/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Die Ukraine ist in Folge des russischen Angriffskriegs innerhalb eines Jahres zu einem der größten Importeure von Rüstungsgütern weltweit geworden.

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Lieferausfall hätte weltweite Konsequenzen

Es habe sich erneut bestätigt, dass der Export ukrainischer Produkte vorangehe und Kiew beträchtliche Gewinne einbringe, teilte die russische Delegation mit. Die russischen Agrar­exporteure unterlägen jedoch nach wie vor Beschränkungen. „Die von Washington, Brüssel und London angekündigten Ausnahmen von Sanktionen für Lebensmittel und Düngemittel sind im Wesentlichen inaktiv“, hieß es.

Moskau will erreichen, dass russisches Ammoniak über eine Pipeline durch die Ukraine zu Schwarzmeerhäfen geleitet wird, um von dort exportiert zu werden. Russische Vertreter sagten auch, dass Bank­beschränkungen und hohe Versicherungs­kosten ihre Hoffnungen auf den Export von Dünger beeinträchtigten. Darüber verhandelten in Genf die General­sekretärin der UN‑Konferenz für Handel und Entwicklung, Rebeca Grynspan, und Martin Griffiths, Leiter der UN‑Agentur für humanitäre Hilfe, mit einer russischen Delegation unter der Leitung des stellvertretenden Außenministers Sergej Werschinin.

Eine Öffnung der Ammoniakpipeline ist politisch brisant. Kiew hat als Gegenleistung die Freilassung ukrainischer Kriegsgefangener ins Spiel gebracht. Gefangenenaustausche finden inzwischen regelmäßig statt, aber zur Öffnung der Pipeline hat die Regierung sich nicht geäußert. Kiew seinerseits will erreichen, dass auch andere Häfen genutzt werden können, insbesondere Mykolajiw.

Es steht viel auf dem Spiel: Die Ukraine und Russland sind wichtige Lieferanten von Weizen, Gerste, Sonnen­blumen­öl und anderen Nahrungsmitteln für Länder in Afrika, im Nahen Osten und in Teilen Asiens. Vor dem Krieg war Russland außerdem der weltweit größte Exporteur von Düngemitteln. Der Ausfall dieser Lieferungen nach der russischen Invasion im Februar 2022 trieb die Lebens­mittel­preise weltweit in die Höhe und schürte die Sorge vor einer Hungerkrise in ärmeren Ländern. Das Getreide­abkommen sieht vor, dass Vertreter der UN, Russlands, der Ukraine und der Türkei die Schiffsladungen kontrollieren, um sicherzustellen, dass tatsächlich nur Lebensmittel und keine Waffen an Bord sind.

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Bis Mitte März wurden gut 24 Millionen Tonnen Getreide und Nahrungsmittel exportiert. Zurzeit sind es drei bis vier Millionen Tonnen im Monat, das Potenzial wären aber sieben Millionen. Sechs Prozent der Exporte kamen den ärmsten Ländern zugute. Die Preise für Nahrungsmittel seien nach dem Rekordhoch im März 2022 über zehn Monate stetig zurückgegangen. Unter den Empfängerländern sind unter anderem Afghanistan, Äthiopien, der Irak und der Jemen. Dahin gehen aber nur kleine Mengen von wenigen zehn- oder hunderttausend Tonnen. Der Großteil der gut 920 Schiffe wurde nach China geliefert: 5,2 Millionen Tonnen bis Mitte März, gefolgt von Spanien mit 4,2 Millionen Tonnen. Das seien aber womöglich nicht die endgültigen Ziele der Lieferungen, so die UN. In Deutschland kamen bis Anfang März gut 350.000 Tonnen an.

RND/AP/dpa

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