Wer wird britischer Premierminister? Schon elf Kandidaten für Johnsons Nachfolge
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/VX575RSAIJFMZM53MIBBNRZ6QI.jpg)
Tritt er in Johnsons Fußstapfen? Rishi Sunak läuft hinter Premierminister Boris Johnson her (Archivbild).
© Quelle: Getty Images
London. Der frühere Finanzminister Rishi Sunak war der Erste, der am Freitag seine Kandidatur für das Amt des konservativen Parteichefs bekannt gab, mit einem Video. In dem knapp dreiminütigen Clip berichtet er über seine Eltern, die aus Ostafrika nach Großbritannien kamen und ihren Kindern durch „harte Arbeit“ eine bessere Zukunft ermöglichten. Mit seinem braven Seitenscheitel präsentiert er sich als Gegenteil von Boris Johnson. Sunak gilt als Favorit, bislang.
Nachdem wochenlang darüber spekuliert wurde, wie lange sich Johnson noch halten kann, stehen nun Wochen bevor, in denen über seine Nachfolge spekuliert wird. Der 58-Jährige kündigte seinen Rücktritt an, nachdem mehr als 50 Minister, Abgeordnete und Mitarbeiter des Kabinetts hinwarfen – aus Protest gegen seinen Führungsstil. Bis das Amt des Parteiführers neu besetzt ist, will Johnson Premierminister bleiben.
Boris Johnson tritt als Parteichef zurück
Großbritanniens Premier Johnson tritt als Chef seiner Konservativen Partei zurück. Er wolle aber als Regierungschef weitermachen, bis ein Nachfolger gewählt sei.
© Quelle: Reuters
Elf Kandidaten gibt es bislang
Neben Sunak haben bislang zehn weitere konservative Abgeordnete ihren Hut für den Parteivorsitz in den Ring geworfen. Darunter Außenministerin Liz Truss, Finanzminister Nadhim Zahawi und Verkehrsminister Grant Shapps sowie der ehemalige Gesundheitsminister Sajid Javid. Als aussichtsreicher Anwärter gilt auch der ehemalige Außen- und Gesundheitsminister Jeremy Hunt. Außenhandelsstaatssekretärin Penny Mordaunt gilt als mögliche Kompromisskandidatin. Manche nutzen das Rennen außerdem, um ihren Namen ins Spiel zu bringen, wie der weitgehend unbekannte Abgeordnete Rehman Chishti.
Die Partei drückt bei der Suche nach einer Nachfolge zudem aufs Tempo. Bis zur parlamentarischen Sommerpause am 21. Juli sollen wohl nach einer Reihe von Wahlgängen nur noch zwei Kandidaten übrig sein. Danach entscheiden die Parteimitglieder, wer als Nächstes in die Downing Street ziehen soll, vermutlich Anfang September, frühestens. Der Nachfolger muss im Lager der Brexit-Hardliner sowie in jenem der Tory-Abgeordneten aus den ehemaligen Industriegebieten in Nordengland ausreichend Unterstützung erhalten.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/OLKZQRDSSZACHJCHAFDBM6JBBM.jpg)
Rishi Sunak will neuer britischer Premierminister werden. Er gilt derzeit als Favorit – doch das heißt in London noch nicht viel.
© Quelle: IMAGO/NurPhoto
Sunak hat sich seinen guten Ruf in Teilen der Partei während der Pandemie erarbeitet. So führte er unter anderem das beliebte Programm „Eat out to help out“ ein. Zuvor nicht in der ersten Reihe wirkte er in seinem Amt als Finanzminister verlässlich und kompetent. Überdies arbeitete er schon damals an seiner Person als Marke durch die Präsenz in sozialen Medien. Zweifel an seiner Integrität kamen zuletzt wegen seines Reichtums auf – und weil seine Frau Steuerzahlungen vermieden hatte.
Thema Nummer eins werden Steuersenkungen sein
Obwohl der Startschuss für das Rennen erst vor wenigen Tagen gefallen ist, ist jetzt schon klar, um welches Thema der Wahlkampf kreisen wird, wie der Politologe und Historiker Vernon Bogdanor vom Kings College London bestätigte: Steuersenkungen. Als Thema ins Spiel gebracht hatte es Sunak selbst. Er sagte, dass eine Senkung der Abgaben nicht möglich sei. Man solle den Menschen diesbezüglich keine „Märchen erzählen“.
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Spotify Ltd., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Das jedoch sehen viele Kandidaten anders, darunter Javid sowie Hunt. Beide versprachen eine Senkung der Körperschaftssteuer. Experten geben zu bedenken, dass diese jedoch wohl durch Lohnkürzungen im öffentlichen Sektor oder die Aufnahme von Krediten finanziert werden müssten. Sunak wird wegen der interventionistischen Agenda von seinen Gegnern dennoch als Sozialist verunglimpft. Der Kampf um die Nachfolge in der Partei, er ist voll entbrannt.
Vorwürfe gegen Boris Johnson
„Auch wenn Sunak in den aktuellen Umfragen vorne liegt. Auf wen die Wahl schließlich fällt, ist zum jetzigen Zeitpunkt völlig offen“, betonte der Politologe Bogdanor. Rückblickend seien es oft nicht die Topkandidaten gewesen, die am Ende gewannen. So gingen 2005 alle davon aus, dass David Davis gewählt würde. „Am Ende wurde es David Cameron.“
Boris Johnson jedenfalls wollte gestern keine Empfehlung abgeben, wer seine Nachfolge übernehmen soll. Im Gegenteil: Ihm wird sogar vorgeworfen, Posten im Kabinett mit unqualifizierten Abgeordneten neu besetzt zu haben, nur um dem neuen Parteichef, einmal im Amt, das Leben schwer zu machen.
Laden Sie sich jetzt hier kostenfrei unsere neue RND-App für Android und iOS herunter