Neue Ungereimtheiten im Fall Djokovic: PCR-Test zeigt ungewöhnliche Daten
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Der Einreisekrimi um Tennisstar Novak Djokovic geht weiter.
© Quelle: Getty Images
Melbourne. Der Einreisekrimi um den serbischen Tennisstar Novak Djokovic ist auch Tage später nicht zu Ende. Im Gegenteil: Immer wieder kommen neue Details an die Öffentlichkeit – zuletzt gab der 34-Jährige selbst Fehler beim Ausfüllen der australischen Einreiseerklärung zu.
Das möglicherweise nächste Kapitel: Der PCR-Test, der Djokovic überhaupt erst eine Einreise in Aussicht gestellt hatte. Dieser weist nach Recherchen des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ und der Forschungsgruppe „Zerforschung“ zahlreiche Ungereimtheiten auf.
Auf Twitter und in einem Blogbeitrag hat das Forscherkollektiv, das sich auf technische Zusammenhänge spezialisiert hat, seine Recherchen aufgedröselt. Grundlage ist ein Dokument, das am Montag vom australischen Bundesgericht veröffentlicht wurde und auch den serbischen PCR-Test Djokovics beinhaltet.
Digitaler Zeitstempel wirft Fragen auf
Der Test gilt als das entscheidende Dokument des Tennis-Weltranglistenersten, warum er trotz der strengen Einreisegesetze Australiens überhaupt ungeimpft das Land betreten durfte. Er sei am 16. Dezember positiv auf das Coronavirus getestet worden und habe schließlich am 22. Dezember ein negatives Testergebnis erhalten, ist den Unterlagen zu entnehmen – demnach gilt der Tennisprofi als genesen.
In den Akten der Behörden ist der gedruckte PCR-Test Djokovics zu finden – es gibt jedoch auch eine digitale Version. Und bei dieser hat die Forschungsgruppe einige Ungereimtheiten ausgemacht. Stutzig macht die Forschenden etwa ein sogenannter Zeitstempel, der beim Scannen des QR-Codes in der URL der Testregisterwebsite zu finden ist.
Demnach zeigt der erste, positive Corona-Test das Datum 26. Dezember an – und nicht etwa das Datum des 16. Dezembers. Beim zweiten, negativen Test allerdings stimmt laut den Forschenden der Zeitstempel mit den Angaben auf dem Dokument Djokovics (22. Dezember) überein.
Kein Beleg für Manipulation
„Der Spiegel“ wirft angesichts der Erkenntnisse die Frage auf, ob Djokovics erster PCR-Test möglicherweise manipuliert sein könnte. Zudem soll der QR-Code beim Überprüfen des Nachrichtenmagazins zwei verschiedene Ergebnisse ausgespuckt haben: Zunächst ein negatives, eine Stunde später dann das bekannte positive. Bei einem Gegencheck des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) war dieser Fehler jedoch nicht reproduzierbar.
Gleichzeitig schränkt das Magazin ein: Der neue Zeitstempel könne auch damit zu tun haben, dass dieser generiert wird, wenn die getestete Person das entsprechende Testergebnis gezielt vom Server herunterlädt.
Für diese Theorie sprechen auch Erkenntnisse, die im Forum „Hacker News“ veröffentlicht wurden. Demnach werden diese neu generiert, wenn man das PDF mit dem Testergebnis herunterlädt.
Verwirrung um Identifikationsnummern
Doch es gibt noch einen weiteren Hinweis, der die Forschenden skeptisch macht. Denn auch die Identifikationsnummer von Djokovics Test wirft eine Frage auf. Diese Nummer ist laut den Forschern eine fortlaufende Zahl. Kurios: Bei Djokovics erstem PCR-Test ist diese jedoch höher als beim zweiten – der angeblich früher durchgeführte Test wurde demnach offenbar später ins System eingetragen.
„Die Test-IDs sind aufsteigend, somit sollte das Ergebnis vom 16.12. eine niedrigere Nummer haben als das vom 22.12.“, resümieren die Fachleute von „Zerforschung“. Für den negativen zweiten PCR-Test liegt die Nummer rund 50.000 Stellen niedriger.
Die Identifikationsnummer von Djokovićs erstem Test passt auch zeitlich eher zum Datum des 26. Dezember als zum Datum des 16. Dezember. In Serbien seien zwischen dem 22. und dem 26. Dezember laut Gesundheitsdaten 50.000 Tests durchgeführt worden. Das passe wiederum genau zur Differenz zwischen den beiden Identifikationsnummern. Djokovic selbst und die serbischen Behörden haben sich auf Anfrage des Magazins bislang nicht zu den Ungereimtheiten geäußert.
Falsche Angaben auf Einreiseformular
Der Tennisstar steht wegen Falschangaben im australischen Einreiseformular ohnehin unter Druck. In einem langen Instagram-Post hatte der 34-Jährige zuletzt Fehler eingestanden. Es sei „ein menschlicher Fehler“ und „keine Absicht“ gewesen. „Wir leben in herausfordernden Zeiten in einer globalen Pandemie und manchmal können solche Fehler passieren“, sagte er.
Falsche Angaben auf einem Einreiseformular anzugeben kann derweil ernste Folgen haben und in Australien eine Geldstrafe bis zu 6600 Australische Dollar, umgerechnet fast 4200 Euro, oder sogar eine Gefängnisstrafe bis zu zwölf Monaten nach sich ziehen. Außerdem könnte Djokovic an künftigen Australian Open ebenfalls vorübergehend nicht teilnehmen. Australiens Einwanderungsminister hätte zudem jederzeit die Möglichkeit, das Visum von Djokovic zu annullieren und ihn für drei Jahre zu sperren.
Die Entscheidung über Djokovics Verbleib in Australien soll frühestens am Donnerstag fallen. Neue Informationen der Anwälte des 34 Jahre alten Serben hätten den Zeitrahmen verschoben, teilte das Büro des australischen Einwanderungsministers Alex Hawke mit. Es seien weitere Dokumente vorgelegt worden, die sich als relevant für eine mögliche Annullierung des Visums von Djokovic erweisen könnten.
RND/msc