„Berlusconi küsst Putins blutige Hände“ und macht Selenskyj für Krieg in der Ukraine verantwortlich
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Aus dem Jahr 2015: Der ehemalige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi (links) begrüßt den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu einem Arbeitsbesuch am Flughafen Fiumicino.
© Quelle: Telenews/ANSA7EPA/dpa
Rom. Am vergangenen Donnerstag hatte sich Regierungschefin Giorgia Meloni am Rande des EU-Gipfels noch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj getroffen und ihm weitere Hilfen zugesichert. Und nur 72 Stunden später fährt ihr der Koalitionspartner in die Parade: „Wenn ich Premier wäre, dann würde ich nicht mit Selenskyj sprechen“, kritisierte Berlusconi Ministerpräsidentin Meloni. Denn der ukrainische Präsident sei verantwortlich für die Verwüstungen seines Landes und das Massaker an den Soldaten und den Zivilistinnen und Zivilisten.
„Der Krieg wäre nicht passiert, wenn Selenskyj aufgehört hätte, die beiden autonomen Republiken im Donbass anzugreifen“, erklärte Berlusconi seine ganz eigene Sicht auf die Dinge. Er habe deshalb eine „sehr, sehr schlechte Meinung von diesem Signore“.
Berlusconi übernimmt Putins Propaganda
Berlusconi übernimmt damit, nicht zu ersten Mal, den Standpunkt des russischen Machthabers Wladimir Putin, mit dem ihn eine seit über zwei Jahrzehnten andauernde Männerfreundschaft verbindet. Kremlpropaganda verbreitete Berlusconi am Sonntagabend auch bezüglich der Finanz- und Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine: „Um zu einem Frieden zu kommen, müsste sich US-Präsident Joe Biden Selenskyj zur Brust nehmen und ihm sagen: ‚Wenn du nicht in einen Waffenstillstand einwilligst, dann schicken wir dir ab morgen keine Dollars und keine Waffen mehr.‘ Nur damit könnte man diesen Signore dazu bringen, das Feuer einzustellen.“
Die Einlassungen Berlusconis haben Regierungschefin Giorgia Meloni in tiefe Verlegenheit gestürzt: Sie selbst hat zwar immer glaubhaft bekräftigt, dass Italien unter ihrer Führung an der Seite der Ukraine stehe. Aber sie weiß auch, dass in den USA und im Nato-Hauptquartier nach wie vor eine gewisse Skepsis herrscht, zumal Berlusconi nicht der einzige ihrer Koalitionspartner ist, der aus seiner Putin-Nähe keinen Hehl macht.
Putin rechtfertigt den Krieg gegen die Ukraine und droht Deutschland
80 Jahre nach dem Sieg der Roten Armee über die Wehrmacht in der Schlacht um Stalingrad hat Kremlchef Wladimir Putin dem einstigen Gegner Deutschland gedroht.
© Quelle: dpa
Auch Lega-Chef Matteo Salvini hat mehrfach Zweifel an den italienischen Waffenlieferungen an Kiew geäußert, und erst vor wenigen Tagen hat er sich öffentlich gegen einen Video-Auftritt Selenskyjs am Schlagerfestival von Sanremo gewendet.
Melonis Büro distanziert sich von Berlusconis Äußerungen – und verweist auf den Koalitionsvertrag
Melonis Büro hat sich in einer Note umgehend von den Äußerungen Berlusconis distanziert: Die Regierung sei „standfest und überzeugt“ von ihrer Unterstützung für die Ukraine. Und für den Fall, dass es jemand vergessen haben könnte, erinnerte Meloni außerdem daran, dass dies auch im Koalitionsvertrag der drei Regierungsparteien so festgeschrieben sei. Bis jetzt haben die Parlamentarier der Koalition bei den Abstimmungen, bei denen es um finanzielle, logistische oder militärische Unterstützung der Ukraine ging, jeweils zugestimmt, auch die Vertreter von Berlusconis Forza Italia und von Salvinis Lega.
Berlusconi hatte Meloni mit seiner Putin-Freundschaft zuletzt im Oktober in Verlegenheit gebracht: Mitten in der Regierungsbildung nach dem Wahlsieg der Rechtskoalition platzte der Ex-Premier mit der Ansage heraus, dass er „die Beziehungen zu Präsident Putin ein wenig wiederhergestellt habe, eigentlich sogar sehr“. Putin habe ihm zu seinem Geburtstag am 29. September „zwanzig Flaschen Wodka und einen allerliebsten Brief geschickt, und ich habe mit einigen Flaschen Lambrusco und einem ebenso süßen Brief geantwortet.“ Putin habe ihn, Berlusconi, in dem Brief als „den besten seiner fünf wahren Freunde“ bezeichnet, fügte der ehemalige Ministerpräsident noch an.
Damals war aber, wie erwähnt, erst Regierungsbildung. Heute jedoch sitzt Berlusconi als Parteichef der Forza Italia als unverzichtbarer Partner am Regierungstisch des Nato-Mitglieds Italien. Jetzt haben seine Worte ungleich mehr Gewicht. Kiew hat gestern entsprechend scharf protestiert: „Mit seinen unerhörten Attacken gegen den Präsidenten Selenskyj küsst Berlusconi die Hände Putins, die bis zum Ellbogen mit Blut besudelt sind“, tönte es aus dem ukrainischen Außenministerium.