Jan Philipp Albrecht

Der Problemwolf ist immer noch in Schleswig-Holstein

Besuchte die Redaktion der Kieler Nachrichten für ein Interview: Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne)

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Kiel. Herr Minister, sollten die Grünen zur nächsten Landtagswahl einen eigenen Spitzenkandidaten aufstellen?

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Jan Philipp Albrecht: Auf jeden Fall, das haben wir ja auch zu den vergangenen Wahlen getan. Es muss aber vorrangig immer um ein klares inhaltliches Profil gehen.

In Ihrer Partei fällt hinter vorgehaltener Hand auch Ihr Name. Stünden Sie bereit?

Es ist ziemlich deutlich geworden, dass die Grünen mich mit dem Anspruch nominiert haben, auch ein Angebot für eine mögliche Spitzenkandidatur zur nächsten Wahl zu haben. Wenn ich jetzt sagen würde, ich stehe dafür nicht zur Verfügung, dann wäre das seltsam und würde viele enttäuschen.

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Würden Sie sich den Job als Ministerpräsident zutrauen?

Diese Frage stellt sich gerade überhaupt nicht. Ich bin gerade mal ein Jahr Landesminister. Und mir macht dieser Job sehr viel Spaß.

Sie hatten sich den Job leichter vorgestellt.

Ich bin gut vorbereitet in das Amt gegangen. Doch es wäre falsch zu sagen, dass man von vornherein immer weiß, wie so ein Ministeramt funktioniert.

Ihr Ressort ist das kontroverseste der gesamten Regierung.

Ja. Es ist das Ressort, in dem die Auseinandersetzungen stattfinden. Wir haben viele Gegensätze hier im Ministerium zu vereinen: zwischen Umwelt- und Naturschutz, Landwirtschaft und Energiewende.

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Ihr Koalitionspartner FDP würde den Wolf am liebsten komplett aus dem Norden verbannen. Wie wollen Sie das klären?

Das ist geklärt. Das EU-Recht steht fest: Wir haben eine streng geschützte Tierart, die wir als Land nicht einfach abschießen dürfen. Täten wir das, würden wir von der Europäischen Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt. Da zahlt man wegen Vertragsverletzung Strafen von etwa 800 000 Euro – pro Tag! Daran ändert man auch nichts, wenn man den Wolf ins Jagdrecht schreibt.

Wurde der Problemwolf mittlerweile heimlich abgeschossen?

Nein, er ist ziemlich sicher noch da, wo wir ihn vermuten. Er wurde gesichtet und es gab zuletzt nur sehr wenige Nutztierrisse. Wir gehen daher davon aus, dass er sich von Wildtieren ernährt hat, aber aufgrund der Sichtungen noch da ist. Wir gehen davon auch deshalb aus, weil die allermeisten Wildtierrisse nicht registriert und untersucht werden. Wir finanzieren Schutzzäune – nicht, weil wir den Wolf schützen wollen, sondern die Schafe. Es ist eine verzerrte Darstellung, wenn man behauptet, dass wir in diesem Jahr 3,1 Millionen Euro für zwei bis vier Wölfe ausgeben. Wir geben die Summe für mehrere 100 000 Schafe aus. Heruntergerechnet ist das eine richtige Investition.

Die Schafhalter können vom Geld nur einen Anteil der Weideflächen einzäunen.

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Im Gegensatz zu Niedersachsen erklären wir nicht das ganze Land zum Schutzgebiet, sondern neben dem Herzogtum-Lauenburg nur Dithmarschen, Steinburg, Segeberg und Pinneberg – und dort nicht alle Betriebe, sondern nur die großen. Es ist der geringstmögliche Mitteleinsatz mit der größtmöglichen Wirkung. Wir bezahlen dort das Schutzmaterial im vollen Umfang, deshalb ist das ja so teuer. Aber dann stehen die Zäune dauerhaft. Im kommenden Jahr werden wir voraussichtlich ein bis zwei Millionen Euro in die Hand nehmen.

Die Koalition hat sich beim Streitthema Windkraft auf die Gründung einer Clearingstelle geeinigt. Pfuscht Ihnen künftig jemand ins Handwerk?

Nein, die Clearingstelle soll einen Dialog mit den Betroffenen führen und sich vor allem um die Anliegen kümmern, die abseits der rechtlichen Genehmigungsverfahren kommen. Dialog mit den Betroffenen zu führen, ist immer der richtige Weg, um dann vielleicht auch die Überzeugung bei denjenigen wachsen zu lassen, die bisher noch nicht überzeugt waren.

Das glauben Sie doch selbst nicht.

Ich weiß, dass es möglich ist. Es ist natürlich ein intensiver Aufwand, den Menschen nahezubringen, was es bedeutet, wenn es uns nicht gelingt, den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzubringen.

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Solange der produzierte Windstrom nicht abfließen kann, werden Sie die Kritiker nicht überzeugen.

Deswegen setzen wir uns als erste Landesregierung im Bund für eine Reform ein: Wir wollen dafür sorgen, dass der überschüssige Strom genutzt werden kann – zum Beispiel zur Erzeugung von Wasserstoff, den man speichern kann, oder auch in intelligenten Netzen. Klar ist: Wenn wir die Netze ausgebaut haben, brauchen wir auch einen weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien.

Schleswig-Holstein müsste also mehr als die zwei Prozent der Landesfläche ausweisen?

Nicht zwingend. Die Flächen sind in Schleswig-Holstein eng begrenzt. Aber ich plädiere dafür, sich neue Ziele zu stecken. Wir müssen höhere Leistungen erbringen und auch über Fotovoltaik sprechen – auf Dächern und in der Fläche. Es geht darum, die Energie von morgen in Schleswig-Holstein zu produzieren. Wenn wir nicht stärker ausbauen, wird der erneuerbare Strom woanders hergestellt.

Streit gab es auch mit der Landeshauptstadt. Kommt Kiel um ein Fahrverbot für Dieselautos auf dem Theodor-Heuss-Ring herum?

Das liegt jetzt in der Hand der Stadt. Nach dem Vorschlag, den wir für den Luftreinhalteplan gemacht haben, gibt es diese Möglichkeit – und zwar mit dem Maßnahmenkatalog, den uns die Stadt vorgeschlagen hat. Noch verbleibt bis zum Grenzwert ein Rest. Es gibt technologische Einrichtungen wie Luftabsaugeanlagen, wo wir guter Dinge sind, dass die Stadt es damit schaffen kann. Im kommenden Jahr gibt es wegen Baustellen eine Reduktion von Fahrzeugen, und in den folgenden Jahren nehmen die Belastungswerte ab, weil die Fahrzeuge neuer werden.

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