6770 Boeing-Mitarbeiter verlieren ihren Job

Die Aufnahme zeigt ein Flugzeug vom Typ Boeing 737 MAX 8 in der Boeing 737-Montagehalle.

Die Aufnahme zeigt ein Flugzeug vom Typ Boeing 737 MAX 8 in der Boeing 737-Montagehalle.

Die Ankündigung von Massenentlassungen wird mit Worten des Bedauerns begleitet. „Ich wünsche, es gäbe andere Wege“, schreibt Boeing-Chef Dave Calhoun in einer Mitteilung an die Belegschaft. Am morgigen Freitag wird 6770 Beschäftigen ihr Kündigungsschreiben zugestellt. Die Flugzeugbauer sind durch Corona in die schwerste Krise seit Jahrzehnten gestürzt. Die Folgen werden erst langsam sichtbar. Das gilt auch für den Rivalen Airbus.

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Calhoun schreibt: Die verheerenden Auswirkungen von Covid-19 auf die Airline-Branche bedeuteten tiefe Einschnitte bei der Zahl der Jets und bei den Dienstleistungen, die Boeing-Kunden in den nächsten Jahren benötigten. Dies habe weniger Jobs in der Fertigung und in der Verwaltung des Unternehmens zur Folge. Boeing hat bereits für rund 5500 Beschäftigte freiwillige Regelungen fürs Ausscheiden aus dem Unternehmen ausgehandelt. Gleichwohl sind weitere Entlassungswellen geplant. Der US-Flugzeugbauer will insgesamt um rund 16.000 Arbeitsplätze streichen, was rund zehn Prozent der Gesamtbelegschaft entspricht. Zahlen über stornierte Bestellungen und neue Orders von kommerziellen Fliegern nannte Calhoun nicht. Das soll demnächst nachgeholt werden.

Die Fertigung des 737 Max wird wieder hochgefahren - langsam

Gleichzeitig hat das Management die Meldung lanciert, dass nach vier Monaten Shutdown die Fertigung des 737 Max wieder angefahren wird. Allerdings handelt es sich dabei eher um eine Art Warm-up. Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern teilte mit, es werde „auf niedrigem Niveau“ montiert und es gehe vor allem darum, Arbeitssicherheit und Produktqualität im Hauptwerk nahe Seattle zu verbessern. Nach zwei Abstürzen wegen technischer Mängel darf das Flugzeug seit März 2019 nicht mehr fliegen. Es ist wohl kein Zufall, dass beide Meldungen zeitgleich kommen. Die 737-Meldung soll Investoren und Kunden beruhigen, ist der Mittelstreckenjet doch das Brot-und-Butter-Geschäft des Konzerns. Und die Max-Version spielt als besonders sparsamer Flieger die Rolle Hoffnungsträgers für die Zeit nach Corona. Wann diese Phase anbricht, ist allerdings unklar.

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Airlines waren bislang beim Stoppen von Bestellungen eher zögerlich. Airbus etwa musste im April keine einzige Stornierung hinnehmen. Von Anfang Januar bis Ende April hat der europäische Flugzeugbauer insgesamt immerhin noch 299 Orders eingesammelt, 136 nagelneue Maschinen wurden noch ausgeliefert.

Easyjet reduziert die Belegschaft um ein Drittel

Dabei ist aber zu bedenken, dass erst jetzt die Umbau- und Verkleinerungspläne der Airlines spruchreif werden. So teilte der Billigflieger Easyjet am Donnerstag mit, dass nicht nur die Belegschaft um fast ein Drittel reduziert wird. Die Flotte soll bis Ende September 2021 um 35 Maschinen auf rund 300 schrumpfen. Die Briten fliegen ausschließlich mit Jets der A320-Familie von Airbus. Mit dem Flugzeugbauer sei nun vereinbart worden, schon bestellte Maschinen später als geplant abzunehmen. Konkrete Zahlen wurden nicht genannt. Weitere Airbus-Kunden werden beim Ummodeln von Orders mit großer Wahrscheinlichkeit folgen. So hat Lufthansa-Chef Carsten Spohr mehrfach angekündigt, dass insgesamt etwa 100 Flieger in seiner Gruppe zur Disposition stehen. Darunter dürften viele Airbusse sein.

Das Management des Luftfahrtkonzerns hat jedenfalls die Produktion bereits heruntergefahren. Statt bislang 60 werden nun pro Monat nur noch 40 Exemplare der 320er-Familie die Werkshallen verlassen. Beim neuen Flaggschiff, dem Langstreckenjet A350, ist die Fertigung von monatlich neun bis zehn auf sechs reduziert. Von der A330 sollen im gesamten Jahr noch 40 Maschinen hergestellt werden. Entsprechend ist eine große Zahl der Beschäftigten in Kurzarbeit. Von Entlassungen war bislang ausdrücklich nicht die Rede. Vorstandschef Guillaume Faury hat aber die Belegschaft aber bereits auf mögliche „weiterreichende Maßnahmen“ vorbereitet.

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Ryanair sorgt für Hoffnungsschimmer

Ob sie umgesetzt werden, hängt davon ab, wie schnell für Touristen und Geschäftsleute wieder massenweise mit dem Flugzeug reisen. Verzögert sich das Hochfahren, werden gigantische Überkapazitäten an kommerziellen Jets entstehen. Selbst wenn eine Airline dann zusätzliche Maschinen brauchen sollte, werden sich Manager wohl erst einmal auf dem Markt für Gebrauchte umschauen. Denn das aktuelle Stutzen der Flotten hat zur Folge, dass demnächst auch zahlreiche moderne Spar-Flieger mit wenig Kilometerleistung im Angebot sind.

Indes gibt es Hoffnungsschimmer für die Flugzeugbauer. Ryanair-Chef Michael O’Leary setzt für den Neustart massiv auf die Max-Modelle von Boeing, wegen ihrer Sparsamkeit. Er ließ gerade wissen, dass er darauf hofft, die ersten Exemplare zum Weihnachtsgeschäft einsetzen zu können – das setzt allerdings voraus, dass die Aufsichtsbehörden weltweit die Maschine spätestens im Frühherbst wieder zum Fliegen freigeben.

Zudem könnten staatliche Interventionen ins Spiel kommen. So machten am Donnerstag Spekulationen die Runde, die Bundesregierung bestehe darauf, dass die Lufthansa trotz Flotten-Verkleinerung als Gegenleistung für ein staatliches Milliarden-Hilfspaket Airbus doch noch 80 bestellte Flieger in naher Zukunft abkauft. Derweil erwähnt Boeing-Chef Calhoun in seinem Mitarbeiterbrief, einige Airlines würden wieder mehr Neu-Buchungen als Stornierungen von Tickets registrieren – erstmals seit Ausbruch der Pandemie.

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