Sorry, ich steig da nicht mehr durch! Warum mich die deutsche Corona-Politik massiv überfordert

Computerbild eines Coronavirus.

Computerbild eines Coronavirus.

Nun tagen sie wieder. So auch gestern. Sie sitzen zusammen bei Kaffee und Keksen, man schilt, hadert, muckt. Es geht um das Für und Wider von Anti-Corona-Maßnahmen, es geht um 1G, 2G, 2G plus, 3G, um Quarantäne­verkürzung, Booster-Pflichten, Stoß­lüften, Omikron und die Frage, wie das eigentlich sein kann, dass das siebzehnt­reichste Land der Welt im dritten Jahr der Pandemie seine PCR-Tests priorisieren und ärmeren Menschen damit faktisch verweigern will.

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Von der „Omikron-Wand“ wird wieder die Rede sein, von Inzidenzen jenseits der 1000, von Ermattung und Frust und der leidigen Tatsache, dass niemand sagen kann, wie lange diese ganze ekelhafte Zumutung noch anhalten wird. Dann werden sich Karl Lauterbach und Olaf Scholz aschgrau vor die Kameras begeben und sich näselnd und maulig die üblichen Politsimulations­rituale abringen.

Noch eine fruchtlose Anbrüllerei bei Twitter? Noch ein sinnloser Versuch, Fakten von Wahnsinn zu trennen und eine verirrte Telegram-Seele ins Reich der Aufklärung heimzuführen? Ich schütze mich selbst und schalte ab. Wie schrieb einst Arno Schmidt? „Ich bin, wie jeder anständige Mensch, meiner Ansichten oftmals müde.“

Ich muss etwas gestehen: Ich kann das nicht mehr ertragen. Ich sollte wohl willens und in der Lage sein, jede einzelne Verästelung der Corona-Bekämpfungs­debatte aufmerksam zur Kenntnis zu nehmen. Zuzuhören, zu folgen, zu verstehen. Aber das ist vorbei. Es geht nicht mehr. Mein emotionaler Corona-Arbeits­speicher flackert und raucht, und die Sache in die Cloud auszulagern, schaffe ich technisch nicht.

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Noch eine fruchtlose Anbrüllerei bei Twitter? Noch ein sinnloser Versuch, Fakten von Wahnsinn zu trennen und eine verirrte Telegram-Seele ins Reich der Aufklärung heimzuführen? Ich schütze mich selbst und schalte ab. Wie schrieb einst Arno Schmidt? „Ich bin, wie jeder anständige Mensch, meiner Ansichten oftmals müde.“

„Ich bin, wie jeder anständige Mensch, meiner Ansichten oftmals müde“

Am Montag war wieder Minister­präsidenten­runde. Der Corona-Expertenrat wird sich mitteilen. Es wird neue Einlassungen des Bundes­kanzlers geben. Jemand wird warnen und mahnen. Gut, schön, alles sehr verdienstvoll. Hoffen wir das Beste. Ich trage all das mit, was da beschlossen wird. Mein Vertrauen ist noch nicht gänzlich aufgebraucht. Ich bin überzeugt, dass Menschen, die haupt­beruflich Pandemien bekämpfen und Uniabschlüsse vorweisen können, noch immer die geeigneteren Verantwortungs- und Entscheidungs­träger sind als Klaus-Dieter von der Youtube-Universität, in dessen Kurzbiografie steht, er sei „weder rechts noch links“ und „denkt selbst“. Glückwunsch, Klaus-Dieter.

Aber ich kann selbst längst nicht mehr auf Anhieb sagen, wie viele Personen derzeit im Stehen in Innenräumen bei guter Belüftung ohne Chorgesang mit Büfett, aber ohne Mehrweg­geschirr länger als zwei Stunden mit 3G oder 3G plus anderen Menschen näher als 1,50 Meter kommen dürfen, ohne sich strafbar zu machen.

Es gibt keine besseren Werkzeuge gegen die Pandemie als Impfen, gesellschaftliche Fairness bei der Risiko­verteilung, perfekte Aufklärung, die klare Bekämpfung dämlicher Fake News und vor allem: Solidarität und Geduld. Ich bin aber Skeptiker, was die politische Kommunikation zu Corona angeht. Denn die jüngste bürokratische Besessenheit mittlerer Verwaltungs­ebenen, dieser leidige, oft unlogische, aktionistische Überbietungs­wettbewerb von Willkür und Unfug, mit dem deutsche Behörden in antipandemischem Übereifer versuchen, es wirklich allen recht zu machen und jedes Haftungs­risiko zu minimieren, hat in meinem Schädel einen pandemischen „TILT!“-Zustand erzeugt. Als sei ich ein alter Spiel­automat, und jemand hat zu feste gegen meinen pandemie­mürben Korpus getreten. Ich schalte schnell ab.

