Prozess gegen Ibrahim A.

Messerattacke in Brokstedt: „Nach der Tat brach eine Massenpanik aus“

In Itzehoe ging der Prozess gegen den mutmaßlichen Messerstecher von Brokstedt, Ibrahim A., am Montag, 17. Juli weiter.

In Itzehoe ging der Prozess gegen den mutmaßlichen Messerstecher von Brokstedt, Ibrahim A., am Montag, 17. Juli weiter.

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Itzehoe. Es ist der zweite Verhandlungstag im Mordprozess gegen Ibrahim A. und eine 22-jährige Studentin ist im Landgericht Itzehoe die erste Zeugin, die öffentlich über die dramatischen Szenen im Regionalzug bei Brokstedt berichtet. Sie saß an jenem 25. Januar 2023 kurz vor der tödlichen Attacke unmittelbar vor dem 34-jährigen staatenlosen Palästinenser, hatte Blickkontakt mit dem Mann, der sie „mit großen Augen angrinst“, wie sie sagt. Schon in diesem Moment „sah er wahnhaft aus“, so die Zeugin. Nur wenige Augenblicke später sieht sie, wie er zwei junge Menschen mit einem Messer tötet und andere zum Teil schwer verletzt.

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Zeugin: Plötzlich hielt Ibrahim A. ein Messer in der Hand

Während ihrer Aussage berichtet die 22-Jährige sachlich, klar und mit ruhiger Stimme, was im RE 70 passierte. Sie selbst hatte kurz nach dem Halt in Neumünster auf einem Sitz schräg vor dem heutigen Angeklagten – sie erkennt Ibrahim A. im Gerichtssaal wieder – Platz genommen. Er sei ihr aufgefallen, weil er sich die Jacke ausgezogen hatte und unruhig wirkte. Er sei aufgestanden, habe die Hände auf die Sitzreihe gelegt und Ausfallschritte gemacht.

Die Zeugin steht kurz vor Brokstedt auf, will zunächst in Richtung Ausgang an A. vorbei. Doch der bleibt einfach stehen. „Ich wollte mich nicht an ihm vorbeidrängen“, erzählt die Studentin. Sie geht in Richtung der anderen Türen.

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Als sie sich noch einmal zu A. umdreht, hat der bereits in seine auf dem Sitz liegende Tasche gegriffen – und hält ein Messer in der Hand. In dem Moment blickt A. grinsend zu ihr herüber, berichtet die 22-Jährige, die nun ein ungutes Gefühl hat und sich nach Hilfe umschaut. Sie verliert A. aus dem Blick, sucht einen Schaffner und tippt schon den Notruf auf ihrem Handy ein. „Achtung, der Mann hat ein Messer“, ruft in diesem Moment ein anderer Fahrgast.

Zeugin: Ibrahim A. packt sein erstes Opfer und sticht zu

Das erste Opfer, ein 17-jähriges Mädchen, habe mit dem Rücken zu Ibrahim A. gestanden, erzählt die Zeugin. Im Moment der Lautsprecherdurchsage zum Halt in Brokstedt packt der Angeklagte die Jugendliche an der Schulter, reißt sie herum und beginnt, „von oben auf sie einzustechen“. Der 19-jährige Freund des Mädchens, der offenbar schon zum Treppenaufgang am Ausstieg vorausgegangen war, eilt zurück und versucht, sich zwischen Angreifer und Opfer zu drängen. „Dann hat der Mann mit dem Messer angefangen, auf ihn einzustechen“, berichtet die 22-Jährige.

Was dann folgt, beschreibt die Zeugin als „Massenpanik“: „Alle Leute im Zug sind aufgesprungen und weggerannt.“ Die 22-Jährige selbst flüchtet in einen anderen Waggon. Knapp eine Minute später fährt der Zug in Brokstedt ein, die Türen öffnen sich.

Messerattacke Brokstedt: Seltsame Szenerie auf dem Bahnsteig

Die 22-Jährige bleibt auf dem Bahnsteig, kümmert sich kurzzeitig um eine ältere Frau, die kurz zuvor blutüberströmt mit ihrem Gepäckstück aus der Regionalbahn trat. Dann fällt ihr Blick durch die sich erneut öffnenden Türen wieder auf Ibrahim A., der sich offenbar kurz zuvor im Zug einen Kampf mit einem jungen Mann geliefert und das Tatmesser verloren hat. Ein weiterer Fahrgast ergreift es, und wirft es kurzerhand in einen Mülleimer.

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Laut der Zeugin ereignet sich nun etwas Seltsames. Denn Ibrahim A. scheint nicht zu flüchten. Er geht einfach den Bahnsteig entlang, wird dabei von einem weiteren Fahrgast angegriffen, der ihn von der Seite schlägt. Der 34-Jährige habe sich danach einfach auf den Bahnsteig gesetzt. „Er saß da einfach ruhig und hat vor sich hingeguckt.“ Wenig später habe ihn die eintreffende Polizei abgeführt.

Zeugin von Brokstedt: „Man konnte es gar nicht fassen, war ruhelos“

Ihre ruhige und sachliche Art verliert die 22-Jährige nur einmal. „Wie ging es Ihnen unmittelbar danach?“, fragt der Vorsitzende Richter mit Blick auf die Momente nach den dramatischen Minuten in Brokstedt. „Man konnte es gar nicht richtig fassen, war ruhelos. Das hielt ein paar Tage an. Ich habe viel darüber nachgedacht. Es war nicht leicht, dass man die Familie des Jungen kannte, der gestorben ist“, sagt die Studentin mit brüchiger Stimme.

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Auch der zweite Zeuge, ein 21-jähriger Student, hatte in dem Waggon gesessen und A. dabei beobachtet, wie er etwa sechs Sitzreihen vor ihm T-Shirt und Jacke an seinem Körper hochschiebt, den Kopf senkt, sich gegen die Sitze lehnt. Noch am selben Tag wird der 21-Jährige in seiner ersten polizeilichen Vernehmung sagen, dass der 34-Jährige in diesem Moment gewirkt habe, als sei er „psychisch nicht ganz bei Sinnen. So als wäre er gefährlich“.

KN

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