Es wird erstmals konkret – diese drei Möglichkeiten hat Trump nach seiner Vorladung
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6. Januar 2021 - der Tag, der Amerika veränderte: Anhänger des damaligen US-Präsidenten Trump stürmen das US-Kapitolgebäude, wo die Abgeordneten den Sieg des gewählten Präsidenten Biden bei der Wahl im November bestätigen sollten.
© Quelle: Essdras M. Suarez/Zuma Press/dpa
Donald Trump hat gelogen, hat wider besseren Wissens demokratische Abstimmungen angezweifelt, hat zum Sturm auf demokratische Institutionen aufgerufen. Die ganze Welt weiß das. Doch ihn dafür auch juristisch zu belangen, erwies sich bislang als so schwierig wie das sprichwörtliche An-die-Wand-Nageln eines Puddings. Damit ist es jedoch vorbei. Der Kongressausschuss zum Sturm auf das US-Kapitol hat Trump vorgeladen.
Das ist zwar immer noch nicht das Gericht, vor das er nach Meinung vieler Beobachter in den Vereinigten Staaten gehört. Aber es ist der Ausstieg aus einem vernebelten Diskurs des Etwaigen und der Einstieg in eine überfällige juristische Aufarbeitung einer Präsidentschaft, die Amerikas Demokratie in eine tiefe Krise gestürzt hat.
Trump wiederholt Behauptung „massiver Fälschungen“
In einer ersten Reaktion äußerte sich Trump nicht dazu, wie er vorgehen wolle, sondern attackierte die Untersuchung. Warum habe ihn der Ausschuss nicht schon vor Monaten um Aussage gebeten, sondern bis zum Schluss gewartet, schrieb er in seinem hauseigenen Online-Netzwerk Truth Social. Zugleich wiederholte er seine von vielen Gerichten widerlegte Behauptung „massiver Fälschungen“ bei der Präsidentenwahl - „der Grund dafür, was am 6. Januar passierte“.
Falls Trump der Vorladung für eine Aussage unter Eid nicht nachkommt, könnte das Repräsentantenhaus ihn wegen Missachtung des Kongresses beim Justizministerium anzeigen. Wahrscheinlich ist, dass sich Trump, wie auch sein ehemaliger Berater Steve Bannon, mit juristischen Mitteln gegen die Vorladung verweigert und am Ende eine Bestrafung (wegen Missachtung des US-Kongresses) in Kauf nehmen wird. Im Fall Bannon wird das Strafmaß am 21. Oktober erwartet, eine Haftstrafe zwischen 30 Tagen und einem Jahr ist möglich.
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Liz Cheney, stellvertretende Vorsitzende, spricht während einer Anhörung des Sonderausschusses des Repräsentantenhauses, der den Angriff vom 6. Januar auf das US-Kapitol untersucht.
© Quelle: J. Scott Applewhite/AP/dpa
Im Fall Trump spielt auch der Faktor Zeit eine Rolle: Am 8. November wird ein neues Repräsentantenhaus gewählt. Bis zum Jahresende – bevor im Januar das neu gewählte Abgeordnetenhaus seine Arbeit aufnimmt – muss der Ausschuss seine Arbeit abgeschlossen haben.
Die Zwischenwahlen werden damit auch zu einer Abstimmung über die Zukunft der Republikanischen Partei: Gelingt den Never-Trumpern rund um Liz Cheney die überfällige Generalabrechnung mit dem Ex-Präsidenten, im nächsten Schritt auch die juristische? Die Republikanerin und stellvertretende Ausschussvorsitzende hatte den Vorschlag für die Vorladung Trumps eingebracht. „Wir sind verpflichtet, Antworten direkt von dem Mann zu verlangen, der all das in Bewegung gesetzt hat“, sagte sie. „Und jeder Amerikaner hat ein Recht auf diese Antworten.“
Hat Amerika auch ein Interesse an Antworten?
Jeder Amerika hat das Recht auf Antworten, aber hat Amerika auch ein Interesse daran? Rechte Medien wie Fox News hängen das Thema tief, das „Wall Street Journal“ widmet sich im Vorfeld der Midterms lieber der schwächelnden Börse, der ausufernden Inflation oder den anhaltend hohen Benzinpreisen.
Möglich ist auch, dass Trump im Ausschuss erscheint und dann die Aussage verweigert, um sich nicht selbst zu belasten. Von diesem Recht hatten auch schon andere Gebrauch gemacht. Als dritte Variante ist aber auch möglich, dass Trump den Ausschuss als Bühne nutzt, um zu erklären, wie „korrupt“ die Präsidentenwahl und die Untersuchungen zum 6. Januar gewesen seien, was seinem narzisstischen Naturell wohl entsprechen würde.
Randalier bekommt für Kapitolstürmung zehn Jahre Haft
Ein Video zeigt, wie der Trump-Anhänger mit einer Fahnenstange auf einen Polizisten losgeht und ihm die Gasmaske von Gesicht reißt – er war selbst Polizist.
© Quelle: dpa
Die reine Faktenlage, die Vorgänge rund um den 6. Januar 2021 betreffend, zeichnet ein für Trump sehr ungünstiges Bild. Vor dem Sturm auf das Kapitol, der fünf Menschen das Leben kostete, wiegelte der damalige US-Präsident die Menge mit falschen Behauptungen auf. Ihm sei der Sieg gegen Herausforderer Joe Biden durch Betrug gestohlen worden. Er rief die Anhänger auf, zum Protest vor das Kapitol zu ziehen, wo gerade der Wahlsieg Bidens offiziell besiegelt werden sollte.
Am Donnerstag neu präsentierte Dokumente zeigen, dass der Secret Service bereits Ende Dezember auf Angriffspläne von Trump-Anhängern hingewiesen habe. Interne Nachrichten, die dem Ausschuss übergebenen wurden, warten sogar vor bewaffneten Trump-Anhängern. All das lag dem damaligen Präsidenten vor, der nichts unternahm, um den Marsch auf das Kapitol zu stoppen, hieß es im Ausschuss.
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Wird er vor dem Ausschuss erscheinen? Donald Trump, ehemaliger Präsident der USA.
© Quelle: José Luis Villegas/Pool AP/dpa
Im Gegenteil bestand Trump sogar darauf, am Capitol dabei zu sein, wurde aber mit verweis auf die Sicherheitslage vom Secret Service davon abgehalten. Zeuginnen und Zeugen belasteten Trump dabei schwer. Es gab eine Art Hilferuf von Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses, die um die Nationalgarde oder Militär bat. Vertraute appellierten an Trump, etwas zu unternehmen – doch der Präsident tat stundenlang nichts.
Das erste Mal seit Richard Nixon
Wie auch immer Trump mit der Vorladung umgeht – Folgen hat das Ganze schon jetzt. Es ist das erste Mal seit dem Rücktritt Richard Nixons nach dem Watergate-Skandal, dass einen ehemaligen Präsidenten eine solche Vorladung erreichte. Trump schreibt also wieder einmal Geschichte. Ende des Jahres wird der Abschlussbericht des Kongressausschusses erwartet, der somit die Deutungshoheit für die historische Einordnung der letzten Trump-Wochen im Weißen Haus besitzt. An Gesetzesänderungen wird gearbeitet, die Putschversuche erschweren sollen. Und über die Frage einer strafrechtliche Anklage wird im Justizministerium entschieden. Grundlage dafür werden die im Ausschuss gewonnen Erkenntnisse sein.
RND/dpa/AP/stu