Ohne Abstimmung durchgesetzt

Hunderte Festnahmen in Paris bei Protesten gegen Rentenreform

Demonstranten zünden in der Nähe des Concorde-Platzes Müll an. Nach der Entscheidung von Frankreichs Regierung zur Umsetzung der umstrittenen Rentenreform ohne Abstimmung haben zahlreiche Menschen in Paris protestiert.

Demonstranten zünden in der Nähe des Concorde-Platzes Müll an. Nach der Entscheidung von Frankreichs Regierung zur Umsetzung der umstrittenen Rentenreform ohne Abstimmung haben zahlreiche Menschen in Paris protestiert.

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Paris. Nach dem Durchboxen der Rentenreform in Frankreich sind bei einer Protestkundgebung in Paris mindestens 217 Menschen von der Polizei festgenommen worden. Im Zentrum der Hauptstadt sei es am Donnerstagabend auf dem Place de la Concorde zu Ausschreitungen gekommen, berichtete der Sender France Info.

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Die Bereitschaftspolizei setzte nach Medienberichten Wasserwerfer und Tränengas ein, um den Platz zu räumen. Demonstranten hatten dort Holzpaletten in Brand gesetzt und Gegenstände auf die Polizisten geworfen. Insgesamt seien rund 6000 Teilnehmer gezählt worden. Auch in anderen französischen Städten wie Marseille, Dijon, Nantes, Rennes, Rouen, Grenoble, Toulouse und Nizza kam es zu Protesten.

Unerwünschte Rentenreform: erneute Proteste in Frankreich
This seventh day of mobilisation gathered 368,000 demonstrators throughout France, including 48,000 in Paris, according to the Ministry of the Interior. The CGT counted more than a million demonstrators, including 300,000 in Paris. PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY JanxSchmidt-Whitley/LexPictorium LePictorium_0276484

Das Innenministerium bezifferte die Zahl der Demonstrierenden auf rund 370.000. Gewerkschaften hatten dagegen bis zu eine Million Menschen erwartet.

Die Rentenreform, das wohl wichtigste Vorhaben von Präsident Emmanuel Macron, ist noch nicht komplett in trockenen Tüchern. Bis Freitag werden Misstrauensanträge der Opposition gegen die Regierung erwartet. Diese hatte das Anheben des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre am Donnerstag in letzter Minute mit Hilfe eines Sonderartikels der Verfassung ohne Abstimmung durchgedrückt. Sie war sich nämlich einer Mehrheit in der Nationalversammlung nicht sicher. Zwar hatten die konservativen Républicains erst Unterstützung für das Mitte-Lager des Präsidenten signalisiert, die dann aber bröckelte.

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Linke und Rechtsnationale kündigten bereits Misstrauensanträge an. Diese müssen bis spätestens Freitagnachmittag vorliegen, abgestimmt darüber wird in den kommenden Tagen. Dass die Regierung damit gestürzt wird, gilt aber als wenig wahrscheinlich. Der Präsident der Républicains, Éric Ciotti, erklärte bereits, seine Fraktion werde keinen Misstrauensantrag unterstützen. Ob sich alle Abgeordneten daran halten, ist aber offen. Nach der Entscheidung der Regierung, die Reform kurzfristig ohne eine Abstimmung umzusetzen, waren in Paris Tausende Menschen zu Protesten im Zentrum zusammengekommen.

Demonstranten protestieren am Concorde-Platz in der Nähe der Nationalversammlung in Paris.

Demonstranten protestieren am Concorde-Platz in der Nähe der Nationalversammlung in Paris.

Proteste auch in anderen Städten Frankreichs

Noch nicht ausgestanden ist für Präsident Macron und die Regierung auch das Kräftemessen mit den Gewerkschaften. Diese kündigten am Donnerstag bereits eine Fortsetzung der Streiks an, die Frankreich bereits seit Wochen in Atem gehalten hatten. Flüge und Züge fielen aus, und seitdem die Müllabfuhr streikt, türmen sich in Paris und anderen Städten riesige Müllberge auf den Straßen.

Auch in anderen französischen Städten wie Marseille, Dijon, Nantes, Rennes, Rouen, Grenoble, Toulouse und Nizza kam es zu Protesten. Die Gewerkschaften riefen für den kommenden Donnerstag zu einem neuen landesweiten Streik- und Protesttag auf. Millionen von Menschen waren bereits gegen das Reformvorhaben auf die Straße gegangen.

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Derzeit liegt das Renteneintrittsalter in Frankreich bei 62 Jahren. Tatsächlich beginnt der Ruhestand im Schnitt aber später: Wer für eine volle Rente nicht lange genug eingezahlt hat, arbeitet länger. Mit 67 Jahren gibt es dann unabhängig von der Einzahldauer Rente ohne Abschlag - dies will die Regierung beibehalten, auch wenn die Zahl der nötigen Einzahljahre für eine volle Rente schneller steigen soll als bisher vorgesehen. Die monatliche Mindestrente will sie auf etwa 1200 Euro hochsetzen. Mit der Reform will die Regierung eine drohende Lücke in der Rentenkasse schließen.

Premierministerin Élisabeth Borne verteidigte das Reformvorhaben am Donnerstag in den Abendnachrichten des Senders TF1. Es gehe um die Zukunft des Rentensystems, das sich nicht mit Schulden finanzieren lasse. Bei der Ausarbeitung des Reformentwurfs seien Ausnahmen für Menschen mit anstrengenden Berufen und einem frühen Berufseinstieg gemacht worden, und niedrige Renten würden angehoben. „Vier von zehn Franzosen müssen nicht bis 64 arbeiten“, sagte die Premierministerin.

Paris: Ausschreitungen bei Protesten gegen Rentenreform

Demonstrantinnen und Demonstranten setzten Gegenstände in Brand. Die Polizei reagierte mit Wasserwerfern und dem Einsatz von Tränengas.

RND/dpa

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