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Spielregeln, die ich nicht beherrsche

Es scheint Jahrzehnte her, dass wir auf Balkons gesungen und Regenbogen­bilder in unsere Fenster gestellt haben. Wir waren andere Menschen. Inzwischen fühle ich mich als eingeschränkt gutwilliger, aber massiv überforderter Medien­konsument wie ein rätselnder Zaun­gast am Rande eines überladenen Spieltisches voller bunter Mystery­figuren, Zauberer, Gnome, Zauber­karten und leuchtender Höhlen und Burgen, an dem eine Menge besessener, mir völlig fremder Nerds ein monate­langes Fantasy­spiel namens „Omikron & Dragons“ spielen – nach komplizierten, ständig wechselnden Regeln, die ich nicht beherrsche. Quasi „Dungeons & Dragons“ für Seuchen­zeiten.

Der Grund für meinen Fatalismus: Der Umgang der deutschen Gesellschaft mit dieser Pandemie ist unterm Strich ein schmerzhaftes, gewaltiges, nicht für möglich gehaltenes Desaster.

„Nein, Imre! – du kannst nicht mit den anderen Elfen in die ‚Schenke der Lebensfreude‘ ziehen, erst, wenn du vorher im Buchstaben­wald am Baum Omikron eine goldene Druidenkarte gezogen und dein Energie­level auf 2G plus geboostert hast! Sonst verlierst du am Schutz­brunnen all deine Zauber­stäbe!“ – „Aber ich hab doch die gelbe Level-plus-Karte mit der Grünen Esche der Freiheit gezogen …?“ – „Aber die gilt doch nur drei Monate, Dummerchen! Das haben wir dir jetzt tausendmal erklärt. So, zieh jetzt bitte eine Rohstoff­karte … Oh, Johnson & Johnson, da muss du jetzt noch einmal extra in die Höhle des Sehers, um dein drittes Auge freizuschalten …!“ – „Mein, äh …?“

Der Grund für meinen Fatalismus: Der Umgang der deutschen Gesellschaft mit dieser Pandemie ist unterm Strich ein schmerzhaftes, gewaltiges, nicht für möglich gehaltenes Desaster.

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1. Warum kümmern niemanden die täglichen Toten?

Ich möchte nicht Teil einer Gesellschaft sein, die angesichts von bisher 116.746 Corona-Toten einfach weiter „Squid Game“ guckt und das Dschungelcamp feiert. An jedem einzelnen Tag, den Gott werden lässt, stürzt in Deutschland seit Monaten ein imaginäres Flugzeug mit mehr als 100 Insassen ab und zerschellt auf einem Acker im Nirgendwo. Niemand überlebt.

Die gesellschaftliche Reaktion auf diese Katastrophe geht über Schulter­zucken kaum hinaus. Vereinzelt ist zu hören: „Die waren ja eh alt.“ Mitgefühl für die Hinter­bliebenen? Kaum. Statt­dessen gibt es in den (a-)sozialen Medien sozial­darwinistisches Gemurre. Man könne ja wohl nicht jeden klapprigen Senioren schützen. Und dass massenhaft lebens­rettende Krebs­operationen und Herz­verpflanzungen verschoben werden müssen? Tja, ist halt Pech. Im übrigen schickt die Grippe ja auch viele ins Jenseits. Wann sind wir derart verroht geworden?

Wenn es noch eines Nachweises bedurft hätte, dass dieses Land kein überbordendes Interesse am Wohl­ergehen seines Nachwuchses hat und auf moderne Bildung pfeift, hat Corona ihn erbracht. Beim nächsten Bildungs­politiker, der in ein Mikrofon spricht, Kinder seien die Zukunft dieses Landes, muss ich leider schreien.

