Der Staat darf Opfer von Hass und Bedrohungen nicht alleinlassen
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In Wien kamen zahlreiche Menschen zu einer Trauerkundgebung für die österreichische Ärztin Lisa-Maria Kellermayr.
© Quelle: IMAGO/SEPA.Media
Der Tod der österreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr muss ein Alarmsignal für alle Sicherheitsbehörden sein – auch in Deutschland. Noch immer werden Hassnachrichten und selbst Morddrohungen viel zu oft verharmlost. Kellermayr erhielt solche Drohungen von Rechtsextremen und radikalen Impfgegnerinnen und ‑gegnern regelmäßig. Die Polizei in Oberösterreich nahm ihre Sorgen lange nicht ernst, die Ärztekammer ebenso wenig. Die Ärztin stellte deshalb auf eigene Kosten einen Sicherheitsdienst ein. Als sie das nicht mehr bezahlen konnte, blieb ihr nur die Schließung ihrer Hausarztpraxis. Am vergangenen Freitag nahm sich die 36-Jährige nach Angaben der Staatsanwaltschaft das Leben.
Es verbietet sich, über die genauen Hintergründe eines Suizids zu spekulieren. Doch es ist eindeutig, wie sehr Kellermayr die Morddrohungen zugesetzt haben – und das Gefühl, damit alleingelassen zu werden.
Die Polizei fühlt sich zu oft nicht zuständig
Solche Drohungen und das Gefühl der Hilflosigkeit kennen viele, die sich seit dem Beginn der Corona-Pandemie öffentlich gegen die Erzählungen von Impfgegnern und ‑gegnerinnen und Verschwörungsideologinnen und ‑ideologen gestellt haben: Wissenschaftlerinnen, Ärzte, Journalistinnen oder Aktivisten. Oftmals sind es Frauen, die besonders heftig angegriffen werden, denen mit Ermordung und Vergewaltigung gedroht wird.
Bei Drohungen, die im Internet verschickt werden, fühlen sich deutsche Polizeistellen viel zu oft nicht zuständig. Häufig fehlen dort die Sensibilität und das Wissen, was dagegen getan werden kann. Das muss sich dringend ändern. Denn wenn strafbare Hetze und Bedrohungen ohne Konsequenzen für die Täterinnen und Täter bleiben, sind die Folgen für ihre Opfer umso größer. Viele ziehen sich aus der Öffentlichkeit zurück, überlassen den Hetzerinnen und Hetzern unfreiwillig das Feld. Manche führen ein Leben in Angst. Das darf ein Rechtsstaat niemals tatenlos zulassen.
Haben Sie Suizidgedanken? Dann wenden Sie sich bitte an folgende Rufnummern: Telefonhotline (kostenfrei, 24 h), auch Auskunft über lokale Hilfsdienste: (0800) 111 0 111 (ev.); (0800) 111 0 222 (rk.); (0800) 111 0 333 (für Kinder/Jugendliche); E‑Mail unter www.telefonseelsorge.de