Ministerpräsident Günther und „Layla“: Ein kalkulierter Auftritt im Bayernzelt?
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Ministerpräsident Daniel Günther (zweiter von links) zeigt auf der Kieler Woche keine Berührungsängste mit dem Ballermann-Hit „Layla“. Am Donnerstag sang er das umstrittene Lied auf der Bühne im Bayernzelt.
© Quelle: privat
Kiel. Videos von „Daniel Günther singt Layla“, bei einem Auftritt von Daniel Günther auf der Kieler Woche 2023, kursieren seit Donnerstagabend in den sozialen Netzwerken, wie YouTube, Twitter und Co.: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat sich auf der Kieler Woche 2023 im Bayernzelt auf die Bühne gestellt und den Songtext vom „Layla“-Lied, dem umstrittenen Ballermann-Hit, gesungen.
Bereits zum Eröffnungsabend der Kieler Woche 2023 hatte Daniel Günther sich am Irland-Stand auf dem Internationalen Markt sangesfreudig gezeigt, als er den harmlosen Evergreen „Country Road“ anstimmte. Nach der Landtagswahl 2022 sang Günther auf einer CDU-Wahlparty zudem den Partyschlager „Helikopter 117 (Mach‚ den Hub Hub Hub)“.
Video-Aufnahmen zeigen Daniel Günther, wie er neben der Band im Bayernzelt der Kiwo tanzt und lauthals den umstrittenen Partyschlager „Layla“ mitsingt.
Twitter-Video von „Daniel Günther singt Layla“
Weitere Videos von „Daniel Günther singt Layla“ sind auch auf YouTube zu finden: „Daniel Günther Layla – YouTube“
Text umstritten – Günther singt „Layla“-Song
Im Ballermann-Hit „Layla“ geht es in einigen Versionen um eine sogenannte Puffmutter. In den Aufnahmen ist zu hören, wie Günther den Refrain vom „Layla“-Song mitsingt: „Ich hab’ n’ Puff. Und meine Puffmama heißt Layla. Sie ist schöner, jünger, geiler.“
Kritiker warfen den „Layla“-Interpreten Sexismus vor, auf mancher Kirmes war der Schlager von DJ Robin & Schürze deshalb sogar verboten. Trotzdem wurde er zum Partyhit 2022 – vor allem auf Mallorca. „Layla“ stand im vergangenen Jahr neun Wochen lang auf Platz eins und wurde im Dezember offiziell zum Hit des Jahres gekürt.
„Sexistisches Narrativ“: Heftige Kritik von den Grünen und der SPD
Die Kritik zu Günthers „Layla“-Auftritt auf der Kieler Woche 2023 ließ am Freitag nicht lange auf sich warten. „Sexistische Narrative können und dürfen nicht von einem Ministerpräsidenten bedient werden – völlig unabhängig davon, ob er in Funktion seines Amtes oder privat unterwegs ist“, schimpfte Marlene Langholz-Kaiser, frauenpolitische Sprecherin des Grünen-Landesverbands. Was Johanna Schierloh, Chefin der Grünen Jugend, unterstrich. Als Ministerpräsident auf der Bühne „Layla“ mitzusingen, sei „weder cool noch mit den politischen Werten vereinbar, die die schwarz-grüne Koalition verkörpern möchte“.
Thomas Losse-Müller (SPD), Oppositionsführer im Landtag, hält es für „unangemessen“, wenn der Ministerpräsident auf großer Bühne singe, dass er Bordellbesitzer sei und die Leitung seines Etablissements „schöner, jünger, geiler“ sei. „Das Lied ‚Layla‘ ist sexistisch, und der öffentliche Vortrag mit der Würde des Amtes, das Herr Günther bekleidet, unvereinbar. Das wirft ein schlechtes Licht auf unser Land.“
SPD-Landeschefin Serpil Midyatli erinnerte an die Debatte 2022. Damals hatte Günther der „Bild-Zeitung“ in einem Interview gesagt, dass „Layla“ kein Lied sei, das er auf seiner eigenen Party spielen würde. Probleme mit dem Text habe er aber keineswegs.
Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien hatte damals allerdings getwittert: „Was für ein sexistischer, geschmackloser Text. Braucht kein Mensch.“ Was Midyatli am Freitag aufgriff: Sie teile Priens Urteil ausdrücklich. „Ich komme selbst aus der Veranstaltungsbranche und weiß auch, dass es noch mehr Ballermann-Hits gibt, die man ähnlich einordnen kann. Trotzdem muss sich Daniel Günther seiner Rolle bewusst sein.“
Sprecherin: Besuch von Günther im Bayernzelt bei „privatem Rundgang“ zur Kieler Woche
Günther äußerte sich auf Anfrage der Kieler Nachrichten nicht, stattdessen schickte Regierungssprecherin Vivien Albers ein Statement zum „Layla“-Song-Abend. Der Ministerpräsident habe am Donnerstag „im Rahmen eines privaten Rundgangs über die Kieler Woche auch das Bayernzelt besucht“, teilte sie mit.
„Dort wurde er von der Band gebeten, mit ihnen einige ihrer Lieder auf der Bühne mitzusingen. Diesem Wunsch ist der Ministerpräsident wie auch schon in der Vergangenheit gerne nachgekommen“, so Albers. Günther blieb am Freitag bei seinem Schweigen. Er wolle den Vorgang nicht weiter kommentieren, sagte er am Nachmittag auf Anfrage der Kieler Nachrichten bei einem Termin in Rendsburg.
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„Da war nichts unüberlegt“: Kieler Politologe Knelangen zu Günthers „Layla“-Gesangseinlage
Geschah der „Layla“-Auftritt von Daniel Günther im Bayernzelt der Kieler Woche möglicherweise unüberlegt? Der Kieler Politologie-Professor Wilhelm Knelangen schüttelt den Kopf. „Günther wusste sehr genau, was er tat“, sagt er. „Dahinter steckt der Versuch, Menschen jenseits der Lebenswelt der Grünen ein Angebot zu machen.“ Es sei doch klar, dass „Layla“ ein Lied sei, das bei einem bestimmten Teil der Bevölkerung Abwehrreflexe auslöst, weil sein Text abwertend gegenüber Frauen sei und auf ein „tradiertes Geschlechterverhältnis“ setze.
Der Auftritt sei auch kein Wagnis gewesen, betont Knelangen. Günther könne auf hohe Beliebtheitswerte bauen und setze innerhalb seiner Koalition von CDU und Grünen nun einen „starken Punkt“: Dass die CDU nicht wie die Grünen denke – und vor allem nicht wie die Grünen fühle. „Günther hat nach seinem starken politischen Statement gegenüber der sogenannten ‚Letzten Generation’ in dieser Woche damit auch ein starkes kulturelles Signal gesendet.“
KN