2. Warum würdigt niemand den Beitrag der Kinder?

Ich möchte nicht Teil einer Gesellschaft sein, die ihren Jüngsten mit großer Selbst­verständlichkeit und ohne mit der Wimper zu zucken zumutet, sich von einem längst nicht für jeden harmlosen gefährlichen Virus bitteschön durchseuchen zu lassen, und notfalls die ungeimpfte Oma anzustecken, weil Luftfilter halt auch einfach teuer sind und die Schulen bitte unbedingt aufbleiben sollen. Es wäre ein Leichtes gewesen, Schulen und Kitas für ein paar Millionen Euro technisch coronasicher zu machen. Es ist nicht geschehen. Wenn es noch eines Nachweises bedurft hätte, dass dieses Land kein überbordendes Interesse am Wohlergehen seines Nachwuchses hat und auf moderne Bildung pfeift, hat Corona ihn erbracht.

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Beim nächsten Bildungspolitiker, der in ein Mikrofon spricht, Kinder seien die Zukunft dieses Landes, muss ich leider schreien. Warum kommen die Kultusministerien mit der Lüge durch, es gehe ihnen allein um das Kindeswohl? Es geht um die Sicherstellung der Eltern­arbeit. Punkt. Die Gerontokratie Deutschland hat für ihre Jugend keine Idee. Das vergreisende Land verlacht lieber hämisch Fridays For Future und kauft sich SUVs.

3. Warum muss die Wissenschaft sich überhaupt verteidigen?

Ich möchte nicht Teil einer Gesellschaft sein, in der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bedroht, angegriffen, angezweifelt und massenhaft persönlich diffamiert werden, weil sie sich die Freiheit nehmen, wissenschaftlich zu arbeiten – nach 500 Jahre alten Kriterien, die bei Telegram und Youtube nicht gelehrt werden. Es ist ein publizistisches Armuts­zeugnis, wenn klickinteressierte Medien sich dann auch noch zum Sprachrohr leicht verführbarer Skeptiker aufschwingen.

Dummheit gepaart mit aggressiver Beharrung – selten war der Dunning-Kruger-Effekt klarer zu besichtigen: Brüllende Alpha­männchen, die in Unkenntnis ihrer eigenen Defizite außerstande sind, die Grenzen ihres eigenen Horizontes zu erkennen, sich statt­dessen im billigen Applaus loyaler Jünger suhlen und alles als „linksgrünversifft“ wegbeißen, was nicht in die eigene Agenda passt. Da braucht es nicht mal Julian Reichelt, das haben seine Jünger längst tief verinnerlicht.

Darf man Wissenschaftler kritisieren? Selbstverständlich. Sollte man dann aber auch wissen, was ein „Peer Review“ ist, welchen Ansprüchen wissenschaftliche Bücher standhalten müssen und was Historikerinnen von Reportern unterscheidet? Gewiss. Sonst wird’s peinlich.

Darf man Wissenschaftler kritisieren? Selbstverständlich. Sollte man dann aber auch wissen, was ein „Peer Review“ ist, welchen Ansprüchen wissenschaftliche Bücher standhalten müssen und was Historikerinnen von Reportern unterscheidet? Gewiss. Sonst wirkt es eben nur peinlich bis armselig, wenn ein zorndampfender Politico-Schreiber einer ausgewiesenen Expertin für die neue Rechte in den USA wie Annika Brockschmidt dröhnend vorwirft, sie habe für ihr (sehr komplexes und profundes) Buch „Amerikas Gotteskrieger“ gar nicht körperlich in den USA recherchiert.

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No shit, Sherlock? Schon mal was von Digital­archiven, Quellen­forschung, Skype gehört? Es ist ein typischer Reflex rechter Medien: die Quellen­diffamierung.

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4. Warum kriegt die Politik keinen Klartext hin?

Sich festnageln zu lassen ist niemals schön. Also bleibt man als Politiker lieber im Ungefähren. Olaf Scholz (kurze Frage: Hat den Mann irgendjemand gesehen in letzter Zeit?) ist ein Meister des Nebulösen. Das war im Wahl­kampf ungefähr zehn Minuten lang originell. Inzwischen aber muss man klar sagen: Olaf Scholz ist ein schlechter Redner, ein politischer Schlafwagen­schaffner und ein unbegabter Erklärer.

In einer Gesellschaft, die sich nach Klartext und Verlässlichkeit sehnt, in der Kanzler und Minister­präsidenten weltumarmende Leitsterne und Vorbilder sein müssen, nicht bloß Sach­walter und halbherzige Moderatoren, duckt sich die halbe politische Elite weg oder biedert sich gar dem „Querdenkertum“ an. Das politische Personal hinterlässt in der Pandemie einen verheerenden Eindruck.

Die Krisen­kommunikatoren: Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundes­gesundheits­minister Karl Lauterbach, beide SPD.

