Wehrbeauftragte Högl: „Im Vorjahr kein Cent aus Sondervermögen bei Soldaten angekommen“
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Due Wehrbeauftragte Eva Högl (Archivfoto).
© Quelle: picture alliance/dpa
Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, hat das langsame Tempo hin zu einer vollständigen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr kritisiert. „Zwar sind die ersten Projekte auf dem Weg. Doch ist bei unseren Soldatinnen und Soldaten 2022 noch kein Cent aus dem Sondervermögen angekommen. Zu behäbig ist das Beschaffungswesen“, schreibt die SPD-Politikerin in ihrem am Dienstag in Berlin vorgestellten Jahresbericht. Sie stellt fest: „Die Lastenbücher der Truppe sind voller geworden, die Bekleidungskammern, Munitionsdepots und Ersatzteillager hingegen nicht.“
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Dabei habe es selten einen so großen gesellschaftlichen Konsens gegeben wie nach der von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgerufenen Zeitenwende, so Högl. Sie plädiert mit Hinweis auf Expertenstimmen auf einen Finanzierungsrahmen, der deutlich über die 100 Milliarden aus dem Sondertopf hinausgeht. „Die 100 Milliarden Euro allein werden nicht ausreichen, sämtliche Fehlbestände auszugleichen, dafür bedürfte es nach Einschätzung militärischer Expertinnen und Experten einer Summe von insgesamt 300 Milliarden Euro.“
Die Bundeswehr hat von allem zu wenig und sie hat seit dem 24. Februar 2022 noch weniger.
Eva Högl,
Wehrbeauftragte des Bundestages
„Unsere Kasernen sind in einem erbärmlichen Zustand“, beklagte Högl bei der Vorstellung ihres Jahresberichts in Berlin am Dienstag. Es fehle an Investitionen in Höhe von knapp 50 Milliarden Euro – einzelne Einrichtungen verfügten nicht einmal über WLAN, so die Wehrbeauftragte. Mit Blick auf das von Kanzler Scholz versprochene „Deutschlandtempo“ für den Energieausbau in der Bundesrepublik forderte Högl ein ähnliches Engagement für die Verteidigungspolitik.
Zweifel an Personalziel
Die Wehrbeauftragte blickt mit Sorge auf die Personalstärke in der Bundeswehr und zweifelt daran, dass bis zum Jahr 2031 die Zielstärke von 203.000 Soldatinnen und Soldaten erreicht werden kann. Die Personalstärke habe im vergangenen Jahr 183.051 betragen, ein leichtes Minus zu 2021 (183.695 Soldaten). Beim Bewerberaufkommen sei ein Minus von 11 Prozent zu verzeichnen. Zudem werden das Potenzial und der Nachholbedarf bei der Einstellung von Frauen nicht ausgeschöpft. Högl: „Selbst inklusive des Sanitätsdienstes liegt der Anteil der Soldatinnen erst bei 13,21 Prozent.“
Högl bedankte sich am Dienstagvormittag auch bei allen Soldatinnen und Soldaten für ihr Engagement im Vorjahr. „Unsere Bundeswehr verdient es, dass sich unsere Gesellschaft und alle für sie interessieren“, mahnte die Wehrbeauftragte bei der Vorstellung des Jahresberichts in Berlin, „die Truppe verdient unsere Anerkennung und Respekt.“
Die Wehrbeauftragte hilft nach Artikel 45b des Grundgesetzes dem Bundestag bei der parlamentarischen Kontrolle der Streitkräfte. Sie gilt aber auch als Anwältin der Soldaten, die sich jederzeit an sie wenden können.
RND/dpa/hyd