UN in der Zuschauerrolle

Vereinte Nationen: die Ohnmacht der Weltorganisation

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen tagte gerade, als die Nachricht über den Angriff Russlands auf die Ukraine bekannt wurde.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen tagte gerade, als die Nachricht über den Angriff Russlands auf die Ukraine bekannt wurde.

Genf. Ausgerechnet Russland. Im Monat Februar hat das Reich des Präsidenten Wladimir Putin den Vorsitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen inne. Als das mächtigste Gremium der UN sich zu einer weiteren Dringlichkeitssitzung zur Ukraine traf, platzte die Nachricht vom Angriff Russlands in die Runde.

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Während sein Land in ein anderes UN-Mitgliedsland, die Ukraine, einmarschierte, leitete Moskaus Botschafter Wassili Nebensja den Sicherheitsrat. Im New Yorker UN-Hauptquartier kam Nebensja am Ende seiner Rede auf die Invasion zu sprechen. Es handele sich um eine „militärische Operation im Donbass“, jenem Gebiet in der östlichen Ukraine also, das schon seit 2014 Schauplatz von blutigen Kämpfen ist.

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Präsident Putin habe seine Entscheidung auf Grundlage des Artikels 51 der UN-Charta getroffen, erläuterte Nebensja mit eiskalter Miene und schwadronierte von einer „Entnazifizierung“ der Ukraine. „Nennen Sie es nicht einen Krieg“, raunte Nebensja. Zuvor hatte er als Präsident des Sicherheitsrates den Vertreter der Ukraine abgekanzelt: „Ich nehme heute keine Fragen an.“

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Artikel 51 regelt das Recht eines jeden UN-Mitgliedlandes auf Selbstverteidigung im Falle eines bewaffneten Angriffs. Es ist somit ein Recht, das jetzt der Aggressor, Russland, in Anspruch nimmt. Zynischer hätte die Führung des Atomwaffenstaates ihren Überfall auf die Ukraine kaum umdeuten können.

Die grotesk anmutende Sitzung des Sicherheitsrates wirft auch ein Schlaglicht auf die Rolle der Vereinten Nationen in dem Konflikt insgesamt: Die Organisation, die eigentlich den „Weltfrieden und die internationale Sicherheit“ wahren soll, kann dem Gewaltausbruch im Osten Europas nur ohnmächtig zuschauen.

Zwar verurteilten viele UN-Mitglieder wie Deutschland, vertreten durch Botschafterin Antje Leendertse, Russlands Großattacke „in der schärfsten möglichen Form“. Und US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield forderte den Sicherheitsrat zum Handeln auf. „Wir werden eine Resolution auf den Tisch legen“, kündigte sie an. In dem Textentwurf wollen die Amerikaner die Russen für den eklatanten Bruch des Völkerrechts anklagen.

Russland hat Vetorecht

Doch das Schicksal der US-Initiative dürfte schon besiegelt sein. Denn das ständige Sicherheitsratsmitglied Russland wird jeden Versuch, die Aggression anzuprangern, mit seinem Veto zu Fall bringen. Präsident Putin braucht also in sein Kalkül keine Resolution des UN-Sicherheitsrates einzuspeisen. Somit muss er auch keine UN-Sanktionen befürchten, die nur der Sicherheitsrat mit seinen völkerrechtlich verbindlichen Resolutionen zu beschließen in der Lage ist.

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Allenfalls könnten sich einzelne Mitglieder des Gremiums zusammenschließen und ihr Entsetzen über Russlands Taten ausdrücken. Eine solche Äußerung hätte aber eben nicht die Wirkung einer Resolution.

Letztlich bleibt den Repräsentanten der Vereinten Nationen nur eine Waffe gegen Russland: das Wort. So nahm der sonst so geschliffen diplomatisch parlierende UN-Generalsekretär António Guterres all seinen Mut zusammen und appellierte an Putin: „Im Namen der Menschlichkeit, nehmen Sie Ihre Truppen zurück nach Russland.“

Schon zuvor hatte der Generalsekretär Moskau den Bruch des Völkerrechts vorgeworfen. Guterres kann es sich erlauben, Klartext zu sprechen. Er befindet sich in seiner zweiten und letzten Amtszeit als UN-Generalsekretär.

Viele Mitarbeiter des UN-Apparats müssen jetzt im Osten Europas die Rolle übernehmen, in der sie unentbehrlich sind: Sie werden als humanitäre Feuerwehr den Opfern des russischen Angriffskriegs beiseitestehen. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR, das Kinderhilfswerk Unicef und das Welternährungsprogramm sind gefragt.

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Noch ist nicht abzusehen, welche Dimensionen das Elend und die Not erreichen werden, die Putin und seine Gefolgsleute zu verantworten haben. Die amerikanische Botschafterin bei den UN, Thomas-Greenfield, malt jedenfalls ein düsteres Bild. Die Gewalt in der Ukraine könnte bis zu fünf Millionen Menschen in die Flucht zwingen. Das wäre die größte aktuelle Vertreibungskrise der Welt.

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