Regierung hinkt Zielen hinterher
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Es mangelt vor allem an Unterkünften für sozial Schwächere in Schleswig-Holstein.
© Quelle: dpa
Kiel. Nachholbedarf besteht nach den Daten des Innenministeriums Schleswig-Holstein insbesondere beim Bau von geförderten Wohnungen. Bis 2030, so die Wohnungsmarktprognose, müssen in Schleswig-Holstein jährlich rund 1600 neue Sozialwohnungen entstehen. Dieses Ziel wurde dank eines Sondereffekts nur 2017 (gut 1700 geförderte Wohnungen) erreicht. 2018 kamen 1095 Sozialwohnungen hinzu, 2019 sind es bisher 513. Das Ministerium erwartet in den nächsten Monaten allerdings wegen einer höheren Förderung deutliche Zuwächse.
Schleswig-Holstein: Zahl der Sozialwohnungen sinkt
Leidtragende sind Menschen mit geringem Einkommen. Ihre Chance auf eine bezahlbare Wohnung sinkt, weil in Schleswig-Holstein derzeit mehr Sozialwohnungen aus der Belegbindung fallen als neue hinzukommen. 2018 lief die Preisbindung für mehr als 2600 Wohnungen aus, 2019 fallen nochmals gut 1600 aus dem System. „Die aktuellen Zahlen können nicht zufriedenstellen, auch wenn nicht jede auslaufende Sozialbindung einer Wohnung dazu führt, dass deren Miete sprunghaft teurer wird“, sagte VNW-Direktor Andreas Breitner.
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SPD: "Politischer Skandal"
Die SPD beurteilte die Lage deutlich kritischer. „Die Regierung darf nicht länger zusehen, wie die soziale Spaltung durch den angespannten Wohnungsmarkt voranschreitet“, warnte die Landtagsabgeordnete Özlem Ünsal. Es sei „auch ein politisch verschuldeter Skandal“, wenn „Familien mit Kindern oder Menschen mit Behinderung, Alleinerziehende oder Senioren, Einwanderer oder Studierende sich bald überhaupt gar keinen Wohnraum mehr leisten können“.
Weniger Baugenehmigungen als nötig
Auch auf dem regulären Wohnungsmarkt werden die Zielmarken nicht erreicht. Nötig ist in Schleswig-Holstein laut Wohnungsmarktprognose im aktuellen Zeitraum der Neubau von 15600 Wohnungen im Jahr. Im Top-Jahr 2016 wurden zwar Baugenehmigungen für mehr als 16000 Wohnungen registriert. 2017 waren es nur noch gut 14200, 2018 knapp 15000. Im laufenden Jahr wurden bis Ende Mai gut 5500 Genehmigungen gezählt, etwas weniger als im selben Zeitraum des Vorjahres.
Minister Hans-Joachim Grote: Nicht auf einzelne Jahre blicken
Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) räumte nur indirekt ein, dass derzeit weniger (Sozial)Wohnungen gebaut werden als nötig. „Unser Fokus liegt darauf, nicht einzelne Jahre im Blick zu behalten, sondern langfristig die Zahlen bei der Schaffung neuen Wohnraums hochzuhalten.“ Im Blick hat er dabei auch die Wohnungsmarktprognose. Sie geht davon aus, dass der Neubaubedarf in den nächsten Jahren auf 9600 Wohnungen jährlich sinkt.
Kommunen mitverantwortlich
Für die ungenügende Bau-Bilanz machte Grote auch die Städte und Gemeinden verantwortlich. „In vielen Kommunen wird die Ausweisung neuer Wohnquartiere und die Schaffung zusätzlicher neuer Wohnbauflächen durchaus kontrovers diskutiert."Der Minister erinnerte zudem daran, dass alle Baubereiche derzeit an der Grenze der Leistungsfähigkeit seien. „Das betrifft Wohnungsunternehmen, Bauunternehmen, Planungsbüros und die Planungsbehörden der Kommunen.“
VNW beklagt Anstieg der Baupreise
Der VNW, für den die Regierung beim Wohnungsbau grundsätzlich auf dem richtigen Weg ist, erklärte den „schleppenden Neubau von Sozialwohnungen“ auch mit „ausufernder Bürokratie“ und „zu langen Genehmigungsverfahren“. Damit nicht genug: Die Baupreise sind laut VNW seit 2000 um stolze 45 Prozent gestiegen. Breitner: „Diese beunruhigende Preisentwicklung erschwert den Bau von bezahlbaren und von Sozialwohnungen. Und ein Ende scheint da nicht in Sicht.“
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