Lügen über Herkunft und Karriere

US-Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Kongressabgeordneten George Santos

Gegen George Santos, der für New York in den Kongress gewählt wurde, ermittelt nun die Staatsanwaltschaft. Medien hatten Lügen im Lebenslauf des 34-Jährigen aufgedeckt (Archivbild).

Gegen George Santos, der für New York in den Kongress gewählt wurde, ermittelt nun die Staatsanwaltschaft. Medien hatten Lügen im Lebenslauf des 34-Jährigen aufgedeckt (Archivbild).

New York. Der neu gewählte US-Kongressabgeordnete George Santos gerät wegen im Wahlkampf aufgetischter Lügen über seine Herkunft und seinen Bildungs- und Karriereweg zusehends unter Druck.

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Aus den Reihen seiner eigenen Partei schlug dem Republikaner scharfe Kritik entgegen, sein unterlegener demokratischer Rivale forderte Santos zum Verzicht auf sein Mandat auf. Und am Mittwoch schalteten sich Staatsanwälte des New Yorker Bezirks Nassau County ein, der zum dritten Wahldistrikt der Metropole gehört, den Santos bei den Zwischenwahlen im November erobert hatte: Gegen den gewählten Volksvertreter werde ermittelt, teilten sie mit. Auch das Büro der Generalstaatsanwaltschaft von New York gab bekannt, dass sie die Enthüllungen um Santos untersuche. Der 34-Jährige ließ hingegen durchblicken, dass er sein Amt kommende Woche antreten wolle.

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Kürzlich hatte sich Santos in einem Interview der „New York Post“ für seine in Teilen erfundene Lebensgeschichte entschuldigt, die er in seinem erfolgreichen Wahlkampf um einen Sitz im Repräsentantenhaus präsentiert hatte. „Meine Sünden hier sind, meinen Lebenslauf ausgeschmückt zu haben“, sagte er der Zeitung.

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Vergangene Woche hatte erstmals die „New York Times“ Zweifel an der Vita des Republikaners geweckt. So hatte er behauptet, ein Studium der Wirtschaftswissenschaften am New Yorker Baruch College absolviert zu haben. Nach einem Dementi der Hochschule gab Santos im Interview zu, weder dort noch sonstwo einen höheren Bildungsabschluss erworben zu haben.

Lügen über Investmentbanken

Im Wahlkampf hatte Santos auch erklärt, für die Investmentbanken Citigroup und Goldman Sachs gearbeitet zu haben. Die Geldhäuser konnten aber keine Unterlagen finden, die dies belegten. „Direkt“ sei er nie für die Investmentbanken tätig gewesen, gestand er dann im Gespräch der „New York Post“. Dafür habe aber die Investmentfirma Link Bridge, deren Vizepräsident er gewesen sei, Geschäfte mit den beiden Finanzinstituten gemacht.

Und die jüdisch-amerikanische Zeitschrift „The Forward“ zog eine Behauptung auf Santos' Kampagnen-Webseite in Zweifel, wonach seine Großeltern einst vor „Judenverfolgung in der Ukraine geflohen“ seien, sich in Belgien niedergelassen hätten und dann später erneut vor der Verfolgung im Zweiten Weltkrieg geflohen seien. „Ich habe nie behauptet, jüdisch zu sein“, sagte er der „Post“. Vielmehr sei er katholisch. Da er erfahren habe, dass seine Familie mütterlicherseits jüdische Wurzeln habe, habe er gesagt, dass er „Jew-ish“ sei, also ein bisschen jüdisch. Im Wahlkampf hatte er sich noch als einen „stolzen amerikanischen Juden“ bezeichnet.

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Die Gruppe Republican Jewish Coalition (RJC) distanzierte sich von dem Republikaner. „Er hat uns getäuscht und seine Abstammung falsch dargestellt“, teilte die Organisation mit. Bei künftigen RJC-Treffen sei er nicht mehr willkommen.

Die „New York Times“ enthüllte später zudem, dass gegen Santos 2008 in Brasilien strafrechtlich ermittelt worden sein soll. In der Stadt Niteroi soll er mit gestohlenen Schecks in einem Bekleidungsgeschäft eingekauft haben. Örtliche Staatsanwälte sagten der Zeitung, dass er Fall ruhe, weil Santos nie vor Gericht erschienen sei. Der Politiker bestritt, im Visier südamerikanischer Justizbehörden gestanden zu haben.

Viele offene Fragen

Zu anderen Fragen rund um seine Vita, etwa zu dem Ursprung seines offenbar in kurzer Zeit angehäuften Reichtums, hat sich Santos bisher nicht geäußert. Laut einer Statistik zu Wahlkampfdaten steckte er mehr als 700.000 Dollar (rund 658.000) Euro in seine Kampagne für den Kongress, doch plagten ihn nach Recherchen der „New York Times“ finanzielle Probleme. Mehrmals soll er aus Wohnungen geworfen worden sein und Mietschulden in Höhe von Tausenden Dollar haben.

Am kommenden Dienstag soll Santos als Kongressabgeordneter vereidigt werden. Wenn er sein Amt antritt, könnten ihm Untersuchungen durch den Ethikausschuss des Repräsentantenhauses und das Justizministerium drohen. Dennoch schien Santos in einem Tweet vom Mittwoch einen Verzicht auszuschließen. Er freue sich auf die Arbeit im Kongress, schrieb er. Der Demokrat Robert Zimmerman, der im November gegen Santos verloren hatte, warf ihm vor, für das Amt nicht geeignet zu sein. Santos solle beiseitetreten, damit eine Nachwahl abgehalten werden könne, forderte Zimmerman.

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RND/AP

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