FDP in Schleswig-Holstein wählt neuen Vorsitzenden

Landesparteitag: Oliver Kumbartzky soll die Nord-FDP zu neuen Erfolgen führen

188 Ja-Stimmen, elf Ablehnungen und eine Enthaltung: Der Landtagsabgeordnete Oliver Kumbartzky (links) ist neuer Parteichef der FDP Schleswig-Holstein. Der 41-Jährige wurde Nachfolger von Ex-Sozialminister Heiner Garg (56).

188 Ja-Stimmen, elf Ablehnungen und eine Enthaltung: Der Landtagsabgeordnete Oliver Kumbartzky (links) ist neuer Parteichef der FDP Schleswig-Holstein. Der 41-Jährige wurde Nachfolger von Ex-Sozialminister Heiner Garg (56).

Neumünster. Schleswig-Holsteins FDP hat aus ihrer Niederlage zur Landtagswahl im Mai personelle Konsequenzen gezogen. Heiner Garg legte am Sonnabend nach zehn Jahren seinen Posten als Parteichef nieder. Sein Nachfolger wurde Oliver Kumbartzky (41): Der Landtagsabgeordnete aus Dithmarschen erhielt auf einem Landesparteitag in der Stadthalle Neumünster von den 200 Delegierten 94 Prozent der Stimmen. Es gab keine Gegenkandidaten.

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Kumbartzky schaltete sofort auf Attacke. CDU und Grüne seien in einer „Null-Bock-Koalition“ vereint, rief er im plötzlich ruhigen Saal. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) schleife mit grüner Unterstützung „unsere Werte wie Freiheit und Demokratie“, indem sein Koalitionsvertrag eine Generalklausel zum Ausschluss von Bürgerbegehren und einer Schwächung der kleinen Parteien in den Kommunalparlamenten enthalte. Die FDP bewerte das als Angriff. „Das werden wir nicht kommentarlos hinnehmen. Diese große Koalition will eigentlich keine Beteiligung der Menschen vor Ort.“

FDP-Parteitag: Oliver Kumbartzky greift sofort Günthers Landesregierung an

„Und dann gibt es einen arroganten grünen Umweltminister, der die gesamte Ostseeküste zum Nationalpark machen will“, sagte Kumbartzky über Tobias Goldschmidt (Grüne). „Man wundert sich, dass die CDU sowas mitmacht.“ Ansiedlungsthemen wie die Batteriezellenfabrik Northvolt in Heide würden verschlafen, der Weiterbau der A20 werde zum Zankapfel. Bildungsministerin Karin Prien (CDU) habe keine Antworten auf drängende Fragen, und Gesundheit sei zum „Wurmfortsatz“ des CDU-geführten Justizministeriums geworden. „Ideen, wie man die großen Probleme der Krankenhäuser in Schleswig-Holstein löst? Keine!“

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Freiheit, Frieden, Demokratie – und mehr Wählerzuspruch: Die Erwartungen an den neuen Mann an der Spitze sind hoch. Ihm soll es gelingen, den Freien Demokraten zur Kommunalwahl 2023 neue Impulse zu geben – und das Ergebnis von landesweit zuletzt 6,8 Prozent im Jahr 2018 zu übertreffen. Kumbartzky ist gelernter Fachmann für Marketing und Tourismus, seit 2009 Mitglied im Landtag, seit zehn Jahren Parteichef im Kreis Dithmarschen – und Mitgründer der Wattolümpiade.

Stellvertretende Landesvorsitzende wurden Landtagsfraktionschef Christopher Vogt, die Bundestagsabgeordnete Gyde Jensen und die Hennstedter Bürgermeisterin Anne Riecke. Sie hatte zur Landtagswahl auf Landeslistenplatz 6 kandidiert – die FDP erhielt aber nur fünf Mandate.

Scheidender FDP-Landeschef Garg übt Selbstkritik

Auch der scheidende Landeschef und Ex-Sozialminister Heiner Garg (56) ging mit den ehemaligen Koalitionspartnern hart ins Gericht. Die FDP werde in den nächsten Jahren Alternativen „zu einer selbstgefälligen und relativ lahmen schwarz-grünen Regierung“ bieten. Warum seine Partei im Gegensatz zu den anderen beiden Jamaika-Partnern Stimmen eingebüßt habe? Sicherlich habe die Unzufriedenheit der Deutschen mit der Bundesregierung eine gravierende Rolle gespielt. „Ich finde es aber nach wie vor richtig, dass wir uns 2021 entschieden haben, in diese Bundesregierung einzutreten“, betonte Garg. Die Union mit ihrer irrlichternden Wahl eines Spitzenkandidaten sei nicht im Zustand gewesen, im Bund Regierungsverantwortung zu übernehmen. Zugleich räumte Garg eigene Fehler ein. „Natürlich war es falsch, einen reinen Jamaika-Wahlkampf zu führen“, sagte er. „Wir hätten uns selbstverständlich abgrenzen müssen – auch und gerade von den Koalitionspartnern.“ Dann schaltete auch Garg auf Angriff. „Eine Landesregierung, die den Haushalt erst im kommenden März beschließen möchte, sich aber jetzt bereits eine zusätzliche Milliarde Euro gönnt und es zugleich nicht mal fertig bringt, 35 Millionen Euro für Kita-Beiträge zu geben? Natürlich greife ich die an.“

Auch Kubicki und Bernd Buchholz melden sich zu Wort

Der ehemalige Wirtschaftsminister Bernd Buchholz war zur Landtagswahl Spitzenkandidat gewesen. „Dieser Landesregierung ist der Motor ausgebaut worden“, sagte er zum Aus der Jamaika-Koalition. „Inhaltliche Beliebigkeit der Union hat dazu geführt, dass die Grünen den Kurs bestimmen.“ In den nächsten Jahren müsse die FDP wieder eine größere Rolle spielen. Ob er tatsächlich auf „kaltem Entzug“ sei, wie man im Landeshaus nach seinem Abschied vom Amt kolportiert? Buchholz gab sich amüsiert. „Nein, da ist jemand, der seine neue Rolle ernst nimmt – weil man ja merkt, dass unsere Impulse gebraucht werden.“

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Zu Wort meldete sich auch Wolfgang Kubicki, Urgestein der Nord-Liberalen und Vizepräsident im Bundestag. Drei Viertel der Wählerschaft fremdelten mit der Arbeit der FDP in Berlin. Das komme nicht von ungefähr. "Ich habe Christian Lindner gesagt: Der Spaß hört jetzt auf", sagte Kubicki. "Wenn SPD und Grüne Forderungen erheben, die nicht im Koalitionsvertrag stehen, dann machen wir das jetzt auch." Eine "FDP pur" sei nötig. Kubicki setzte sich äußerst kritisch mit vermeintlich klimabesorgten Aktivisten der "Letzten Generation" auseinander – und mit ihren Claqueuren bei den Grünen. "Die Reduzierung der Freiheit beginnt immer mit einer Reduzierung der Kunst." Es sei Aufgabe der FDP, dies auch in stürmischen Zeiten unmissverständlich zu brandmarken.

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