Royal beendet Staatsbesuch

König Charles in Hamburg: auf den Spuren seiner Mutter

König Charles III. von Großbritannien winkt auf dem Balkon vom Hamburger Rathaus.

König Charles III. von Großbritannien winkt auf dem Balkon vom Hamburger Rathaus.

Hamburg. Die Lautsprecheransage am Bahnsteig klingt wie eine dieser üblichen Pannenansagen: „Beachten Sie bitte, dass der Wagen 14 heute leider ausgebucht ist.“ Das „leider“ ist vermutlich nicht so gemeint, schließlich hat der ICE 804 an diesem Freitagmorgen keine Panne, sondern besondere Fahrgäste. Zwischen Berlin-Hauptbahnhof und Hamburg-Dammtor wird er eine Königskutsche auf Schienen. „Bundesrepublik Deutschland“ heißt der blitzblanke, extralange ICE 4, ein schwarz-rot-goldener Streifen ziert den ganzen Zug.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Eine Familie in der ersten Klasse schaut ungläubig, als sie ahnt, was hier gleich passieren wird. „Aber einen Cappuccino kriegt er trotzdem nicht“, sagt der Vater, „der ist alle, haben sie im Bordbistro gerade gesagt.“

Ganz hinten im Wagen 14 steigen dann König Charles III. und Königingemahlin (Queen Consort) Camilla ein, Bahnchef Richard Lutz winkt am Bahnsteig. Kommen sie auch pünktlich in Hamburg an, Herr Lutz? „Wollen wir‘s hoffen“, ruft Lutz über die Absperrung dem RND-Reporter zu. „Dieser Zug ist auf der gleichen In­fra­struk­tur unterwegs wie alle anderen.“

Im ICE wurde Tee mit Milch serviert

Sie schaffen es, auf die Minute. Charles bekam keinen Cappuccino, aber einen Tee mit Milch serviert, Camilla ein Mineralwasser, beide studierten Akten während der Fahrt, draußen rauschten Brandenburg und Mecklenburg vorbei. Schietwetter in Hamburg, standesgemäß, man soll sich wie zu Hause fühlen. Hunderte warten am Bahnhof Dammtor, 1000 Polizistinnen und Polizisten sind in der Hansestadt im Einsatz. Natürlich war Charles schon einmal hier, 1987 mit Lady Diana. Auch damals lud ihn der Senat zu einer Hafenrundfahrt ein – was Hamburger halt so tun, wenn die Königsfamilie einer früheren Seemacht in die Stadt kommt.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

1965 fuhr Queen Elizabeth II. eine ganze Woche mit dem Sonderzug durch Deutschland, auch sie kam am Bahnhof Dammtor an. Dass ihr Salonwagen ursprünglich für die Nazi-Größe Heinrich Himmler gebaut worden war, hatten ihr die Deutschen vermutlich nicht verraten.

König Charles III. (2.v.l.) vor dem Denkmal „Kindertransport - Der letzte Abschied" am Bahnhof Dammtor.

König Charles III. (2.v.l.) vor dem Denkmal „Kindertransport - Der letzte Abschied" am Bahnhof Dammtor.

Charles begegnet die Erinnerung an die nationalsozialistischen Verbrechen und den Zweiten Weltkrieg schon auf dem Bahnhofsvorplatz. Erste Station: das Denkmal „Kindertransport – der letzte Abschied“ des Bildhauers Frank Meisler. Auch an der Londoner Liverpool Street Station steht eine Skulptur von Meisler, sie heißt „Kindertransport – die Ankunft“. Aufgestellt wurde sie 2006 auf Initiative von Charles. In der Zeit von Dezember 1938 bis zum 1. September 1939 fuhren etwa 1000 jüdische Kinder von Hamburg nach Großbritannien – ihre Eltern durften nicht einreisen. Für die meisten war es ein Abschied für immer.

Ein kleiner Schönheitsfehler zum Abschluss

Die Ruine der Nikolaikirche erinnert an die britischen und amerikanischen Bombenangriffe, die Stadt und Hafen 1943 zum großen Teil in Schutt und Asche legten. Ein Versöhnungstermin. Charles legt einen Kranz nieder, die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs spricht, der Knabenchor singt. Ein Pflichttermin, aber ein wichtiges Signal.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Im Rathaus zeigt der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) dem Königspaar die Seite im Goldenen Buch, auf der sich 1965 Elizabeth II. und Prinz Philip eingetragen haben. Wohin auch immer Charles kommt, seine Mutter war schon da. Außer in Brandenburg, im Ökodorf Brodowin. Das war vielleicht sein persönlichster Termin dieser Reise.

König Charles III. (2.v.l.) und Königsgemahlin Camilla tragen sich in das Goldene Buch im Hamburger Rathaus ein.

König Charles III. (2.v.l.) und Königsgemahlin Camilla tragen sich in das Goldene Buch im Hamburger Rathaus ein.

Doch das auch in Deutschland sorgfältig gepflegte Image des Ökokönigs hat seine Grenzen: Charles und Camilla fahren nach dem Ende des Staatsbesuchs nicht etwa mit dem Zug nach Berlin zurück, sondern besteigen in Hamburg den Königsjet. Der Airbus 330 der britischen Regierung flog dafür leer vom Flughafen BER nach Fuhlsbüttel. Ein kleiner Schönheitsfehler nur in einem Besuch, mit dem alle zufrieden sein können, allen voran Downing Street und Premier Rishi Sunak, für die Charles erfolgreich seine Premiere als Sympathieträger in der Post-Brexit-Welt bestanden hat.

Und auch die Schülerinnen und Schüler der Rudolf-Ross-Grundschule: Sie durften nicht nur Camilla, sondern auch den Grüffelo-Schöpfer Axel Scheffler kennenlernen, der aus Hamburg stammt und in London lebt. Ein Kinderbuchmonster als deutsch-britische Gemeinsamkeit, besser geht es eigentlich nicht.

Mehr aus Promis

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken