Umweltminister: „Der schwerste Ölunfall seit mehr als 20 Jahren an der deutschen Küste“
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Das Schadstoffunfall-Bekämpfungsschiff „Scharhörn“ fährt in Brunsbüttel über das Wasser und nimmt Öl auf.
© Quelle: Jonas Walzberg/dpa
Kiel. Durch das kurz vor Weihnachten entdeckte Pipeline-Leck an den Schleusen in Brunsbüttel ist weitaus mehr Öl in den Nord-Ostsee-Kanal gelangt als bislang angenommen. Am Freitag präsentierte Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) in Kiel eine neue Einsatz-Zwischenbilanz. Dabei wurde die ausgelaufene Ölmenge deutlich nach oben korrigiert.
„Tatsächlich wissen wir, das sehr viel Rohöl ausgelaufen ist. Bislang kursiert immer die Zahl von zwölf Kubikmetern. Inzwischen wissen wir, dass es mindestens 294 Kubikmeter sind, die geborgen werden konnten“, berichtete Goldschmidt.
Pipeline-Leck am Nord-Ostsee-Kanal in Brunsbüttel: 300 Tonnen giftiges Schweröl können entwichen sein
Insgesamt dürften also rund 300 Tonnen des giftigen Schweröls durch das Pipeline-Leck entwichen sein. Die erste Schätzung von zwölf Kubikmetern stammt aus den Meldungen der Anfangsphase der Havarie vom 21. Dezember 2022.
Die aktuellen Zahlen vom Freitag basieren auf Angaben der Raffinerie, sagt Birgit Matelski, Leiterin des Landesbetriebs Küstenschutz. Die genannten 294 Kubikmeter erfassen demnach Öl, das nach dem Separieren des von den Einsatzkräften in Heide angelieferten Öl-Wasser-Gemisches aufgefangen wurde.
"Wir haben es hier mit dem schwersten Ölunfall seit mehr als Jahren an der deutschen Küste zu tun", erklärte Goldschmidt. Im November 1998 hatte der Frachter "Pallas" etwa 250 Tonnen Schweröl verloren und im Wattenmeer vor Amrum eine Ölpest verursacht.
Sperrung des Nord-Ostsee-Kanals könnte am 3. Januar 2023 aufgehoben werden
Die Sperrung des Nord-Ostsee-Kanals für den Schiffsverkehr steht dennoch vor dem Ende. Da sich die Raffinerie als Verursacher der Ölpest „professionelle Hilfe“ geholt habe, mache die Bekämpfung weiter gute Fortschritte, berichtete Birgit Matelski, Leiterin des Landesbetriebs Küstenschutz.
Die private Firma sei mit etwa 60 Personen im Einsatz. Durch diese Maßnahme sei es gelungen, auch die kleine Südschleuse wieder für Schiffe und die Entwässerung des Kanals nutzen zu können, so Matelski. Am Freitag sei die Reinigung der großen Südschleuse angelaufen.
Durch die Schleusenkammern sind demnach die ersten Schiffe aus dem Binnenhafen wieder in die Elbe entlassen worden. Dabei habe es keine sichtbaren Einträge von Rohöl in die Elbe gegeben.
Öl-Unglück im Nord-Ostsee-Kanal in Brunsbüttel: Am 2. Januar wird das Vorgehen neu beraten
„Unser Ziel ist es, den Nord-Ostsee-Kanal zeitnah freigeben zu können. Die Einsatzkräfte vor Ort arbeiten hart daran, dass dies zum 3. Januar wieder möglich wird“, sagte Minister Goldschmidt. Am Montag soll es nach der Bewertung der Lage ein Treffen aller beteiligten Behörden geben. Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt NOK erwartet eine Einschätzung der Lage durch den Landesbetriebs Küstenschutz.
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Wegen der großen Menge Rohöl rechnet der Umweltminister nicht mit vollständigen Beseitigung des aus dem Leck entwichenen Öls. „Wir werden nicht die gesamte Menge entfernen können“, so Goldschmidt. Es sei einfach zu viel Öl auch in Stellen gelangt, die nicht einsehbar seien.
„Wir werden deshalb weiter vor Ort bleiben“, sagte Birgit Matelski vom Landesbetrieb Küstenschutz. Auch in den kommenden Wochen rechne man mit Reinigungsarbeiten im Bereich des Binnenhafens. Durch Regen, Sturm und auch Schiffsverkehr komme es zu Bewegung im Wasser, wodurch dann auch noch unentdeckte Rohölmengen freigespült werden könnten.
Öl-Unglück bei Brunsbüttel: Leckstelle an Land gesichert
Die erste Vollsperrung der weltweit wichtigen Wasserstraße war am 21. Dezember 2022 verhängt worden. Am Morgen dieses Tages war im gesamten Binnenhafen von Brunsbüttel Rohöl entdeckt worden.
Erste Meldungen über Öl im Kanal hatte es allerdings bereits am 16. Dezember gegeben. Daraufhin hatte man fünf Tage lang auf Schiffen und im Pipeline-Netz nach einem Leck gesucht. Erst am Nachmittag des 21. Dezember war das Leck an einer Rohölpipeline zwischen dem Elbehafen und dem Tanklager Brunsbüttel entdeckt worden.
Das Leck befindet sich an Land in der Nähe des Ölhafens Ostermoor. Über das Erdreich und die nahe Uferböschung sind von dort die geschätzt 300 Tonnen Öl in den Nord-Ostsee-Kanal geflossen.