Haus zu groß für Sozialhilfe?

Verfassungsgericht entscheidet: Staat darf Hartz IV bei zu viel Wohneigentum begrenzen

15.01.2019, Baden-Württemberg, Karlsruhe: Licht brennt vor der mündlichen Verhandlung über die Rechtmäßigkeit von Hartz-IV-Sanktionen vor dem Bundesverfassungsgericht in dem Gerichtsgebäude. Das Bundesverfassungsgericht äußert sich am Donnerstag zur Frage, ob Vorgaben zur maximalen Größe von Wohneigentum für Hartz-IV-Empfänger verfassungswidrig sind.

15.01.2019, Baden-Württemberg, Karlsruhe: Licht brennt vor der mündlichen Verhandlung über die Rechtmäßigkeit von Hartz-IV-Sanktionen vor dem Bundesverfassungsgericht in dem Gerichtsgebäude. Das Bundesverfassungsgericht äußert sich am Donnerstag zur Frage, ob Vorgaben zur maximalen Größe von Wohneigentum für Hartz-IV-Empfänger verfassungswidrig sind.

Karlsruhe. Vorgaben für Hartz-IV-Empfänger zur maximalen Größe von Wohneigentum sind nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit dem Grundgesetz vereinbar. Mittel der Allgemeinheit zur Hilfe bedürftiger Mitglieder sollten nur in Fällen aktueller Bedürftigkeit in Anspruch genommen werden, teilte das höchste deutsche Gericht am Donnerstag in Karlsruhe mit.

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Das heißt konkret: Wenn zum Beispiel eine Familie ein Haus oder eine größere Wohnung besitzt und die Kinder ausziehen, sinkt die Quadratmeterzahl, die für den Bezug staatlicher Leistungen als angemessen gilt.

Den Betroffenen würden keine Leistungen verwehrt, die sie zur Existenzsicherung benötigten, entschieden die Richterinnen und Richter. „Denn sie verfügen über Wohneigentum, das sie einsetzen und damit ihren Bedarf selbst sichern können.“

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Bei der Frage ging um das sogenannte Schonvermögen - also bestimmte Freibeträge beim Vermögen, die man nach dem Sozialrecht nicht zum Bestreiten seines Lebensunterhalts einsetzen muss. Im Sozialgesetzbuch (SGB) II ist geregelt, welches Vermögen bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende zu berücksichtigen ist. Nicht dazu zählt unter anderem „ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung“. Das Sozialgericht im niedersächsischen Aurich wollte vom Bundesverfassungsgericht wissen, ob diese Regelung mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Darin wird zum Beispiel Familien in Artikel 6 besonderer Schutz zugesprochen.

Anzahl der Bewohner im konkreten Fall entscheidend

Im konkreten Fall ging es um ein Ehepaar, das mit sechs Kindern ein von ihm erbautes Haus bewohnte. Der Nachwuchs zog nach und nach aus. Die Klägerin und ihr Mann wohnen seit dem Frühjahr 2013 allein dort.

Als die Frau 2018 Hartz IV wollte, wurde der Antrag abgelehnt. Die Begründung: Ihr Ehemann sei Eigentümer eines Grundstücks und besitze damit Vermögen, das den für die Klägerin und ihren Mann maßgeblichen Freibetrag übersteige. Insbesondere stelle es kein Schonvermögen im Sinne des SGB II dar, da es nicht von angemessener Größe sei. Das Haus hat nach Angaben des Sozialgerichts eine Wohnfläche von 143,69 Quadratmetern. Als angemessen gelten demzufolge allerdings für einen Zwei-Personen-Haushalt höchstens 90 Quadratmeter.

Ukrainische Geflüchtete bekommen gleiche Leistungen wie Hartz-IV-Empfänger

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Das Bundessozialgericht hatte 2016 in einem Urteil dargelegt, dass eine Wohnungsgröße von 130 Quadratmetern für eine vierköpfige Familie die Obergrenze sei. Leben weniger Menschen in der Wohnung, seien davon 20 Quadratmeter pro Person abzuziehen. Bei der Prüfung der Angemessenheit der Wohnfläche spiele nur die Anzahl der Personen eine Rolle, die dort zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs wohnen, heißt es in dem Urteil - auch wenn beim Bau oder Einzug wegen einer größeren Bewohnerzahl eine höhere Wohnflächengrenze angemessen war.

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VdK: „Betroffene werden indirekt dafür bestraft, dass sie Kinder großgezogen haben“

Der Sozialverband VdK machte deutlich, dass zum Beispiel ältere Menschen ihre Kinder in den Wohnungen oder Häusern großgezogen hätten. „Wenn die Kinder dann ausziehen, ist es oft völlig illusorisch, in eine kleinere bezahlbare Wohnung zu ziehen, denn die gibt es einfach nicht“, hieß es. „Die Betroffenen haben angesichts des angespannten Wohnungsmarktes keine Chance, sich zu verkleinern, und werden somit noch indirekt dafür bestraft, dass sie Kinder großgezogen haben.“

Wie viele Betroffene es gibt, ist unklar. Der Sozialverband weiß aber nach eigenen Angaben aus seiner Rechtsberatung, dass die meisten Menschen, die Grundsicherung oder Hartz IV beantragen müssen, vor allem fürchteten, ihre Wohnung verlassen zu müssen. „Da es kaum mehr möglich ist, preiswerten Wohnraum zu finden, sind die starren Vorgaben völlig unrealistisch und zudem unwirtschaftlich.“ Die Entscheidung der Bundesregierung, während der Corona-Pandemie keine Prüfung der Wohnkosten und des selbst genutzten Wohneigentums vorzunehmen, war daher aus Sicht des VdK richtig. „Diese Regelungen sollen ja auch im neuen Bürgergeld fortgeführt werden.“

RND/dpa

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