Was wird aus den Krabbenfischern?
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Das Verbot aus Brüssel für Krabbenfischerei mit Grundschleppnetzen ist vorerst vom Tisch. Doch von Entwarnung will man in Branche und Politik vorerst nicht sprechen.
© Quelle: Carsten Rehder/dpa
Büsum. Das Verbot aus Brüssel für Krabbenfischerei mit Grundschleppnetzen ist vorerst vom Tisch. Doch von Entwarnung will man in Branche und Politik vorerst nicht sprechen. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat am Dienstag einen Besuch bei EU-Parlamentspräsidentin Roberta Matsola genutzt, um für eine andere Lösung zu werben. Und die SPD-Landtagsfraktion verlegte aus gegebenem Anlass gleich ihre wöchentliche Fraktionssitzung nach Büsum.
„Der Aktionsplan hätte in dieser Form Brüssel und die EU-Kommission unter der Präsidentschaft von Ursula von Leyen niemals verlassen dürfen“, sagte der Pinneberger SPD-Abgeordnete Thomas Hölck nach einem Gespräch mit Fischern. „Krabbenfischerei ist ein altes Handwerk, sichert vielen Familien Einkommen und ist für die Westküste identitätsstiftend.“ Die schwarz-grüne Landesregierung müsse mit Handwerk und Verbänden schnellstmöglich in einen Dialog treten.
Verband SDN: Wahre Bedrohung der Nordsee nicht durch Krabbenfischerei
Aus Sicht des Verbands „Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste“ sind die Betriebe weiter in Gefahr. Nötig sei eine öffentlich geförderte Forschungsoffensive, um die Fangtechnik umweltschonend weiterzuentwickeln. „Die wahre Bedrohung für die Nordsee kommt nicht von der Krabbenfischerei“, sagte Vize-Verbandschef Ulrich Bierstein, „sondern durch Schadstoffeinträge, Erwärmung, Plastikmüll, Gammelfischerei, Eutrophierung, Sandentnahmen, militärische Nutzung, Offshore-Windparks, Baggergutverklappungen, Havarierisiken und vieles mehr.“
In der vergangenen Woche hatten drei deutsche EU-Abgeordnete von der CDU dem litauischen EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius einen Brandbrief geschrieben – darunter der Kieler Niclas Herbst. Dieser sprach am Dienstag von einem Etappensieg. „Die Kommission rudert erkennbar zurück und wird demnächst Experten-Anhörungen zum Thema ansetzen.“ Allerdings sei davon auszugehen, dass vor allem Umweltverbände keine Ruhe geben: „Das Schleppnetzverbot wird in Zukunft sicher wieder diskutiert werden.“
EU-Abgeordneter Niclas Herbst mahnt alternative Fanggerätschaften an
Ausgerechnet der Marine Stewardship Council (MSC), also eine gemeinnützige, internationale Organisation zum Schutz der Meere und Fischbestände, habe den grundberührenden Fang ausdrücklich als nachhaltig definiert, heißt es im Schreiben der drei CDU-Abgeordneten. „Aus welchem Grund also droht dieser bewährten Fischereipraxis nun das totale Berufsverbot?“ Solange die Kommission deutschen Krabbenfischern keine alternativen Fanggerätschaften nenne, könne „man ihr nur Gleichgültigkeit unterstellen“.
Die „Rheinische Post“ zitierte am Dienstag eine Sprecherin des EU-Kommissars. Man begrüße „diese Gelegenheit, unseren Dialog mit nationalen und regionalen Interessenträgern fortzusetzen“. Ein automatisches Verbot sei nicht geplant. „Vielmehr fordern wir die Mitgliedstaaten auf, in den kommenden zwölf Monaten die Situation ihrer Gewässer und Flotten zu erfassen und bis Ende März 2024 einen Fahrplan für die Zeit bis zum Jahr 2030 auszuarbeiten.“ Aber: Wissenschaftlichen Analysen zufolge sei die Grundschleppnetzfischerei derzeit die Hauptursache für die Störung des Meeresbodens.
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Darauf wies auch Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) hin. „Wenn sich nun die Wogen wieder etwas glätten, bedeutet das nicht, dass die Probleme in Nord- und Ostsee verschwunden sind“, sagte er. „Die Grundschleppnetzfischerei hat Auswirkungen auf den Meeresboden.“ Er werde sehr genau hinschauen, dass es keine einseitige Lösung zulasten des Meeresnaturschutzes gebe. „Mindestens Teile der Schutzgebiete müssen fischereifrei sein, wie es auch unsere Landesbiodiversitätsstrategie vorsieht. Die Sandkoralle im Wattenmeer gehört zu Schleswig-Holstein ebenso wie die Nordseekrabbe.“
KN