Telematik in Praxen und Kliniken

Viele Probleme bei der elektronischen Krankmeldung in Schleswig-Holstein

Bei der Umstellung vom „Gelben Schein“ auf die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) berichten Ärzte, das UKSH und Arbeitgeber in SH von Schwierigkeiten.

Bei der Umstellung vom „Gelben Schein“ auf die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) berichten Ärzte, das UKSH und Arbeitgeber in SH von Schwierigkeiten.

Kiel. Noch hakt es bei der Umstellung vom „Gelben Schein“ auf die digitale Krankmeldung in Schleswig-Holstein. Niedergelassene Ärzte, das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) und Arbeitgeber berichten, dass die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) mit mehr Aufwand verbunden sei. Demnach sorgen technische und organisatorische Schwierigkeiten für Unsicherheit und Frustration. Grundsätzlich unterstützen Akteure im Gesundheitssystem die eAU aber. Auch die Patienten haben das Verfahren offenbar schnell akzeptiert.

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Kranke, gesetzlich versicherte Arbeitnehmer müssen seit Jahresbeginn keinen „Gelben Schein“ mehr im Job vorlegen, sich dort allerdings weiterhin unverzüglich krankmelden. Dafür brauchen sie einen Arzt, der ihnen die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Praxen und Kliniken sollen den Nachweis der Krankenkasse digital zur Verfügung stellen. Über Portale bei den Kassen erhalten Arbeitgeber dann Einsicht in die Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Diese Informationen müssen sie aktiv abrufen.

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Hier treten noch Probleme auf, berichtet Jens Lassen vom Hausärzteverband Schleswig-Holstein: „Es gibt manchmal Irritationen. Patienten sagen, der Chef wolle den Ausdruck doch haben.“ Das seien jedoch Einzelfälle, so Lassen, der in Nordfriesland eine Praxis führt – und die eAU als Beispiel für eine Telematik-Anwendung sieht, die alltagstauglich ist: „Wenn wir an die Digitalisierung in den Praxen denken, ist die eAU das, was mit Abstand am besten klappt.“ Nachteile gebe es, je nach Praxissoftware, durch Zeitverluste.

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UKSH zur eAU: „Das Ausstellen dauert zu lange“

Das bestätigt das UKSH: „Das Ausstellen dauert zu lange“, sagt Sprecher Oliver Grieve. „Dies bedeutet jeweils kurze Wartezeiten für jede einzelne AU.“ Für die Abläufe im klinischen Alltag sei das störend. Am UKSH werde daher in der Fläche noch übergangsweise das Ersatzverfahren mit einem dafür notwendigen Ausdruck angewandt. Die eAU bedeute in der jetzigen Form noch keine Entlastung, sondern einen Mehraufwand für die klinischen Mitarbeitenden, so Grieve.

Auch der Allgemeinmediziner Ullrich Krug (63) aus Groß Vollstedt (Kreis Rendsburg-Eckernförde) bekräftigt: „Die Umsetzung ist nicht ganz einfach.“ Es gebe wenige Praxen im Kreis, bei denen es störungsfrei läuft. „Bei 80 bis 100 Krankmeldungen am Tag geht Arztzeit verloren“, sagt Krug.

Arzt aus Nordfriesland: Große Mehrheit der Patienten will keinen Ausdruck mehr

Bei Patienten indes ist die Akzeptanz offenbar hoch: „90 Prozent wollen keinen Ausdruck mehr“, so der Eindruck bei Jens Lassen vom Hausärzteverband. Daher habe er die Sorge, dass kranke Arbeitnehmer erneut in die Praxis kommen müssen, um sich die ärztliche Bescheinigung für den Arbeitgeber abzuholen.

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Der Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein, Marco Dethlefsen, pflichtet ihm bei: „Das Problem ist, dass noch nicht alle Arbeitgeber technisch und organisatorisch auf die Umstellung zur eAU vorbereitet sind.“ Das betreffe vor allem kleinere Unternehmen. „Es gibt daher Patienten, die von den Ärzten weiterhin einen Papierausdruck für ihren Arbeitgeber brauchen. Statt weniger bedeutet die eAU in diesen Fällen mehr Aufwand für die Praxen, die eigentlich entlastet werden sollen.“

UVNord bestätigt: „Prozesse müssen sich einspielen“

Dass noch nicht alles reibungslos läuft, bestätigt Sebastian Schulze, Geschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein, UVNord: „Die Änderung sorgt für neue Prozesse in den Unternehmen, die sich natürlich erst einspielen müssen.“ Man wünsche sich zukünftig „anwenderfreundlichere Verfahren: Uns wird teilweise berichtet, dass es aktuell als aufwendiger als vorher empfunden wird.“ Die Möglichkeiten der Digitalisierung, so Schulze, seien dort noch nicht vollständig ausgeschöpft. Grundsätzlich begrüße man die Digitalisierung rund um die AU-Bescheinigung.

Eine deutlich gestiegene Akzeptanz des elektronischen Verfahrens bei Arbeitnehmern und Praxen im Norden hat zumindest die Krankenkasse AOK Nordwest bereits in der Testphase beobachtet. Der Wechsel von der Pilotphase in den Regelbetrieb sei aus Kassen-Sicht „problemlos“ verlaufen, so Sprecher Jens Kuschel. In „Einzelfällen“ werde in Praxen wegen technischer Hürden das Papierverfahren beibehalten. Durch die Umstellung werde insgesamt viel Papier eingespart: „Bei der AOK Nordwest gingen vor Umstellung auf das digitale Verfahren (eAU) jährlich rund fünf Millionen AU-Bescheinigungen in Papierform ein, davon etwa 1,5 Millionen Papierbelege in Schleswig-Holstein.“

KN

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