Wie Südkorea dem Coronavirus einen Schritt voraus sein will
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Tests am Flughafen, "Smart City" Datenbank und Tracking Armbänder: Südkorea ergreift vielfältige Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus.
© Quelle: imago images / ZUMA Wire
Seoul. Südkorea gilt als Vorreiter in der Bekämpfung des Coronavirus. Im Gegensatz zu vielen europäischen Ländern verzichtete das Land auf flächendeckende Ausgangssperren. Stattdessen setzte man auf eine Kampagne zur Vermeidung soziale Kontakte und ein massives Virus-Testprogramm. Wie effektiv diese Maßnahmen sind, schlägt sich in den Infektionszahlen nieder: Laut Johns Hopkins Universität haben sich trotz starken Anstiegs Ende Februar nur 10.631 Menschen mit dem Virus infiziert, 229 Personen starben an den Folgen.
Zusätzlich sinkt die Zahl der täglichen Neuinfektionen. Am Mittwoch meldeten die Gesundheitsbehörden nur noch 39 neue Fälle. Die Regierung plant nun, die Wirtschaft des Landes wieder anzukurbeln, denn vor allem die Zahl der Anträge auf Arbeitslosenhilfe sei stark gestiegen. Dazu sollen bereits bestehende Maßnahmen weitergeführt, aber auch neue Möglichkeiten eingesetzt werden.
14-tägige Quarantäne nach Einreise
Einen wichtigen Teil nehmen die Grenzkontrollen ein. Mehr als die Hälfte der Corona-Fälle in Südkorea lässt sich auf Menschen zurückführen, die mit dem Flugzeug eingereist sind. Somit wird der Flughafen Incheon (Seoul) zum Testcenter. Alle Einreisenden, die Symptome zeigen, müssen sich einem Test auf das Virus unterziehen.
Seit dem 1. April sind zudem alle Einreisenden verpflichtet, eine 14-tägige Selbstquarantäne einzugehen - unabhängig von der Nationalität oder dem Testergebnis. Wie die Nachrichtenagentur Reuters auf ihrer Website berichtet, sind Ankömmlinge außerdem dazu aufgefordert, eine Regierungs-App auf ihren Smartphones zu installieren. Mit dieser wird der Aufenthaltsort verfolgt und Nutzer können auftretende Symptome angeben. Laut Reuters bekämen die Nutzer zwei Wochen nach der Einreise den Hinweis, dass die App wieder gelöscht werden kann - sofern keine Symptome aufgetreten sind.
Smart City zur Verfolgung infizierter Personen
Eine weitere Variante ist die Nutzung der Datenbanken der “Smart City”. Das moderne Städtekonzept wird in Südkorea normalerweise dazu verwendet, um Informationen über den Verkehr oder die Umwelt zwischen Städten auszutauschen. Mithilfe hunderter Kameras und Sensoren wird dabei eine große Datenmenge im öffentlichen Raum aufgezeichnet. Im Zuge der Corona-Krise sollen diese Daten nun verwendet werden, um infizierte Personen noch schneller zu finden und anschließend zu isolieren. Doch wie genau funktioniert das?
Die Datenbank obliegt dem Korea Center for Disease Control und Prevention (KCDC). Wie Reuters weiter berichtet, haben Forscher über das KCDC die Möglichkeit, Patientendaten in Echtzeit zu verfolgen. Durch zusätzliche Kooperationen mit der Polizeibehörde und mehreren Telekommunikations- und Kreditkartenunternehmen können so Daten zum Aufenthaltsort, der verbrachten Zeit an einem bestimmten Ort und Kreditkartentransaktionen einer Person bestimmt werden.
Trotz der großen Datenmenge, die jeder Mensch weiter gibt, versichern die Behörden den vertraulichen Umgang. Laut dem Ministerium für Land, Infrastruktur und Verkehr hätten nur wenige Personen eine Autorisierung für die Datenbank. Zudem sollen die Informationen wieder gelöscht werden, sobald der Ausbruch des Virus eingedämmt ist.
Bei Quarantäne-Verstoß: Tracking Armbänder
Auch bei der Einhaltung der Selbstquarantäne greift die koreanische Regierung zu strengen Maßnahmen. Hält sich eine Person nicht an die Bedingungen der häuslichen Quarantäne, soll diese ein elektronisches Armband zur Verfolgung des Aufenthaltsort tragen. Mehrere Menschrechtsgruppen haben Bedenken an dieser Methode geäußert. Auch Lee Beo Seok, Mitarbeiter des Innenministeriums, gab zu, dass die legale Grundlage fehle.
Deswegen können die Menschen nicht zum Tragen eines solchen Armbands gezwungen werden, sondern dürfen freiwillig entscheiden. Durchgeführt wird die Vergabe durch die Polizei und Verwaltungsangestellte, die dann Einwilligungsformulare ausstellen und diejenigen untersuchen, welche die Quarantänepflicht gebrochen haben. Beim Verstoß gegen die Regeln könnte es andernfalls zu Strafen bis zu einem Jahr Gefängnis oder mehreren Tausend Euro kommen.
Der Kontrollfaktor der koreanischen Bevölkerung ist hoch. Doch die Regierung versucht, einen Weg einzuschlagen, mit dem nahezu alle Covid-19-Fälle aufgedeckt werden können. Gleichzeitig wollen sie “einen gewissen Grad an wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Aktivität” wiederaufnehmen, wie Ministerpräsident Chung Sye Kyun am Montag sagte.
RND/ch mit AP/ dpa