„Wahnsinnig wichtiges Signal“

SPD-Spitzenpolitiker Klingbeil und Mützenich überraschend in Kiew – Treffen mit Vitali Klitschko

Lars Klingbeil (m.) und Rolf Mützenich (r.) bei ihrem Besuch in Kiew - hier mit Bürgermeister Vitali Klitschko.

Lars Klingbeil (m.) und Rolf Mützenich (r.) bei ihrem Besuch in Kiew - hier mit Bürgermeister Vitali Klitschko.

Kiew. Die SPD-Spitzenpolitiker Lars Klingbeil und Rolf Mützenich sind am Montagmorgen überraschend zu Gesprächen in Kiew eingetroffen. Der Parteichef sowie der Bundestagsfraktionsvorsitzende wollen der von Russland angegriffenen Ukraine vor Ort versichern, dass sie auf die ungebrochene deutsche Unterstützung zählen könne. Beide sind das erste Mal seit dem russischen Überfall am 24. Februar 2022 in der Ukraine.

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Ihre Reise ist zugleich eine Botschaft der Geschlossenheit von Partei und Fraktion. Mützenich hatte in den vergangenen Monaten immer wieder gemahnt, neben Waffenlieferungen an die Ukraine auch die Diplomatie mit dem Ziel eines Waffenstillstands zu verstärken. Ihm und jenen Sozialdemokraten, die Russland in der Vergangenheit eng verbunden waren und Waffenlieferungen zunächst zurückhaltend gegenüberstanden, wurde vor allem in der Ukraine mangelnde Solidarität mit Kiew vorgehalten.

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Bei einem Treffen mit dem Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko verwies Klingbeil darauf, dass Deutschland neben politischer und finanzieller Hilfe bereits zahlreiche Waffensysteme geliefert oder zugesagt habe. Er nannte das Luftabwehrabwehrsystem Iris-T und die Panzer Leopard 2 und Marder. „Rolf Mützenich und ich sind jetzt hier, um mit vielen Gesprächspartnern in der Ukraine zu sprechen und zu schauen, wie weitere Unterstützung aussehen kann. Und vor allem, um klarzumachen, diese Unterstützung, die wir leisten, die geht uneingeschränkt weiter“, sagte Klingbeil.

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Klingbeil besucht Klitschko in Kiew: „Unterstützung geht uneingeschränkt weiter“
Lars Klingbeil (2. von links) und Rolf Mützenich (2. von rechts) werden am Montagmorgen in Kiew vom deutschen Gesandten Bertram von Moltke (rechts) begrüßt.

Der SPD-Parteivorsitzende Lars Klingbeil ist zu Besuch in der ukrainischen Hauptstadt – ein „wichtiges Signal“, wie Vitali Klitschko sagt.

Klitschko nannte den Besuch der beiden SPD-Politiker unterdessen „ein wahnsinnig wichtiges Signal in die Ukraine und außerhalb der Ukraine“. Für ihn sei es wichtig, mit ihnen über weitere Unterstützung der Ukraine zu sprechen. „Je stärker die Unterstützung für die Ukraine wird, desto schneller werden wir diesen Krieg gewinnen.“ Klingbeil und Mützenich wollen im Laufe des Tages Vertreter von Regierung und Parlament treffen, unter anderem Außenminister Dmytro Kuleba.

Klingbeil: Aufmerksamkeit hochhalten

Klingbeil hatte zuvor vor Journalisten gesagt: „Wir wollten zu zweit fahren, weil wir es als wichtiges Signal sehen, dass der Fraktionsvorsitzende und der Parteivorsitzende zusammen in die Ukraine reisen.“ Es gehe darum, ein Jahr nach Kriegsausbruch die Aufmerksamkeit weiter hochzuhalten – „und dafür zu sorgen, dass die Unterstützung der Ukraine weitergeht – militärisch, politisch, finanziell“.

Mützenich erklärte, jeder demokratische Staat, insbesondere westliche Partner, müssten das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine unterstützen. Er pochte zudem auf diplomatische Bemühungen, betonte aber: „Diplomatie ist eben nicht misszuverstehen als Verhandlung mit Putin, sondern mit Partnern, die manchmal auch abseits stehen wie Indien und Brasilien.“

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Mützenich: Diplomatische Grundlage finden

Indien gehört wie China zu den Staaten, die enge Kontakte zu Russland pflegen und in der UN-Vollversammlung jüngst nicht für die Resolution gegen den Krieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin gestimmt, sich aber enthalten haben. Auf ihnen ruhen Hoffnungen, Einfluss auf den Kremlchef zu nehmen. Mützenich sagte, es müsse versucht werden, eine diplomatische Grundlage zu finden, „die vielleicht am Ende Verhandlungen bedeuten kann“. 141 Länder stimmten für die Resolution, 7 dagegen, 32 enthielten sich.

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Der ukrainische Vizeaußenminister Andrij Melnyk hat die SPD-Spitze derweil aufgefordert, ihrem Besuch in Kiew auch Taten folgen zu lassen. Er hoffe, dass SPD-Chef Lars Klingbeil „die Notwendigkeit erkennen wird, die Bundesregierung dazu zu bewegen, weitere mutige Entscheidungen zu treffen, vor allem Kampfjets freizugeben“, sagte Melnyk am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Melnyk sagte, es sei wichtig, dass die SPD-Spitzen endlich die Ukraine besuchten, „um mit eigenen Augen die Schrecken der russischen Aggression zu sehen“. Der frühere ukrainische Botschafter in Berlin bezweifelte aber, dass Mützenich nach seiner Rückkehr nach Deutschland seine Haltung zu Waffenlieferungen ändern werde. „Ob das dazu führen wird, dass Herr Mützenich nicht mehr auf der Bremse für deutsche Waffenlieferungen stehen wird, bleibt sehr fraglich.“

Das „Zentrum gegen Desinformation des nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats der Ukraine“ hatte Mützenich im Sommer 2022 auf eine Liste mit 75 internationalem Persönlichkeiten gesetzt, die „Narrative“ ähnlich der russischen Propaganda verbreiteten. Mützenich war mit dem Hinweis aufgeführt worden, dass er sich für einen Waffenstillstand einsetze. Auch Alice Schwarzer war auf der Liste zu finden.

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Mützenich hatte der ukrainischen Regierung später vorgeworfen, sie habe ihn auf eine „Terrorliste“ gesetzt, weil er sich „für einen Waffenstillstand oder für die Möglichkeit, über lokale Waffenruhen auch in weitere diplomatische Schritte zu gehen“ eingesetzt habe. Das ukrainische Außenministerium hatte das scharf zurückgewiesen und erklärt, es führe keine „Terrorliste“. Die Seite mit der Liste des Zentrums gegen Desinformation ließ sich zu dem Zeitpunkt nicht mehr im Internet aufrufen.

Im Bundestag hatte Mützenich in der vorigen Woche in der Debatte über das erste Kriegsjahr betont, dass Putin für ihn ein „Monster“ sei.

Zehn Stunden Zugfahrt durch die Nacht nach Kiew

Klingbeil und Mützenich waren von Berlin nach Rzeszow im polnischen Karpatenvorland geflogen und von dort nach Przemysl nahe der ukrainischen Grenze gefahren, von wo sie über Nacht gut zehn Stunden mit einem Sonderzug in die ukrainische Hauptstadt fuhren. Mützenich ist vom ukrainischen Parlamentspräsidenten Ruslan Stefantschuk und Klingbeil von Außenministers Dmytro Kuleba nach Kiew eingeladen worden.

mit Agenturmaterial

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