Green Deal kommt ins Wanken

Streit um das Aus für Verbrennungsmotoren: Europa-Grüne nehmen sich die FDP vor

Abgase kommen aus dem Auspuff eines Autos und werden in der kalten Morgenluft sichtbar.

Abgase kommen aus dem Auspuff eines Autos und werden in der kalten Morgenluft sichtbar.

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Brüssel. Der Streit um das Aus für Verbrennungsmotoren eskaliert: Mit scharfer Kritik reagierten die Europa-Grünen auf die Drohung der FDP, das geplante Zulassungsverbot für alle Verbrenner vom Jahr 2035 an auf EU-Ebene kippen zu wollen. „Wenn Deutschland das Verbrenner-Aus scheitern lässt, scheitert der Green Deal“, sagte der Klimaexperte der Grünen im Europaparlament, Michael Bloß, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

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Der Green Deal ist das Prestigeprojekt von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie will die EU bis zum Jahr 2050 klimaneutral machen. Sollten Verbrennungsmotoren weiter betrieben werden dürfen, ist es so gut wie ausgeschlossen, dass dieses Ziel erreicht wird.

Die überraschende Volte der FDP in Deutschland sorgt nun für erheblichen Wirbel in Brüssel. Verkehrsminister Volker Wissing und FDP-Parteichef Christian Lindner drohen, dem zwischen Europaparlament und EU-Staaten bereits beschlossenen Plan doch nicht zustimmen zu wollen. Sie fordern, dass Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren auch über 2035 hinaus zugelassen werden sollen, wenn sie nachweislich mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden. Das sind sogenannte E-Fuels. Die EU-Kommission müsse dazu einen Vorschlag machen.

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Eigentlich war die Sache schon in trockenen Tüchern. Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten hatten sich bereits im Oktober darauf geeinigt, dass in der EU ab 2035 nur noch Neuwagen verkauft werden dürfen, die im Betrieb keine Treibhausgase ausstoßen. Auch die FDP stimmte damals zu.

Das letzte Wort hat nun ein EU-Ministerrat. Weil Abstimmungen über solche Einigungen für gewöhnlich eine Formalie im EU-Betrieb sind, sollten die fachlich nicht zuständigen EU-Bildungsminister den Plan am kommenden Dienstag endgültig billigen.

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Doch nach der überraschenden Kehrtwende der FDP ist das nicht mehr sicher. Für eine Annahme des Zulassungsverbots ist eine qualifizierte Mehrheit der EU-Staaten nötig. Das sind mindestens 15 Staaten, die zugleich 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren.

Sollte sich Deutschland bei der Abstimmung enthalten, weil sich die Ampelkoalition nicht einigen kann, würde das als Nein gewertet. Weil Italien die Pläne ablehnt und Polen sowie Bulgarien skeptisch sind, könnte die notwendige Mehrheit nicht erreicht werden.

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Wie es dann weitergeht, ist momentan unklar. „Deutschland spielt eine entscheidende Rolle in dieser Angelegenheit, und es darf nicht sein, dass andere Länder sich auf Deutschland verlassen haben und nun im Stich gelassen werden“, sagte der Grünen-Europaabgeordnete Bloß: „Deutschland darf nicht versagen, sonst drohen Chaos und der Verlust jeglicher Glaubwürdigkeit in Europa.“ Auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) appellierte an die FDP, sich an bereits getroffene Zusagen zu halten.

Bloß sagte, möglicherweise setze die FDP darauf, die Debatte um das Verbrenner-Aus auf die Zeit nach der nächsten Europawahl im Mai 2024 zu verschieben. „Das alarmiert uns“, sagte Bloß. Denn es sei nicht ausgeschlossen, dass es bei dieser Wahl einen Rechtsruck geben werde. Das würde aller Wahrscheinlichkeit nach die Debatte über das Aus für Verbrennungsmotoren erheblich erschweren.

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Unsicher ist, ob sich die Koalitionsparteien in Deutschland bis Dienstag auf eine gemeinsame Haltung zum Aus für Verbrenner verständigen können. Mit Spannung wurde eine für diesen Freitag geplante Debatte im Kreis der Botschafter der Mitgliedsstaaten in Brüssel erwartet.

Unterstützung erhielt Wissing derweil aus dem von den Grünen geführten Wirtschaftsministerium. Staatssekretär Sven Giegold sagte am Rande eines EU-Treffens in Brüssel, Deutschland habe sich immer für ein Aus für Verbrennungsmotoren ausgesprochen. Zugleich aber „wollen wir eine Lösung für solche Verbrennungsmotoren, die nur mit nachhaltigen E‑Fuels betrieben werden“, sagte Giegold. Die EU-Kommission müsse jetzt alle Koalitionspartner davon überzeugen, dass sie an einem entsprechenden Vorschlag arbeite.

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