Neue 5G-Infrastruktur

Wie der Kampf um die schnellen Mobilfunknetze eskaliert

Die drei Netzbetreiber Vodafone, O2-Telefónica und Deutsche Telekom haben viel Geld in die 5G-Infrastruktur investiert.

Die drei Netzbetreiber Vodafone, O2-Telefónica und Deutsche Telekom haben viel Geld in die 5G-Infrastruktur investiert.

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Frankfurt am Main. Der Zoff im Mobilfunk geht weiter. Jetzt fordern der Breitband­verband Breko und der Discount­anbieter 1&1, dass die drei Netzbetreiber (Vodafone, O2-Telefónica, Deutsche Telekom) ihre nagelneue 5G-Infrastruktur zu günstigen Konditionen zur Verfügung stellen. Das Trio der Etablierten will davon wenig wissen.

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Breko und 1&1 haben eine Analyse der Konkurrenz­situation erstellen lassen. Das Ergebnis: „Die Studie verdeutlicht, dass im Mobilfunkmarkt dringender regulatorischer Handlungs­bedarf besteht, um den Wettbewerb zu stärken“, sagte Norbert Westfal, Breko-Präsident und Chef des Glasfaser­netz­betreibers EWE-Tel. Die Abschottungs­praxis schadet nicht nur dem Angebot und der Qualität im Mobilfunk, sondern habe auch negative Auswirkungen für Unternehmen, die in Deutschland Glasfasernetze ausbauen. Dies gehe auch zulasten der Verbraucher, „die vielerorts mit der in die Jahre gekommenen 4G-Technologie versorgt werden müssen“.

Im Zuge der Studie wurden 132 Breko-Firmen befragt, die Glasfasernetze betreiben – in dem Verband haben sich vor allem Stadtnetz­betreiber, also Töchter von Stadtwerken, organisiert. 90 Prozent sprechen sich für eine sogenannte Dienste­anbieter­verpflichtung aus, „die den marktgerechten Zugang zu Vorleistungen der etablierten Netzbetreiber absichert“. Denn derzeit sei es auch nicht möglich, „wettbewerbsfähige Bündel­produkte“ anzubieten. Gemeint sind damit Kombinationen mit Festnetz und Mobilfunk, die das Trio der Etablierten im großen Stil vermarktet.

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Feilschen um den Netzzugang

Es geht um die 5G-Technologie, die sich zusehends bei der Handynutzung durchsetzt und Übertragungs­geschwindigkeiten von 1000 und mehr Megabit pro Sekunde ermöglicht. Sie ist damit erheblich leistungs­fähiger als die Vorgänger­technik LTE und kann sogar mit der Glasfaser einigermaßen mithalten, TV-Live­übertragungen auch in Ultra-HD sind kein Problem.

Bei der Versteigerung der Frequenzen für den neuen Standard im Jahr 2019 wurde lediglich festgelegt, dass die Netzbetreiber mit Interessenten für 5G-Kapazitäten verhandeln müssen – mehr aber nicht. Unter anderem der Mobilfunk­dienstleister Freenet soll bereits Gespräche geführt haben. Die Anfragen haben aber nach Informationen des Redaktions­Netzwerks Deutschland (RND) bislang zu keinem Ergebnis geführt. Die Angebote der Netzbetreiber seien als zu teuer bewertet worden. In Netzbetreiber­kreisen heißt es, Freenet habe Dumping­konditionen gefordert.

Bei früheren Auktionen, als es um Frequenzen für die 5G-Vorläufer ging, galten erheblich strengere Pflichten: Das Trio war dazu verdonnert worden, Firmen ohne eigenes Netz – wie Freenet – Kapazitäten diskriminierungs­frei zu den Konditionen anzubieten, die auch für die eigenen Vertriebs­organisationen gelten. Davon haben insbesondere Freenet und 1&1 in der Vergangenheit profitiert. Genau für solche Regelungen macht sich nun der Breko stark.

Pikant ist, dass auch 1&1 nun in einem Boot mit dem Breko sitzt. Denn das Unternehmen aus Montabaur hat selbst 5G-Frequenzen im Jahr 2019 ersteigert, es bislang aber nicht geschafft, ein funktions­fähiges 5G-Netz aufzubauen. Wegen massiver Verstöße gegen die Auflagen der Auktion droht jetzt sogar ein Bußgeld in Höhe von fast 50 Millionen Euro.

1&1-Chef Ralph Dommermuth hat von der Bundes­netzagentur indes ein sogenanntes National Roaming gefordert, womit er den 5G-Zugang zu allen drei Netzen der Konkurrenten bekäme. Die Telekom hat diesen Vorstoß bereits als „absurd“ bezeichnet. Die Breko/1&1-Studie wirbt hingegen für das National Roaming: Nur so könne ein Neueinsteiger in der Aufbauphase des eigenen Netzes wettbewerbs­fähige Mobilfunk­produkte anbieten.

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Der eine baut, und der andere hat den Spaß? Das ist kein faires Modell. Die Balance muss stimmen.

Telekom-Sprecherin

Ein O2-Telefónica-Sprecher sagte auf RND-Anfrage hingegen: „Der Endkunden­markt zeichnet sich durch einen intensiven Wettbewerb aus.“ Ein Beleg dafür sei, dass Mobilfunk­produkte laut Verbraucher­preis­index des Statistischen Bundesamtes seit der Fusion von O2 und E-Plus im zweistelligen Prozentbereich gesunken seien, während nahezu alle anderen Verbraucher­preise im selben Zeitraum massiv gestiegen seien. Das Verhandlungs­gebot trage Früchte. „Verhandlungen werden dabei immer von zwei Seiten geführt, und Ergebnisse hängen vom Entgegen­kommen beider Verhandlungs­partner ab“, so der Sprecher.

Eine Telekom-Sprecherin wird noch deutlicher. Sie sagte dem RND: Der eine baut, und der andere hat den Spaß? Das ist kein faires Modell. Die Balance muss stimmen. Deutschland verfügt über einen ausgeprägten Mobilfunk­markt an Drittanbietern, auch auf dem Netz der Telekom. Es gibt also keinen Grund, diesen Markt noch stärker zu regulieren als bisher. Im Gegenteil, denn das würde die notwendigen Investitionen in den Netzausbau weiter erschweren, von dem die Kundinnen und Kunden aller Anbieter profitieren.“

Die Forderung nach einem 5G-Abgabezwang zu festgeschriebenen Ramschpreisen würde den Netzausbau in Deutschland ausbremsen.

Vodafone-Sprecher

Ähnlich argumentiert Vodafone: „Die Forderung nach einem 5G-Abgabezwang zu festgeschriebenen Ramschpreisen würde den Netzausbau in Deutschland ausbremsen. Das Ergebnis wäre eine Umverteilung der Gelder weg von jenen, die sie dringend für den Aufbau neuer Funkmasten und zum Schließen von Funklöchern benötigen, hin zu denen, die ihre eigenen Gewinne ohne großen Aufwand weiter maximieren wollen“, so ein Sprecher gegenüber dem RND.

Dass der Breko/1&1-Vorstoß gerade jetzt kommt, hat nach Einschätzung von Insidern damit zu tun, dass der mächtige Beirat der Bundes­netzagentur, der mit Politikern besetzt ist, am 19. Juni tagt. Dabei soll es unter anderem um die Konditionen für die Neuvergabe von Mobilfunk­frequenzen gehen, die Ende 2025 auslaufen. Das wäre dann eine ideale Gelegenheit, wieder strengere Regeln für Netzbetreiber festzuzurren. Auf der Tagesordnung soll auch der Fall 1&1 stehen.

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