Kürzungen bringen Grüne in Erklärungsnot
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Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will die Bundesmittel für Integration an die Länder drastisch kürzen: in Schleswig-Holstein von 68 auf 24 Millionen Euro. Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) will das nicht allein tragen und einen Teil an die Kommunen weiterreichen. An der grünen Basis rumort es.
© Quelle: dpa
Kiel. Statt bislang 17 Millionen Euro soll es ab nächstem Jahr nur noch fünf geben. Kürzungen ausgerechnet beim vielbeschworenen grünen Zentralanliegen der Flüchtlingsintegration! Auf den Weg gebracht von einer grünen Ministerin! Abgesegnet von der grünen Landtagsfraktion! „Was sollen wir mit einer Landesregierung, die Fehlentscheidungen der Bundesregierung einfach an die Kommunen weiterreicht, ohne eigene Prioritäten zu setzen?“, wunderte sich SSW-Landtagschef Lars Harms über seine ehemaligen grünen Koalitionspartner – und fügte süffisant hinzu, dass es doch eine Menge anderer Stellschrauben gäbe, an denen Jamaika drehen könnte, um die Kommunen nicht zu belasten: zum Beispiel beim Ausbau eines „völlig überflüssigen Abschiebeknastes in Glückstadt“. Auch hier hatten sich die Grünen dem Willen der beiden Jamaika-Partner von CDU und FDP gefügt.
Applaus von Rechtsaußen
Die AfD begrüßte Heinolds Entscheidung und nutzte die Chance, um kräftig gegen Flüchtlinge zu keilen. Die Ausgaben für Integration müssten „endlich auf das absolut Notwendige reduziert werden“, forderte Fraktionschef Jörg Nobis. Nachdem Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) seine Zuschüsse ans Land von 68 auf 24 Millionen Euro eingedampft hatte, gelte diese Forderung umso mehr.
An der grünen Basis wirkt der Applaus von Rechts wie ein Schlag in die Magengrube. „Ich wünsche mir von der Landesregierung andere Signale, gerade beim Thema Integration“, sagte Sven Radestock, Grünen-Ratsfraktionschef in Neumünster. Er habe bei der Nachricht schlucken müssen. „Wir werden mit unserer Abgeordneten Aminata Touré reden.“ Touré ist in der Landtagsfraktion für Migrationspolitik zuständig und kündigte gestern an, sich vor Ort genau die Strukturen anzusehen, die die Kommunen in Sachen Flüchtlingsintegration aufgebaut haben. „Wenn sich herausstellt, dass die Kommunen mehr als fünf Millionen Euro benötigen, ist es unsere Aufgabe als Parlamentarier, bei den Mitteln umzuschichten.“
Kourdoni: "Wir sind doch die Gekniffenen"
Für so manchen steht das Ergebnis schon jetzt fest. „Als Kommunen sind wir doch die Gekniffenen“, sagte die Kieler Ratsfraktionschefin Jessica Kordouni. „Wir machen die Arbeit, aber das Land entscheidet über die Mittelvergabe.“ Man werde Gespräche führen müssen – „auch mit Monika Heinold“. Die Grünen-Chefin im Flensburger Rathaus, Ellen Kittel-Wegner, appellierte an die Landesregierung, dringend nach Alternativlösungen zu suchen. „Diese Mittelkürzung ist fatal, sie ist falsch. Dabei darf es nicht bleiben.“ Darüber hinaus müsse Jamaika in Berlin Druck auf die Bundesregierung ausüben. Michelle Akyurt, Vorsitzende der Grünen-Bürgerschaftsfraktion in Lübeck, bezeichnete die GroKo als „Quelle allen Übels“. Dort liege der schwarze Peter, nicht in Kiel. „Scholz hat die Schrauben in der Hand. Dort gehört der Protest hin.“
Landtagsfraktion ist um Schadensbegrenzung bemüht
In der Landtagsfraktion verwies man gestern wortreich darauf, dass die Kommunen ab 2020 aus Gewerbesteuerumlagen rund 138 Millionen Euro mehr zur Verfügung haben, bemühte sich ansonsten aber um Schadensbegrenzung. „Ich bin total genervt“, sagte der Kieler Abgeordnete Lasse Petersdotter. „Im parlamentarischen Verfahren werden wir nach Möglichkeiten suchen, um die Kürzungen nicht weiterreichen zu müssen.“ Land und Kommunen ringen derzeit erbittert um eine gerechtere Verteilung öffentlicher Mittel.
Fraktionschefin Eka von Kalben betonte, dass sie zurzeit keine Spielräume erkennen könne, wie die Kommunen zusätzliches Geld erhalten. „Aber man kann mit uns leichter über Integration diskutieren als über Straßenausbaubeiträge.“
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KN