Warum es diesmal keine Balkonbilder geben wird
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FDP-Generalsekretärin Nicola Beer (von links), der FDP Bundesvorsitzende Christian Lindner, Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, und FDP-Vize Wolfgang Kubicki unterhalten sich am 19.10.2017 auf dem Balkon der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin beim Treffen von FDP und Grünen zur Vorbereitung auf den Start der Jamaika-Sondierungsverhandlungen in großer Runde am 20. Oktober 2017.
© Quelle: dpa
Hannover. Mal beim Selfie-Machen, mal beim Rauchen, vor allem aber beim Winken: Bei den Sondierungen 2017 zwischen Union, Grünen und FDP ließen sich die Verhandelnden immer wieder auf einem Balkon ablichten. Ganz im Stile von Royals sorgten sie dafür, dass täglich Schnappschüsse durch die Medien gingen. Die Balkonbilder wurden zu einem der Aufreger auf dem Weg zur Regierungsbildung 2017. Am Ende scheiterten die Gespräche über ein Jamaika-Bündnis aus Union, Grünen und FDP bekanntlich. Umso vorsichtiger scheinen die Parteien diesmal sein zu wollen.
Die SPD hatte schon 2017 Kritik an der Inszenierung auf dem Balkon des Gebäudes der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft (DPG) geübt. Nachdem die Sondierungsgespräche zwischen Union, Grünen und FDP ins Aus geführt hatten und sich die SPD-Führung auf Verhandlungen mit der Union einigte, hatte der damalige SPD-Chef Martin Schulz versprochen, dass es keine Balkonbilder geben werde. Und auch keine Durchstechereien per SMS.
Mützenichs Mahnung
Fraktionschef Rolf Mützenich machte am Dienstag klar, dass die SPD es auch diesmal so halten will. „Wir werden nicht in der Öffentlichkeit Koalitionsverhandlungen führen.“ Das habe man nie getan. Für die möglicherweise bevorstehenden Sondierungsgespräche mit Grünen und FDP mahnte er in Richtung der beiden Parteien, diesmal einen anderen Stil an den Tag zu legen als 2017. „Ich glaube, beide kleinen Parteien müssen sich klar darüber werden, dass das Schauspiel, was sie vor vier Jahren hier manchmal auf Balkonen absolviert haben, nicht den Aufgaben gerecht wird“, sagte er.
Zwar meinte Mützenich, die Frage nach roten Linien für die Verhandlungen stelle sich derzeit nicht, eine zog er damit aber dann doch.
Habeck: rückblickend ein Fehler
Die jüngsten Äußerungen der Grünen- und FDP-Spitze deuten zumindest darauf hin, dass sie aus den missglückten Inszenierungen von 2017 gelernt haben. Grünen-Co-Chef Robert Habeck sagte am Montag der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, dass man sich Balkonfotos wie 2017 tunlichst verkneifen sollte. Es sei rückblickend ein Fehler gewesen, „sich da mit einer geradezu royalen Geste hinzustellen, bevor überhaupt ein Ergebnis gefunden werden konnte“.
Und auch FDP-Chef Christian Lindner versicherte am Montag, diesmal solle es diskret und vertrauensvoll zugehen. Einzelheiten zu den anstehenden Vorsondierungen mit den Grünen am Mittwoch wollte er deshalb nicht nennen.
Das Problem mit den Vorsätzen
Dass die Unionsspitze sich allein auf dem Balkon des ehemaligen Reichspräsidentenpalais präsentieren würde, falls sie zum Zuge und es zu Jamaika-Verhandlungen käme, erscheint zumindest unwahrscheinlich.
Zu Balkonbildern wird es diesmal also wohl nicht kommen. Dass es damit auch keine Durchstechereien geben wird, steht gleichwohl auf einem anderen Blatt. Wie wenig Diskretionsvorsätze funktionieren können, haben nicht zuletzt die Ministerpräsidentenkonferenzen seit der Corona-Pandemie gezeigt.