Wer hat das Zeug zum Grünen-MP?
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Umweltminister Jan Philipp Albrecht gilt immer noch als Hoffnungsträger der Grünen, ist aber noch nicht im Land angekommen. Finanzministerin Monika Heinold lehnt eine Spitzenkandidatur zur Landtagswahl 2022 nicht mehr strikt ab.
© Quelle: Frank Peter
Kiel. Die Landeshauptstadt dürfte dafür symptomatisch sein. Im Oktober wählen die Kieler ihren Oberbürgermeister, und sollten die Grünen einen eigenen, charismatischen Kandidaten aufstellen, könnte der den SPD-Amtsinhaber Ulf Kämpfer (46) alt aussehen lassen. Allein: Bislang hat sich dafür niemand finden lassen. Offiziell verweist man darauf, dass Kämpfer der grünste Sozialdemokrat ist, den man sich vorstellen kann. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass potenzielle Herausforderer dem Kreisverband bisher einen Korb gegeben haben. Anke Erdmann (47) wäre zwar als ehemalige Grünen-Abgeordnete und Ex-Umweltstaatssekretärin bestens geeignet - nur ist sie mit Kämpfer verheiratet. Auch die Kieler Bundestagsabgeordnete Luise Amtsberg (34) habe abgewunken, heißt es. Ihr sei als flüchtlingspolitischer Sprecherin das Geschäft im Bundestag zu wichtig.
In Kiel will bislang kein Grüner kandidieren
Der Möllner Konstantin von Notz (48) galt noch vor einem Jahr als heißester Tipp für die Nachfolge von Robert Habeck (49) als Umweltminister. Auch er entschied sich für den Verbleib in Berlin. Sollten die Grünen nach der Bundestagswahl wichtige Regierungsposten übernehmen, könnte sich von Notz Hoffnungen machen. Für eine Kandidatur als Ministerpräsident in Kiel stünde der Jurist und Innenpolitiker dann nicht zur Verfügung.
Sollte Habeck antreten, müsste sich Günther warm anziehen
Sollte sich Habeck selbst entschließen, Regierungschef in Kiel werden zu wollen, müsste sich Günther tatsächlich Sorgen machen. Zumal es aus grünen Parteikreisen heißt, dass ihrem beliebtesten Mann ein solches Amt eine Herzensangelegenheit wäre. Vorerst aber gilt der Bundes-Parteichef als potenzieller Kandidat für das Bundeskanzleramt - so sehr er das auch immer von sich weist.
Heinold sagt nicht mehr strikt Nein
Sodass im Kieler Regierungsviertel vieles auf Finanzministerin Monika Heinold (60) zuläuft. Sie gilt unter den Nord-Grünen als das eigentliche Machtzentrum, als Strippenzieherin und Integrationskraft zugleich. Zwischenzeitlich hatte sie signalisiert, nach dieser Legislatur lieber mit ihrem Mann über die Weltmeere zu segeln. Anfang dieser Woche klang das nicht mehr ganz so klar. Sie halte sich die Option auf eine Spitzenkandidatur offen, sagte sie. Ob die stets rational agierende Politikerin auch außerhalb der grünen Kernklientel Chancen hätte?
Albrecht muss als Umweltminister noch zulegen
Umweltminister Jan Philipp Albrecht (36) ist mit seinem jungenhaften Charme noch immer ein Hoffnungsträger. Nach seinem Wechsel aus dem EU-Parlament brauchte er Zeit, um sich im Land einzuarbeiten. Inzwischen hat er Fuß gefasst, leidet aber erkennbar daran, dass politische Impulse allzu oft an der Bundespolitik scheitern. Beim Wolf wie auch quälerischen Tiertransporten ins Ausland war das der Fall, aber auch bei der Initiative für eine CO2-Steuer. Ringelpullis gelten als sein optisches Markenzeichen. Seine Partei erwartet von Albrecht, dass er Ideen fürs Land entwickelt. Davon sei noch zu wenig erkennbar, heißt es.
Auch Fraktionschefin Eka von Kalben (54) werden Ambitionen nachgesagt. Die Verwaltungsfachwirtin aus Pinneberg gilt in der Regierungskoalition als ausgleichender Faktor. Aber hätte sie auch das Zeug, sich als Spitzenkandidatin durchzusetzen?
Parteichefs haben es bei den Grünen nicht leicht
Parteichef Steffen Regis (30) aus Kiel und Co-Chefin Ann-Kathrin Tranziska (44) aus Pinneberg dürften sich 2022 für ein Landtagsmandat bewerben. Ein Selbstläufer ist das bei den basisdemokratischen Grünen nicht. Den ehemaligen Parteichef Arfst Wagner, starker Fürsprecher für ein bedingungsloses Grundeinkommen, servierten sie sang- und klanglos ab. Die vormalige Parteichefin Ruth Kastner war entnervt ausgestiegen, nachdem ihr ein Parteitag keinen aussichtsreichen Listenplatz zur Landtagswahl gegeben hatte. Sie hielt ihrer Partei dennoch die Treue und ist Fraktionschefin in der Stadtvertretung Bargteheide.
Die Erwartungshaltung sei hoch, stellte sie jetzt fest. "Wir müssen den Menschen im Gespräch immer wieder erklären, dass sich die große Zustimmung zur Europawahl von 29,1 Prozent nicht automatisch im Landtag und nicht in den Kommunalvertretungen niederschlägt." Dort seien die Stimmverhältnisse geblieben – im Landtag hatten die Grünen vor zwei Jahren 12,9 Prozent gewonnen, zehn Mandate. Zum Vergleich: Die CDU hat 25 Abgeordnete, die FDP neun. "Wir müssen also Honig saugen aus der öffentlichen Meinung und hoffen, dass die politischen Mitstreiter das anerkennen."
Parteichef Regis sieht die Partei rechtzeitig vorgewarnt. "Es gibt verschiedene Leute, die noch viel vorhaben und potenziell für die Landesliste infrage kämen. Wir werden die Zeit bis zur Landtagswahl nutzen, um Personen aufzubauen und die Partei inhaltlich weiter voranzubringen." Neben der Klimapolitik müsse es um den Ausbau des Bus- und Bahnverkehrs sowie ein weltoffenes Schleswig-Holstein gehen. Integrations-, Migrations- und Innenpolitik sowie Fragen der Bildungsgerechtigkeit dürften nicht aus dem Blick geraten.
Kieler Kreisverband gilt als Kaderschmiede
Wer die Grünen der Zukunft sein könnten? Aus der Fraktion wird immer wieder Aminata Touré (26) aus Neumünster genannt. Auch der Kieler Lasse Petersdotter (29) gilt als Mann mit Biss. Hoffnungsträger sind auch der Kieler Kreisgeschäftsführer Gazi Sikican, Murat Birkandan (Heikendorf), Nicole Derber (Ostholstein) sowie die beiden Sprecher der Grünen Jugend, Finn Petersen (Schleswig-Flensburg) und Hanna Wolf (Kiel). Vor allem der Kieler Kreisverband gilt als Kaderschmiede.