Wie Lindner seinen Widerstand gegen Steuererhöhungen begründet
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Bundesfinanzminister Christian Lindner rechtfertigt sich.
© Quelle: Oliver Berg/dpa
Berlin. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) lehnt den Vorschlag der Wirtschaftsweisen strikt ab, den Spitzensteuersatz für Gutverdiener und ‑verdienerinnen anzuheben oder einen „Energiesoli“ einzuführen, um die Hilfspakete gegen die Energiekrise sozial gerechter zu gestalten. In einer Analyse von Ökonomen und Ökonominnen seines Ministeriums, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt, heißt es, eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes würde die arbeitende Mitte der Gesellschaft sowie viele Mittelständler und Familienunternehmen belasten. „Steigende Steuerbelastungen bei abnehmenden Realeinkommen erhöhen das Risiko einer Rezession und schwächen die Kaufkraft von Haushalten und die Investitionstätigkeit der Unternehmen“, warnen die Autoren.
Breite Entlastung notwendig
Um die Wirtschaft zu stabilisieren, seien vielmehr Entlastungen für die Breite der Gesellschaft nötig. Die Forschung zeige, dass staatliche Entlastungsmaßnahmen zur wirtschaftlichen Stabilisierung nicht nur auf einkommensschwache Privathaushalte konzentriert werden sollten. Liquiditätsprobleme könne es auch bei grundsätzlich einkommensstarken, zumeist jungen Familien mit Kindern geben, wenn diese beispielsweise gerade begonnen hätten, ein Eigenheim zu finanzieren. „Die Stützung aller liquiditätsbeschränkten Haushalte und Unternehmen verhindert einen Zusammenbruch der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, heizt die Inflation aber nicht zusätzlich an“, wird in der Analyse argumentiert.
Das Ministerium weist zudem die These der Wirtschaftsweisen zurück, die Hilfspakete seien nicht sozial gerecht ausgestaltet. Da sie über Schulden finanziert würden, müssten sie in Zukunft über Steuern zurückgezahlt werden. Diese seien aber schon heute so ausgestaltet, dass breitere Schultern eine höhere Last trügen. „Auch ohne eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes oder die Einführung eines Energiesolis sind die Maßnahmen des wirtschaftlichen Abwehrschirms somit verteilungspolitisch bereits stark progressiv finanziert“, so Lindners Wissenschaftler.
Befristung nicht glaubwürdig
Die Einführung eines „Energiesolis“ würde nach Ansicht der Ministeriumsökonomen für Personengesellschaften einen dauerhaften Verlust an Wettbewerbsfähigkeit bedeuten. „Neue Steuern insbesondere für Selbstständige und Gewerbetreibende schwächen die Innovationskraft der Wirtschaft und damit das Wirtschaftswachstum der Zukunft“, heißt es weiter. Schließlich beeinflusse die Höhe der Steuern über die Gewinnerwartungen der Unternehmen Anreize für Innovation und Investitionen.
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Auch die Zusage einer strengen zeitlichen Befristung helfe dabei nicht, denn nach den Erfahrungen mit dem Solidaritätszuschlag erscheine das „wenig glaubwürdig“. Schließlich sei der Soli 1991 befristet für ein Jahr eingeführt worden und werde seitdem erhoben. „Es besteht dementsprechend die relevante Gefahr, dass die Belastung sich dauerhaft verfestigt“, mahnen die Ökonomen von Lindner.
Die Autoren des Ministeriums verweisen zudem auf eine sinkende Attraktivität des Standorts Deutschland im internationalen Vergleich, sollten die Steuern angehoben werden. „Die hohe Steuern- und Abgabenbelastung ist bereits im Status quo eine signifikante Schwäche des Standorts Deutschland“, schreiben sie. Um außerdem im globalen Wettbewerb um Fach- und Spitzenkräfte zu bestehen, empfehle der Sachverständigenrat selbst eine Erhöhung der Attraktivität Deutschlands als Zielland. „Eine Steuererhöhung würde dabei jedoch insbesondere in Konkurrenz zu Ländern mit niedrigeren Steuern wie USA oder Schweiz diesem Ziel zuwiderlaufen“, warnt das Finanzministerium.