Werk von Partisanen? Russische Behörden melden Gefechte in Grenzregion nahe Ukraine
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Ein Mann geht in St. Petersburg an einem Plakat mit dem Bild eines russischen Soldaten und der Aufschrift „Wir verteidigen das Vaterland" vorbei, während einer Straßenausstellung mit Militärfotos. (Symbolbild)
© Quelle: Dmitri Lovetsky/AP/dpa
Brjansk. Im Südwesten Russlands nahe der Grenze zur Ukraine ist es nach Angaben aus Moskau in der Region Brjansk zu schweren Gefechten gekommen. Kremlchef Wladimir Putin hat infolge der Berichte offiziellen Angaben zufolge für diesen Freitag den nationalen Sicherheitsrat einberufen. „Für Freitag steht beim Präsidenten der Sicherheitsrat auf dem Plan“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der Agentur Interfax zufolge. Peskows Aussagen zufolge sagte Putin im Zusammenhang mit den jüngsten Vorfällen kurzfristig auch eine geplante Reise in die Kaukasus-Region Stawropol ab.
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Putin hat der Ukraine nach Berichten über Kämpfe in der südwestrussischen Grenzregion Brjansk Terror vorgeworfen. Es handle sich um „einen weiteren Terroranschlag und ein weiteres Verbrechen“, sagte der russische Präsident am Donnerstag bei einer Videokonferenz.
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Putin macht Ukraine verantwortlich
Im Kreis Klimowsk führten russische Kräfte mit Unterstützung des Verteidigungsministeriums einen Einsatz zur „Vernichtung bewaffneter ukrainischer Nationalisten“, die die Grenze verletzt hätten, teilte Russlands Inlandsgeheimdienst FSB am Donnerstag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge mit. Unabhängig überprüfen ließen sich diese Angaben zunächst nicht. Ukrainische Beobachter warnten vor russischer Desinformation. Der Sprecher des ukrainischen Grenzschutzdienstes, Andrij Demtschenko, sprach in einem Interview des Internetportals Ukrajinska Prawda ebenfalls von „Informationsprovokation des Aggressors“. Die Lage an der Grenze zu Russland sei unter Kontrolle.
Putin machte für den Beschuss die Führung in Kiew verantwortlich, die er einmal mehr als vermeintliche „Neonazis“ darstellte. Diese versuchten mit Gewalt, Russland seine historische Identität und Sprache zu rauben, behauptete der 70-Jährige. „Aber ich wiederhole mich: Es wird ihnen nicht gelingen, und wir werden sie zerquetschen.“
Auf die Frage von Journalisten, ob bei dem Sicherheitsrats-Treffen möglicherweise der in Moskau weiter nur als „militärische Spezialoperation“ bezeichnete Krieg gegen die Ukraine hochgestuft werde, sagte Kremlsprecher Peskow nur: „Das weiß ich nicht, das kann ich noch nicht sagen.“ Seit dem von Putin vor mehr als einem Jahr angeordneten Einmarsch ins Nachbarland wird immer wieder spekuliert, ob Russland der Ukraine möglicherweise auch offiziell den Krieg erklären wird.
Selenskyj-Berater: „Fürchtet Eure Partisanen...“
Ein Berater im ukrainischen Präsidentenbüro, Mychajlo Podoljak, sprach von einer „klassischen Provokation“. Russland wolle die eigenen Leute einschüchtern, um den Angriffskrieg bei wachsender Armut zu rechtfertigen. „Unterdessen wird die Partisanenbewegung in Russland stärker und aggressiver. Fürchtet Eure Partisanen ...“, schrieb Podoljak auf Twitter.
Der Gouverneur der Region, Alexander Bogomas, hatte zuvor vom Beschuss eines Zivilfahrzeugs durch einen ukrainischen Sabotagetrupp berichtet. „Durch den Beschuss ist ein Einwohner ums Leben gekommen, ein zehnjähriges Kind wurde verletzt“, schrieb Bogomas auf seinem Telegram-Kanal. Das Kind werde inzwischen im Krankenhaus versorgt. Eine ukrainische Drohne habe zudem ein Haus getroffen, wodurch es in Brand geraten sei. Tass berichtete, die zwei Dörfer Suschani und Ljubetschane in Brjansk würden von mehreren Dutzend bewaffneten Kämpfern angegriffen.
Angebliche Geiselnahme bestätigt sich offenbar nicht
Zugleich wiesen die Behörden Medienberichte über eine angebliche Geiselnahme und den Beschuss eines Schulbusses zurück. Nahe der Grenze gebe es seit Monaten wegen erhöhter Terrorgefahr nur Fernunterricht. Die Verwaltung der Ortschaft Suschany dementierte ebenfalls, dass dort mehrere Menschen von ukrainischen Kämpfern als Geiseln genommen worden seien.
Zudem wurde in ukrainischen Telegram-Kanälen ein Video geteilt, das angeblich kremlkritische russische Partisanen zeigen soll. Die bewaffneten Männer rufen darin die russische Bevölkerung dazu auf, zu den Waffen zu greifen und sich gegen Putin zu wehren. Sie geben sich als Mitglieder des Russischen Freiwilligenkorps aus, die für die ukrainische Seite kämpften. Russische Militärblogger riefen als Reaktion nach Vergeltung.
Sabotageakt auf russischem Boden wäre Blamage für Putin
Wenn sich tatsächlich ein Sabotageakt ereignet hat, wäre das eine Blamage für den russischen Staatschef Wladimir Putin. Er hatte vor wenigen Tagen den Sicherheitsdienst angewiesen, die Kontrollen an der Grenze zur Ukraine zu verschärfen. Russland könnte einen solchen Vorfall dazu nutzen, Angriffe in der Ukraine zu verschärfen.
Sollte sich der Vorfall bewahrheiten, wäre das ein weiteres Indiz dafür, dass die Ukraine den Druck auf Russland erhöhen könnte. Zuvor hatte es am Dienstag nach Angaben der russischen Regierung bereits Drohnenangriffe der Ukraine auf russischem Gebiet gegeben. Eine Drohne soll eine Gegend innerhalb einer Entfernung von 100 Kilometern zu Moskau erreicht haben.
Russland führt seit mehr als einem Jahr einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine. Immer wieder klagt die russische Seite über Beschuss.
RND/dpa/sic/AP