Zahl der Pendler auf Rekordstand: Linke fordert mehr Entlastung für Geringverdiener
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Berufsverkehr über den Mittleren Ring in München: Der Arbeitsweg hat sich für viele Menschen seit den 1970er-Jahren nahezu verdoppelt.
© Quelle: dpa
Berlin. Angesichts weiter wachsender Pendlerströme und explodierender Treibstoffpreise fordert die Linke von der Ampelregierung eine stärkere Entlastung von Arbeitnehmern, die täglich oft weite Strecken zur Arbeit zurücklegen müssen. „Die bisher beschlossenen Entlastungen reichen nicht und helfen Gering- und Durchschnittsverdienern wenig“, sagte Dietmar Bartsch, Fraktionschef der Linken im Bundestag, gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
„Die Zahl der Pendler ist auf Rekordstand, die Energiepreise sind auf Rekordstand, die Pendler sind die Gekniffenen“, fuhr Bartsch fort und forderte: „Wir brauchen eine Aussetzung der Energiesteuer, solange Mondpreise an den Zapfsäulen herrschen.“
In seiner Argumentation stützt sich Bartsch auf eine Statistik der Bundesagentur für Arbeit, die die Linke erfragt hat. Danach pendelten zum Stichtag 30. Juni 2021 rund 418.000 Arbeitnehmer, die im Osten wohnen, zur Arbeit in den Westen. Umgekehrt gab es zur gleichen Zeit rund 208.000 Menschen, die vom Westen in den Osten pendelten. Damit ist die Zahl Ost-West-Pendler nicht nur doppelt so groß, sie ist auch auf einen neuen Höchststand geklettert.
So gab es laut Statistik der Arbeitsagentur im vergangenen Jahr 10.000 Pendler mehr von Ost nach West als 2020 und auch mehr als 2019. Aber auch die Zahl der Pendler von West nach Ost ist 2021 um 30.000 gegenüber Vorjahr gestiegen. Im Vergleich zum Jahr 2013, wo 117.000 Menschen von West nach Ost pendelten, hat sich die Zahl im Jahr 2021 sogar fast verdoppelt.
Mobilitätsgeld statt Pendlerpauschale
Vor diesem Hintergrund fordert Bartsch eine Umwandlung der Pendlerpauschale in ein Mobilitätsgeld. „Es geht darum, dass Gering- und Durchschnittsverdiener deutlich mehr im Portemonnaie haben und Spitzenverdiener nicht den größten Steuervorteil bekommen“, sagte Bartsch dem RND. „Wir fordern die Umstellung auf ein Mobilitätsgeld als festen Betrag pro Kilometer Arbeitsweg, der für alle Pendler gleich hoch ist.“
Das will auch die von Stiftungen getragene Initiative Agora Verkehrswende. Sie plädiert ebenfalls anstelle der Pendlerpauschale für ein einkommensunabhängiges Mobilitätsgeld, das beispielsweise 10 Cent pro Kilometer betragen könnte. „Das wäre mehr im Sinne von Haushalten mit geringem Einkommen, weil mit der jetzigen Pendlerpauschale Besserverdiener steuerlich stärker begünstigt werden“, sagte ein Sprecher der Initiative dem RND.
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© Quelle: Agora Verkehrswende
Die Ampelkoalition hatte im Februar angesichts der gestiegenen Energiepreise im Zuge eines Entlastungspakets beschlossen, die Pendlerpauschale für Fernpendler in der Steuererklärung anzuheben. Zugleich soll in dieser Legislaturperiode eine Neuordnung der Pendlerpauschale angestrebt werden, die „ökologisch-soziale Belange“ der Mobilität stärker berücksichtigt.
Die Initiative Agora geht da weiter und fordert, den Pendlerverkehr weg vom Auto hin zu Bussen, Bahn und Fahrrad zu bewegen. In einer Studie, die Agora gemeinsam mit dem Institut für Stadtentwicklung in Dortmund erstellt hat, heißt es, die mittleren Distanzen im Berufsverkehr hätten sich seit 1976 von acht auf 16 Kilometer erhöht. Die Politik habe über Jahre Anreize gesetzt, immer längere Arbeitswege in Kauf zu nehmen und diese vorrangig allein mit dem privaten PKW zurückzulegen, in dem dann zumeist nur ein Mensch sitze. Um vom klimaschädlichen Autoindividualverkehr wegzukommen, sei ein massiver Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs nötig, heißt es in der Studie.
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Das Bundesfinanzministerium verwies auf RND-Anfrage darauf, dass mit einem Kabinettbeschluss vom 16. März 2022 „Fernpendlerinnen und Fernpendler durch die auf das Jahr 2022 vorgezogene Erhöhung der Entfernungspauschale um 3 Cent auf 38 Cent pro Kilometer entlastet werden“.