Digitale Reitturniere

Der Turnierplatz im eigenen Stall

Foto: Jule Reimers aus Schülp bei Nortorf reitet auf der braunen Stute Grace Ly eine Dressur-Prüfung. Ihre Mutter Andrea Reimers filmt sie, damit die Prüfung anschließend auf der Online-Plattform Equi-League hochgeladen werden kann.

Jule Reimers aus Schülp bei Nortorf reitet auf der braunen Stute Grace Ly eine Dressur-Prüfung. Ihre Mutter Andrea Reimers filmt sie, damit die Prüfung anschließend auf der Online-Plattform Equi-League hochgeladen werden kann.

Wasbek. Die Online-Turnierform verlangt strenge Regeln, damit niemand schummeln kann. Der erste Testlauf der "Equi-League" ist geglückt.

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Grace Ly ist schick zurecht gemacht, die Mähne eingeflochten, das Sattelzeug geputzt. Unter dem Sattel der braunen Stute liegt die weiße Turnierschabracke. Auch ihre Besitzerin Jule Reimers hat ihr Turnieroutfit an, weiße Reithose und schwarzes Jackett. An Reitturniere war in den letzten Wochen nicht zu denken, erst seit Montag sind Sportveranstaltungen mit Sondergenehmigungen wieder gestattet.

Trotzdem konnten Reimers und Grace Ly bei einem Reitturnier teilnehmen. Dafür sind sie auf keinen der Turnierplätze Schleswig-Holsteins gefahren, sondern vom heimischen Stall in Wasbek zur Reithalle ihres Reitvereins nach Schülp bei Nortorf. Gestartet wurde bei einem Onlineturnier: Jule Reimers Mutter filmte die Ritte und lud sie auf der Website Equi-League hoch.

Online-Plattform macht's möglich
Anfang April 2020 hatten Mario Cron (Equi-Score) und Volker Wulff (En Garde Marketing) mit Equi-League eine Plattform für Onlinereitturniere gegründet. Sie wollen Dressur- und Springreitern die Möglichkeit geben, unter turnierähnlichen Wettkampfbedingungen gegeneinander anzutreten.

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Die Idee wurde nicht nur positiv aufgenommen. So gab es einige Beschwerden, dass auf einem regulären Turnier immer auch das Geschehen auf dem Abreiteplatz beobachtet werde. Außerdem könnten Reiter ihre Aufgaben so oft reiten und filmen, bis sie mit dem Ritt zufrieden seien. Die FEI, der Weltpferdesportverband, meldete sogleich, dass keine FEI-Dressurrichter die Bewertung bei Onlineturnieren vornehmen dürften.

Abreiten, Prüfung, Ausrüstung: Alles muss gefilmt werden
Am Sonnabend war nun der erste öffentliche Test. Ausgeschrieben waren Dressur- und Springprüfungen der Klassen E bis M. Das Nennen kostete fünf Euro pro Prüfung, zwei Euro wurden an den Verein "Pferde für unsere Kinder" gespendet.

Die Teilnehmer hatten feste Startzeiten. Gefilmt werden musste nicht nur die Prüfung an sich, sondern bereits das Abreiten vorher und im Anschluss die verwendete Ausrüstung. Damit unterscheidet sich Equi-League wesentlich von anderen Onlineturnieranbietern wie „Equimind“ oder „Deutsche Online Reitturniere“.

Kontrolle über Codewörter
Kurz vor Beginn der Abreitezeit bekommt Reimers ein Codewort zugeschickt. Andrea Reimers, die für diesen Turniertag nicht bloß als Turnierbegleitung dabei ist, tippt auf den Aufnahmeknopf des Handys, sagt das Wort und filmt. 15 Minuten hat Jule Reimers nun Zeit. Dann bekommt sie einen weiten Code zugesendet. Die Videoaufnahme geht los und die Prüfung beginnt, eine A-Dressur.

Es läuft gut, auch wenn währenddessen zwei Reiterinnen mit ihren Pferden die Reithalle betreten wollen. „Ich reite gerade eine Turnierprüfung, bin aber gleich fertig“, bittet Reimers um Geduld. Nach der Prüfung geht es sofort runter vom Pferd, um das Equipment zu filmen. Dann wird umgetrenst: Als nächstes reiten die beiden eine L-Dressur auf Kandare. Nach beiden Ritten hat die 23-Jährige jeweils eine Stunde Zeit, um das Prüfungsvideo hochzuladen. Für die Videos vom Abreiten sind es vier Stunden. Die Ergebnisse sollten eine Stunde nach Prüfungsende einsehbar sein.

Reimers: "Fühlt sich nach Turnier an"
"Das fühlte sich schon richtig nach Turnier an, denn man hatte ja nur diesen einen Versuch, der gefilmt wurde", resümiert die Reiterin im Anschluss. "Das war für den Kopf wesentlich anstrengender als ich dachte. Außerdem ist es eine Überprüfung für einen selbst. Aber es war erst schon etwas komisch, als einzige eine weiße Reithose anzuhaben."

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Zufrieden sind auch die Veranstalter. „Das war aufregend und es war ein voller Erfolg“, so das Fazit Crons. Volker Wulff, der eigentlich in dieser Woche das 100. Deutsche Spring- und Dressurderby in Hamburg veranstaltet hätte, erklärt: „Wir hatten einen reibungslosen Ablauf und haben viel positive Resonanz bekommen. Gerade die Dressurprüfungen waren sehr gefragt und jetzt möchten wir natürlich auch in unserer Planung weitergehen, konzipieren schon die nächsten Turniere und auch Serien.“

Viel Aufwand für Springprüfungen
Beim Testlauf hatten knapp 90 Paare aus ganz Deutschland genannt und 45 Gigabyte Videomaterial hochgeladen. In den Springprüfungen waren wenig Teilnehmer am Start. Jule Reimers gibt zu Bedenken: "Für die Springprüfungen benötigt man viel Material, um den vorgegebenen Parcours aufzubauen. Geritten wird dann einmal. Das finde ich schon sehr aufwendig."

Erst einen Tag später wurden die Ergebnisse hochgeladen, am Montag folgten schriftliche Beurteilungen: Sieg in der A-Dressur mit einer 8,6, Platz acht in der L-Dressur mit einer 6,6. „Bis darauf, dass es etwas länger gedauert hat, als sie gesagt haben, bin ich von dem Turnier absolut begeistert“, so Reimers Fazit.

KN

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