Die Krisen­kommunikatoren: Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundes­gesundheits­minister Karl Lauterbach, beide SPD.

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5. Warum haben Idioten so viel Sendezeit?

Im Grunde ist es nicht schwer, die gift­spritzenden Protagonisten des Schwurbel-Undergrounds zu identifizieren. Ihre Namen sind bekannt, ihre Motivation und Methoden erst recht. Trotzdem erhalten sie immer wieder mediale Bühnen, um mal mehr, mal weniger kritisch befragt ihren Unfug zu ventilieren – und zwar direkt in den verhassten Mainstream­medien. Mal sitzen sie in ARD und ZDF, mal sind sie Gegenstand ambitionierter Edelfeder­porträts, deren Versuche, sie zu entzaubern, aber allesamt scheitern. Unterm Strich: Sie finden öffentlich massiv statt. Das hat die Debatte in Deutschland im Gegensatz zu anderen europäischen Öffentlichkeiten vergiftet, verfälscht und verkompliziert.

Warum ist das so? Frage an Patricia Schlesinger, ARD-Vorsitzende und Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB)? Ihre Antwort: „Wenn wir die Wirklichkeit abbilden wollen, können wir das Phänomen der ‚Querdenker‘ nicht ignorieren“, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Wir müssen uns mit dem auseinandersetzen, was sie sagen, es aber nicht nur wiedergeben, sondern auch reflektieren und einordnen. Das bedeutet, zu kennzeichnen, was es ist: eine Minderheiten­meinung.“

Sorry, am Wochenende sind die Ämter nicht besetzt. Internet­verbindung auch schwierig. Faxpapier alle. Die Daten sind deshalb in den nächsten drei Wochen ein bisschen ungenau. War aber schon immer so. Hat bisher auch nicht geschadet. Können wir auch nicht ändern. Dann müssten wir mehr Leute einstellen und an diesen Dings, Computern schulen. Ist halt auch teuer. Und der Dieter, der das immer macht bei uns, der hat Hüfte.

Das stimmt ohne Zweifel – die große Gefahr aber beim flächen­deckenden Berichten über „Spazier­gänge“ von Anti­demokraten besteht darin, die Mär von der Spaltung der Gesellschaft weiter zu fördern. Diese Spaltung besteht zwar in der Tat – aber nicht zwischen zwei praktisch gleichwertigen Einheiten wie in den USA. Sondern zwischen einer breiten Mehrheit, die sich ungern als Schlaf­schafe diffamieren lässt, bloß weil sie nicht die Nerven verliert. Und einer winzigen Minderheit, die es schlicht nicht aushält, dass eine demokratische Gesellschaft auch mal Entscheidungen zustande bringt, die den eigenen Positionen wider­sprechen und ein bisschen anstrengend sind.

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6. Warum stützen wir unsere gesamte Corona-Politik noch immer auf lückenhafte Pi-mal-Daumen-Daten?

Sorry, am Wochenende sind die Ämter nicht besetzt. Internet­verbindung auch schwierig. Faxpapier alle. Die Daten sind deshalb in den nächsten drei Wochen ein bisschen ungenau. War aber schon immer so. Hat bisher auch nicht geschadet. Können wir auch nicht ändern. Dann müssten wir mehr Leute einstellen und an diesen Dings, Computern schulen. Ist halt auch teuer. Und der Dieter, der das immer macht bei uns, der hat Hüfte. Die Schulen können aber aufbleiben, das ist wohl nicht so schlimm. Das alles ist des 21. Jahrhunderts in einem Industrie­staat unwürdig.

„Impfen statt schimpfen“: Demonstration gegen Verschwörungs­ideologien in der Hamburger Innenstadt.

„Impfen statt schimpfen“: Demonstration gegen Verschwörungs­ideologien in der Hamburger Innenstadt.

7. Wann wurde Solidarität zur Schön­wetter­tugend und zum Kampf­begriff?

Ich möchte nicht Teil einer Gesellschaft sein, deren einzige Antwort auf die Schwächen der Anderen lautet „Tja, Pech gehabt“. Zusammenhalt und ein Auge für die Schwachen ist die Essenz einer christlichen Gesellschaft. Dahinter verbirgt sich nicht das formelhaft-rituelle Nachbeten „offizieller“ Verlautbarungen aus totalitären Systemen. Dahinter verbirgt sich die Überzeugung, dass kein Mensch eine Insel ist und keines Menschen Gelüste – auch nicht Ulf Poschardts Drang, so zackig wie möglich Porsche zu fahren – wichtiger wären als die eines anderen.

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Der Solidaritäts­gedanke freilich hat in einer neoliberal indoktrinierten Ellbogen­gesellschaft ohne konfuzianistische Traditionen einen schweren Stand. Die deutsche Ich-AG kennt keine Kulanz und keinen Großmut. Solidarität aber ist keine bespöttelnswerte Gutmenschen­schwäche, sondern eines der schönsten Menschheits­prinzipien überhaupt. Wenn Katzen, Pandas, Erdmännchen, Eichhörnchen und Hunde sich gegenseitig über Mauern helfen können – warum dann nicht auch Menschen?

Solidarität ist keine bespöttelnswerte Gutmenschen­schwäche, sondern eines der schönsten Menschheits­prinzipien überhaupt. Wenn Katzen, Pandas, Erdmännchen, Eichhörnchen und Hunde sich gegenseitig über Mauern helfen können – warum dann nicht auch Menschen?

8. Um wessen Freiheit geht es eigentlich?

Ich möchte nicht Teil einer Gesellschaft sein, in der „Freiheit“ nicht auch meine Freiheit bedeuten soll, sondern ausschließlich die Freiheit ideologisch verschmorter „Querdenker“, die mich zur Auslebung ihrer eigenen Pläsierchen in Geiselhaft nehmen müssen. Freiheit ist aber nichts wert, wenn sie nur selektiv gilt. Wo bleibt eigentlich die Freiheit der mehrfach Geimpften, die von noch nicht Geimpften ja nichts Unzumutbares fordern, sondern lediglich die Bereitschaft, einen milliardenfach erprobten, chipfreien, vielfach kontrollierten, auf das Erbgut keinen Einfluss nehmenden Impfstoff ohne jeden Miniroboter eine Chance zu geben.

Meine Bitte: Impfen statt Verunglimpfen. Ohnehin ist das eine der erschreckendsten Erkenntnisse dieser Pandemie. Die Ahnung, dass ein gewisser Prozentsatz der Mitbürger unterm Aluhut für die richtige Welt verloren ist, war immer da. Die Erkenntnis, wie viele Menschen wirklich blind schwurbelnden Heilpraktikern und diffusen Netzgurus folgen, ist schwer auszuhalten. Und verstärkt nur den Fatalismus.

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Die Anderen: Teilnehmer einer Kundgebung stehen auf dem Marktplatz in Magdeburg in Sachsen-Anhalt, um für ein „Weltoffenes Magdeburg“ zu demonstrieren und denjenigen eine Stimme zu geben, die sich in der Pandemie vernünftig und solidarisch verhalten.

Die Anderen: Teilnehmer einer Kundgebung stehen auf dem Marktplatz in Magdeburg in Sachsen-Anhalt, um für ein „Weltoffenes Magdeburg“ zu demonstrieren und denjenigen eine Stimme zu geben, die sich in der Pandemie vernünftig und solidarisch verhalten.

Ich wünsche mir aber Politiker, die mir den Pessimismus ausreden. Die mich davon überzeugen können, dass sie auf der Seite der Vernunft stehen und die Sache beherzt anpacken. Die dem Irrsinn und dem Blödsinn kein Fußbreit lassen, schon gar nicht den gut organisierten Feinden der Demokratie, für die der angebliche Kampf gegen die Corona-Politik nur ein Vehikel ist, das System aus den Angeln zu werfen.

Weil sie es nicht aushalten, dass ein Staat keine individuelle Wunscherfüllungs­agentur ist, sondern ein gemeinschaftlich organisiertes Teamprojekt, bei dem es durchaus passieren kann, dass ein einzelnes Thema Monate und Jahre die Agenda beherrscht und nicht jede Entscheidung jedem gefallen kann.

Ich wünsche mir Politiker, Polizisten und Richter, die die Freiheit der Presse und der Wissenschaft verteidigen und damit die Grundpfeiler der Gesellschaft stützen, statt an ihnen zu sägen. Ich wünsche mir Verantwortungsträger, die erklären, dass Kritik keine Zensur ist, dass ein Corona-Leugner kein Märtyrer ist und dass ein Land wie dieses, in dem man seine Meinung laut und deutlich sagen darf, auch wenn man dafür vielleicht Gegenwind erntet, trotzdem keine Diktatur ist.

Möglich, dass mein Fatalismus dann ein wenig nachlässt. Bis dahin regiert in meinem Leben, was Corona angeht, der gesunde Menschen­verstand.

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